ptj_2014-3
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Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />
Hamburg<br />
nennen. Sollte ein Beschwerdeführer zu<br />
einer schriftlichen Darstellung nicht in der<br />
Lage sein, kann er seine Beschwerde auch<br />
mündlich vortragen. Anonyme Beschwerden<br />
und Beschwerden, die von Nicht-Betroffenen<br />
eingereicht werden, können<br />
i. d. R. nicht bearbeitet werden. Und – da<br />
wir schon öfter gefragt wurden – Beschwerden<br />
von Psychotherapeuten über<br />
ihre Patienten gehören nicht in unser Ressort,<br />
sondern wohl in die (kollegiale) Supervision.<br />
Das weitere Procedere in Kürze: Nach Vergabe<br />
eines Aktenzeichens wird das Beschwerdeschreiben<br />
dem Beschwerdegegner<br />
in Kopie mit der Bitte um fristgerechte<br />
Stellungnahme zugestellt. Die Schweigepflicht<br />
ist automatisch durch die Beschwerde<br />
aufgehoben, denn ansonsten könnte<br />
die Beschwerde ja nicht bearbeitet werden.<br />
Nach Eingang der Stellungnahme (und<br />
eventuell weiterer Nachweise) erfolgt die<br />
berufsrechtliche Prüfung anhand der vorliegenden<br />
Unterlagen. Danach erhält der Beschwerdegegner<br />
einen Bescheid über das<br />
Ergebnis der Prüfung; der Beschwerdeführer<br />
wird ebenfalls darüber in Kenntnis gesetzt<br />
und wird zudem über die Möglichkeit<br />
eines Schlichtungsverfahrens informiert.<br />
Erkennen Sie eine Zunahme an<br />
bestimmten Themen?<br />
Insgesamt sind die Themen in den vergangenen<br />
Jahren in etwa gleich geblieben.<br />
Etwa 75% der Beschwerden beziehen<br />
sich auf die Themen Ausfallhonorar, Leistungsabrechnungen<br />
(zumeist bei Privatliquidation),<br />
Schweigepflicht, Einsichtnahme<br />
in Patientendokumentation/-akte. Die<br />
restlichen 25% betreffen Verhalten oder<br />
Äußerungen von Psychotherapeuten gegenüber<br />
Patienten – häufig geht es dabei<br />
um eine als verletzend erlebte Bemerkung<br />
oder Deutung. Aber auch unhöfliches oder<br />
nachlässiges Verhalten von Psychotherapeuten<br />
im (vor-) therapeutischen Kontakt<br />
und bei der Terminvergabe wird bemängelt.<br />
Beim Thema Ausfallhonorar haben<br />
wir eine leicht nachlassende Tendenz; bei<br />
den Themen Einsichtnahme/Dokumentation<br />
und Aufklärungspflicht erwarten wir –<br />
bedingt durch das Patientenrechtegesetz<br />
– eine Zunahme. Auch das Thema Datenschutz<br />
wird uns vermutlich angesichts vermehrter<br />
elektronischer Kommunikationsformen<br />
häufiger beschäftigen. Zum Glück<br />
nur sehr selten müssen wir Verstöße gegen<br />
das Abstinenzgebot verzeichnen.<br />
Worauf müssen Sie bei der Bearbeitung<br />
einer Beschwerde achten?<br />
Ein formal korrektes Vorgehen und bestimmte<br />
Abläufe müssen eingehalten werden,<br />
da u. a. im Fall eines Berufsrechtsverstoßes<br />
ein justiziabler Bescheid erstellt wird.<br />
Alle Vorgänge müssen daher nach einem<br />
bestimmten Muster dokumentiert, alle Kontakte,<br />
Begründungen, Empfehlungen, Entscheidungen<br />
protokolliert werden. Die Arbeit<br />
der Beschwerdekommission bewegt<br />
sich nahe am juristischen Denken auf<br />
Grundlage von Verwaltungs- und Disziplinarrecht<br />
unter gleichzeitiger Einbeziehung<br />
psychotherapeutischer Haltungen und Grundsätze.<br />
Dabei ist ein sachlich gehaltener und<br />
höflicher Umgangs- und Schreibstil im Kontakt<br />
mit den Beschwerdeparteien unabdingbar,<br />
auch wenn dies gelegentlich als<br />
„zu offiziell“ empfunden wird. Oberstes Gebot<br />
