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IMMOBILIEN<br />

RATGEBER<br />

ZUR AUFKLÄRUNGSPFLICHT DES<br />

IMMOBILIENMAKLERS<br />

Immobilienmakler sind Sachverständige, die von Kaufinteressenten beigezogen werden, wenn Ihnen<br />

das eigene Fachwissen zum Abschluss eines immobilienbezogenen Geschäftes fehlt.<br />

Text Erich René Karauscheck Foto Shutterstock<br />

AUFKLÄRUNG. Es darf von den Immobilienmaklern im Sinne<br />

der Rechtsprechung erwartet werden, dass sie über die einschlägigen,<br />

mit dem beabsichtigten Geschäft verbundenen Probleme<br />

Bescheid wissen und richtige Auskünfte erteilen. So hat<br />

der Immobilienmakler den Auftraggeber jedenfalls über sämtliche<br />

Umstände zu unterrichten, die für die Beurteilung des zu<br />

vermittelnden Geschäftes wesentlich sind. Dazu gehört naheliegenderweise<br />

die Aufklärung (zumindest) des Verbrauchers<br />

darüber, ob der Nutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken<br />

rechtliche, möglicherweise gar nicht behebbare Hindernisse<br />

entgegenstehen. Die Aufklärung, ob die baubehördliche Bewilligung<br />

des Gebäudes oder der Wohnung vorliegt, ist bzw. sollte<br />

ein vorausgesetzter Mindeststandard einer vom Immobilienmakler<br />

zu erbringenden Sorgfalt und Aufklärung sein. In der<br />

Praxis ist dies nicht immer der Fall. In der Entscheidung des<br />

Obersten Gerichtshofes zu 4 Ob 8/02h war beispielsweise zu beurteilen,<br />

dass ein mit baubehördlicher Genehmigung (1959) als<br />

„Hühnerstall“ baubewilligtes Gebäude, welches stets von Mietern<br />

bewohnt war und auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes<br />

des Gebäudes nicht als „Hühnerstall“ erkennbar war, als<br />

Wohngebäude „vermakelt“ und verkauft wurde. Das traurige<br />

und wie ich meine vermeidbare Detail in dieser Entscheidung<br />

ist, dass auch der Verkäufer nicht über die fehlende baubehördliche<br />

Genehmigung Bescheid wusste und die sich offenbar ihrer<br />

Pflichten durchaus bewusste Immobilienmaklergesellschaft im<br />

Zuge der Einsichtnahme in den Bauakt über diesen zweifellos<br />

wichtigen Umstand „gestolpert“ ist, also nicht bemerkt hat, dass<br />

eines der drei kaufgegenständlichen Gebäude keine Bau- und Benützungsbewilligung<br />

aufweist. Obschon der OGH in ständiger<br />

Rechtsprechung judiziert (7 Ob 272/97v), dass der Makler Informationen<br />

weitergeben darf und zu Nachforschungen über deren<br />

Wahrheit nicht verpflichtet ist, wenn für ihn keine Veranlassung<br />

besteht, an der Richtigkeit zu zweifeln, wurde in der zitierten<br />

Entscheidung 4 Ob 8/02h klargestellt, dass im vorliegenden Fall<br />

der Immobilienmakler dem Verkäufer Informationen über die<br />

Bau- und Benützungsbewilligung abfordern hätte müssen, insbesondere,<br />

wenn er diese nicht eindeutig aus dem Bauakt feststellen<br />

kann. Sofern der Verkäufer keinen Baubewilligungsbescheid<br />

vorlegen könne, hätte der Makler über Risiken aufklären<br />

müssen und deutlich machen können, dass „die Übereinstimmung<br />

des Istzustandes mit dem konsensmäßigen Zustand nicht<br />

geprüft wurde und insofern ein Risiko besteht“. Da die Maklergesellschaft<br />

in der zitierten Entscheidung dieser Aufklärungspflicht<br />

nicht nachgekommen ist, der Vertrag aufgehoben wurde<br />

und dem Käufer Schäden erwachsen sind, wurden vom OGH<br />

dem Grunde nach auch Schadenersatzansprüche gegen die<br />

Maklergesellschaft (nicht nur der Verlust der Prämie) bejaht; bei<br />

einem unklaren Informationsstand ist sohin der Makler gut beraten,<br />

darauf hinzuweisen, dass der baubehördliche Istzustand<br />

nicht auf Übereinstimmung mit dem baubehördlichen Konsens<br />

geprüft wurde, wohingegen Käufern solch ein Satz als deutliches<br />

Warnsignal gelten sollte und eigene Nachforschungen, auch<br />

durch Beiziehung von Bauexperten, auslösen sollte. �<br />

Dr. Erich René Karauscheck ist ein auf<br />

Immobilienrecht spezialisierter Partner der<br />

Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH<br />

1010 Wien, Biberstraße 15<br />

Tel. 01/515 06, Fax 01/515 06-16<br />

erich.karauscheck@ttplaw.at<br />

46 FOKUS I HOME & BUSINESS MAI 2011

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