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Horizonte - Kantonsschule Enge

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Jahresbericht 2010/2011<br />

30<br />

heilen könnte. Es gibt in Frankreich ein sehr populäres<br />

Lied, das mir dabei gerade in den Sinn<br />

kommt. Es heisst Place des grands hommes und<br />

beschreibt die Situation eines ehemaligen Maturanden,<br />

der zehn Jahre nach der Matura auf<br />

dem Weg zu einer Klassenzusammenkunft ist.<br />

Man hat vor zehn Jahren abgemacht, sich auf<br />

dem Place des grands hommes zu treffen. Was ist<br />

aus den ehemaligen Gymnasiasten geworden,<br />

denkt er sich auf dem Weg dorthin. Bist du verheiratet,<br />

Eric? Hast du es geschafft, Medizin zu<br />

studieren, was du immer wolltest? Und du Pascale,<br />

lachst du immer noch immer über nichts?<br />

Und du, Marco, der vor allem glücklich werden<br />

wollte, hast dus geschafft? Und du, Francois?<br />

Und du Laurence und du Evelyne?<br />

Ich hoffe, Sie werden das auch tun, so wie es in<br />

diesem Lied beschrieben ist, sich in zehn Jahren<br />

wieder treffen. Denn eines ist klar – einen solchen<br />

Klassenverband wird es nie wieder geben.<br />

Sie haben eine entscheidende Phase Ihres Lebens<br />

zusammen verbracht und viel erlebt. Das<br />

sollte eigentlich ein Band fürs Leben geben. Für<br />

uns war das nicht so, für Sie hoffe ich, dass da<br />

was bleibt.<br />

Was hat mir diese Schule fürs Leben gegeben?<br />

Hat sie mich geprägt? Hat sie meine Interessen<br />

gefördert? Hat sie mich auf meinen Job vorbereitet?<br />

Hat sie mir die Instrumente in die Hand<br />

gegeben, damit ich im Leben bestehe?<br />

Interessanterweise fand ich – und man kann es<br />

erst im Rückblick wirklich erkennen – meine<br />

Berufung in diesen viereinhalb Jahren, die ich<br />

hier an der <strong>Kantonsschule</strong> <strong>Enge</strong> war. Allerdings<br />

fand ich meine Berufung nicht in der Schule und<br />

dank der Schule, sondern ausserhalb der Schule.<br />

Ich hatte zwei Schlüsselerlebnisse – das erste<br />

betraf einen Geburtstag: Heute bekommt man<br />

ja auf den Geburtstag allenfalls einen iPod oder<br />

einen iPad geschenkt.<br />

Ich bekam auf meinen Geburtstag – ich weiss<br />

nicht mehr, auf welchen – von meinen Eltern<br />

ein lang erwünschtes Transistor-Radio geschenkt.<br />

Und weil das damalige Schweizer Radio,<br />

das immer noch diesen verstaubten Beromünster-Touch<br />

hatte, mir nicht gefiel, pröbelte<br />

ich am Radio herum. Und entdeckte – auf dem<br />

Kurzwellenband – einen Radiosender, der mir<br />

gefiel. Obwohl es knatterte und ratterte und<br />

der Empfang manchmal grotesk war, faszinierte<br />

mich das Programm. Das war damals in den<br />

70er Jahren Radio Luxemburg – und nicht etwa<br />

das englische Programm, das auch legendär<br />

war – ich konnte noch zu wenig Englisch – nein,<br />

das deutsche Programm gefiel mir, es war der<br />

einzige Sender, auf dem die Moderatoren so<br />

sprachen, wie ihnen der Schnabel gewachsen<br />

war. Noch heute bekannte Leute arbeiteten<br />

damals bei Radio Luxemburg. Frank Elster war<br />

Programmchef in den 70er Jahren. Thomas<br />

Gottschalk Morgenmoderator. Das faszinierte<br />

mich, Musik ansagen und ein bisschen parlieren<br />

und damit erst noch seinen Lebensunterhalt<br />

verdienen – das war genau das, was ich wollte.<br />

Ich hörte stundenlang die Radiosendungen aus<br />

Luxemburg – statt meine Aufgaben zu machen,<br />

hörte ich lieber Thomas Gottschalk, Rainer Holbe<br />

oder Frank Elstner – und wie sie alle hiessen.<br />

Und ich begann auf Kassetten selbst Sendungen<br />

zu produzieren, die dann meine kleine Schwester<br />

unter der Androhung von drakonischen<br />

Strafen anhören musste. Ich war begeistert.<br />

Das wäre ein Beruf für mich, ganz klar. Ich hatte<br />

natürlich nicht den Mut, dies meinen Eltern

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