ist das der absoluten Verschwiegenheit,<br />
zu der alle Mitglieder der Kommission und<br />
die Mitarbeiter der Geschäftsstelle verpflichtet<br />
sind. Die Kammer muss die aktenkundigen<br />
Beschwerdevorgänge als Teil der Mitgliederakte<br />
für 25 Jahre verwahren.<br />
Trotz aller formalen Auflagen ist es uns jedoch<br />
ein Anliegen, dass das Beschwerdemanagement<br />
nicht überbürokratisiert wird.<br />
Neben der Wahrung der Patientenrechte<br />
muss der Umgang mit Beschwerden auch<br />
im Sinne der Fürsorge für die Kammermitglieder<br />
gestaltet sein.<br />
Was passiert, wenn sich ein Anliegen<br />
als berufsrechtlich nicht relevant<br />
erweist, aber dennoch menschlich<br />
nachvollziehbar ist?<br />
Jeder kann sein Anliegen grundsätzlich als<br />
Beschwerde formulieren und einreichen<br />
(daran können wir niemanden hindern).<br />
Wenn aber eine solche Beschwerde hinsichtlich<br />
möglicher berufsrechtlicher Verstöße<br />
bereits auf den ersten Blick oder<br />
nach Prüfung substanzlos ist, jedoch z. B.<br />
eine im Rahmen der therapeutischen Beziehung<br />
erlebte Kränkung oder zwischenmenschliche<br />
Missverständnisse aufweist,<br />
wird man dem Beschwerdeführer in jedem<br />
Fall ein Schlichtungsverfahren anbieten,<br />
das allerdings nur stattfinden kann,<br />
wenn beide Parteien dem zustimmen.<br />
Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß und<br />
warum?<br />
Spaß erscheint mir in diesem Zusammenhang<br />
zu oberflächlich. Nein, diese Arbeit ist<br />
eine sehr intensive, herausfordernde und<br />
interessante Tätigkeit, die den Kommissionsmitgliedern<br />
einen hohen Arbeitseinsatz<br />
abfordert und uns dazu zwingt, auch über<br />
unseren rein psychotherapeutischen Tellerrand<br />
zu blicken. Alle Kommissionsmitglieder<br />
sind langjährig dabei und haben<br />
sich im Laufe der Zeit in die speziellen berufsrechtlichen<br />
Themen und die notwendige<br />
juristische Sichtweise und Gesetzeslage<br />
eingearbeitet und viel ihrer freien Zeit unentgeltlich<br />
dafür aufgebracht. Sowas tut<br />
man nur, wenn man dies als eine Bereicherung<br />
in seinem Alltag erlebt.<br />
Was wünschen Sie sich für die<br />
zukünftige Arbeit des Ausschusses?<br />
Ich wünsche mir, dass unser in einem langen<br />
konsensuellen Prozess erarbeitetes<br />
und mittlerweile über etliche Jahre erprobtes<br />
Konzept des Beschwerdemanagements<br />
erhalten bleibt. Ich wünsche mir<br />
sehr, dass die vom Gesetzgeber festgelegte<br />
Berufsaufsicht durch die Kammer niemals<br />
zu einer Art „Inquisition“ verkommen<br />
wird und dass auch zukünftige Mitglieder<br />
der Beschwerdekommission sich weiterhin<br />
zu einem sachlichen, fairen und diplomatischen<br />
Denken und Handeln zum Wohle<br />
von Psychotherapeuten und Patienten verpflichtet<br />
fühlen. Und: Ich möchte dieses<br />
Interview zum Anlass nehmen, mich bei<br />
den Mitgliedern der Beschwerdekommission<br />
herzlich für ihr langjähriges und verlässliches<br />
Engagement zu bedanken.<br />
Geschäftsstelle<br />
Hallerstraße 61<br />
<strong>2014</strong>6 Hamburg<br />
Tel. 040/226 226 060<br />
Fax 040/226 226 089<br />
Internet: www.ptk-hh.de<br />
E-Mail: info@ptk-hamburg.de<br />
*) Zugunsten der besseren Lesbarkeit wurde in<br />
den mit *) gekennzeichneten Artikeln darauf<br />
verzichtet, die männliche und die weibliche<br />
Schriftform anzuführen, obwohl die Aussagen<br />
selbstverständlich für beide Geschlechter<br />
gelten.<br />
324 Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong>