11.11.2014 Aufrufe

ptj_2014-3

ptj_2014-3

ptj_2014-3

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />

Hamburg<br />

nennen. Sollte ein Beschwerdeführer zu<br />

einer schriftlichen Darstellung nicht in der<br />

Lage sein, kann er seine Beschwerde auch<br />

mündlich vortragen. Anonyme Beschwerden<br />

und Beschwerden, die von Nicht-Betroffenen<br />

eingereicht werden, können<br />

i. d. R. nicht bearbeitet werden. Und – da<br />

wir schon öfter gefragt wurden – Beschwerden<br />

von Psychotherapeuten über<br />

ihre Patienten gehören nicht in unser Ressort,<br />

sondern wohl in die (kollegiale) Supervision.<br />

Das weitere Procedere in Kürze: Nach Vergabe<br />

eines Aktenzeichens wird das Beschwerdeschreiben<br />

dem Beschwerdegegner<br />

in Kopie mit der Bitte um fristgerechte<br />

Stellungnahme zugestellt. Die Schweigepflicht<br />

ist automatisch durch die Beschwerde<br />

aufgehoben, denn ansonsten könnte<br />

die Beschwerde ja nicht bearbeitet werden.<br />

Nach Eingang der Stellungnahme (und<br />

eventuell weiterer Nachweise) erfolgt die<br />

berufsrechtliche Prüfung anhand der vorliegenden<br />

Unterlagen. Danach erhält der Beschwerdegegner<br />

einen Bescheid über das<br />

Ergebnis der Prüfung; der Beschwerdeführer<br />

wird ebenfalls darüber in Kenntnis gesetzt<br />

und wird zudem über die Möglichkeit<br />

eines Schlichtungsverfahrens informiert.<br />

Erkennen Sie eine Zunahme an<br />

bestimmten Themen?<br />

Insgesamt sind die Themen in den vergangenen<br />

Jahren in etwa gleich geblieben.<br />

Etwa 75% der Beschwerden beziehen<br />

sich auf die Themen Ausfallhonorar, Leistungsabrechnungen<br />

(zumeist bei Privatliquidation),<br />

Schweigepflicht, Einsichtnahme<br />

in Patientendokumentation/-akte. Die<br />

restlichen 25% betreffen Verhalten oder<br />

Äußerungen von Psychotherapeuten gegenüber<br />

Patienten – häufig geht es dabei<br />

um eine als verletzend erlebte Bemerkung<br />

oder Deutung. Aber auch unhöfliches oder<br />

nachlässiges Verhalten von Psychotherapeuten<br />

im (vor-) therapeutischen Kontakt<br />

und bei der Terminvergabe wird bemängelt.<br />

Beim Thema Ausfallhonorar haben<br />

wir eine leicht nachlassende Tendenz; bei<br />

den Themen Einsichtnahme/Dokumentation<br />

und Aufklärungspflicht erwarten wir –<br />

bedingt durch das Patientenrechtegesetz<br />

– eine Zunahme. Auch das Thema Datenschutz<br />

wird uns vermutlich angesichts vermehrter<br />

elektronischer Kommunikationsformen<br />

häufiger beschäftigen. Zum Glück<br />

nur sehr selten müssen wir Verstöße gegen<br />

das Abstinenzgebot verzeichnen.<br />

Worauf müssen Sie bei der Bearbeitung<br />

einer Beschwerde achten?<br />

Ein formal korrektes Vorgehen und bestimmte<br />

Abläufe müssen eingehalten werden,<br />

da u. a. im Fall eines Berufsrechtsverstoßes<br />

ein justiziabler Bescheid erstellt wird.<br />

Alle Vorgänge müssen daher nach einem<br />

bestimmten Muster dokumentiert, alle Kontakte,<br />

Begründungen, Empfehlungen, Entscheidungen<br />

protokolliert werden. Die Arbeit<br />

der Beschwerdekommission bewegt<br />

sich nahe am juristischen Denken auf<br />

Grundlage von Verwaltungs- und Disziplinarrecht<br />

unter gleichzeitiger Einbeziehung<br />

psychotherapeutischer Haltungen und Grundsätze.<br />

Dabei ist ein sachlich gehaltener und<br />

höflicher Umgangs- und Schreibstil im Kontakt<br />

mit den Beschwerdeparteien unabdingbar,<br />

auch wenn dies gelegentlich als<br />

„zu offiziell“ empfunden wird. Oberstes Gebot<br />

ist das der absoluten Verschwiegenheit,<br />

zu der alle Mitglieder der Kommission und<br />

die Mitarbeiter der Geschäftsstelle verpflichtet<br />

sind. Die Kammer muss die aktenkundigen<br />

Beschwerdevorgänge als Teil der Mitgliederakte<br />

für 25 Jahre verwahren.<br />

Trotz aller formalen Auflagen ist es uns jedoch<br />

ein Anliegen, dass das Beschwerdemanagement<br />

nicht überbürokratisiert wird.<br />

Neben der Wahrung der Patientenrechte<br />

muss der Umgang mit Beschwerden auch<br />

im Sinne der Fürsorge für die Kammermitglieder<br />

gestaltet sein.<br />

Was passiert, wenn sich ein Anliegen<br />

als berufsrechtlich nicht relevant<br />

erweist, aber dennoch menschlich<br />

nachvollziehbar ist?<br />

Jeder kann sein Anliegen grundsätzlich als<br />

Beschwerde formulieren und einreichen<br />

(daran können wir niemanden hindern).<br />

Wenn aber eine solche Beschwerde hinsichtlich<br />

möglicher berufsrechtlicher Verstöße<br />

bereits auf den ersten Blick oder<br />

nach Prüfung substanzlos ist, jedoch z. B.<br />

eine im Rahmen der therapeutischen Beziehung<br />

erlebte Kränkung oder zwischenmenschliche<br />

Missverständnisse aufweist,<br />

wird man dem Beschwerdeführer in jedem<br />

Fall ein Schlichtungsverfahren anbieten,<br />

das allerdings nur stattfinden kann,<br />

wenn beide Parteien dem zustimmen.<br />

Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß und<br />

warum?<br />

Spaß erscheint mir in diesem Zusammenhang<br />

zu oberflächlich. Nein, diese Arbeit ist<br />

eine sehr intensive, herausfordernde und<br />

interessante Tätigkeit, die den Kommissionsmitgliedern<br />

einen hohen Arbeitseinsatz<br />

abfordert und uns dazu zwingt, auch über<br />

unseren rein psychotherapeutischen Tellerrand<br />

zu blicken. Alle Kommissionsmitglieder<br />

sind langjährig dabei und haben<br />

sich im Laufe der Zeit in die speziellen berufsrechtlichen<br />

Themen und die notwendige<br />

juristische Sichtweise und Gesetzeslage<br />

eingearbeitet und viel ihrer freien Zeit unentgeltlich<br />

dafür aufgebracht. Sowas tut<br />

man nur, wenn man dies als eine Bereicherung<br />

in seinem Alltag erlebt.<br />

Was wünschen Sie sich für die<br />

zukünftige Arbeit des Ausschusses?<br />

Ich wünsche mir, dass unser in einem langen<br />

konsensuellen Prozess erarbeitetes<br />

und mittlerweile über etliche Jahre erprobtes<br />

Konzept des Beschwerdemanagements<br />

erhalten bleibt. Ich wünsche mir<br />

sehr, dass die vom Gesetzgeber festgelegte<br />

Berufsaufsicht durch die Kammer niemals<br />

zu einer Art „Inquisition“ verkommen<br />

wird und dass auch zukünftige Mitglieder<br />

der Beschwerdekommission sich weiterhin<br />

zu einem sachlichen, fairen und diplomatischen<br />

Denken und Handeln zum Wohle<br />

von Psychotherapeuten und Patienten verpflichtet<br />

fühlen. Und: Ich möchte dieses<br />

Interview zum Anlass nehmen, mich bei<br />

den Mitgliedern der Beschwerdekommission<br />

herzlich für ihr langjähriges und verlässliches<br />

Engagement zu bedanken.<br />

Geschäftsstelle<br />

Hallerstraße 61<br />

<strong>2014</strong>6 Hamburg<br />

Tel. 040/226 226 060<br />

Fax 040/226 226 089<br />

Internet: www.ptk-hh.de<br />

E-Mail: info@ptk-hamburg.de<br />

*) Zugunsten der besseren Lesbarkeit wurde in<br />

den mit *) gekennzeichneten Artikeln darauf<br />

verzichtet, die männliche und die weibliche<br />

Schriftform anzuführen, obwohl die Aussagen<br />

selbstverständlich für beide Geschlechter<br />

gelten.<br />

324 Psychotherapeutenjournal 3/<strong>2014</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!