Horizonte - Kantonsschule Enge
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Jahresbericht 2010/2011<br />
40<br />
Überleben in Lagos<br />
Lagos war damals der «Hardship Post» par<br />
excellence. Der einzige greifbare Reiseführer<br />
hiess Surviving Lagos – und darum ging es<br />
auch. Die Sicherheitslage war prekär. Öffentliche<br />
Hinrichtungen im Quartier, in dem wir<br />
wohnten, waren nichts Aussergewöhnliches.<br />
Nachts machten betrunkene Banden mit ihren<br />
Kalaschnikows die Strassen unsicher. Nach<br />
dem Zerfall der Erdölpreise und einem staatlichen<br />
Importverbot war die Versorgungslage so<br />
schlecht, dass wir mit anderen Botschaften regelmässig<br />
Fahrten in die Nachbarländer Benin<br />
und Togo organisierten, wo es das Nötigste zu<br />
kaufen gab. Mit elegantem Diplomatenleben<br />
hatte dieser Einsatz wenig zu tun. Im Rückblick<br />
war die Zeit in Nigeria dennoch eine der span-<br />
nendsten in meiner Laufbahn. Ich war lange<br />
Zeit Geschäftsträger und leitete die Vertretung,<br />
was mir gut gefiel. Meine Erinnerungen sind<br />
voller Anekdoten und Geschichten aus der «Afrika-Zeit».<br />
Aus der Nähe verfolgte ich die gewaltigen<br />
Veränderungen auf dem Kontinent. Sie<br />
blieben einer breiteren Öffentlichkeit in Europa<br />
praktisch verborgen, denn es waren die Jahre<br />
des Mauerfalls, des Endes der Sowjetunion und<br />
des Kalten Krieges: Europa war mit sich selbst<br />
beschäftigt.<br />
«Technischer Job» in der Schweiz<br />
Nach drei Jahren war es für mich Zeit, wieder<br />
in die Schweiz zurückzukehren. Ich hatte mich<br />
für eine Stelle beworben, die als sehr technisch<br />
galt: diplomatischer Mitarbeiter im Dienst für<br />
Die zurücktretende Bundesrätin Micheline Calmy-Rey war<br />
während vieler Jahre die Vorgesetzte von Martin Dahinden.<br />
(Bilder DEZA)<br />
Abrüstungspolitik und Nuklearfragen. Ich befasste<br />
mich mit chemischen und biologischen<br />
Waffen, auch mit Kriegsmaterialausfuhren und<br />
Fragen der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen.<br />
Die Schweiz stand damals<br />
politisch unter Druck, weil sie eine wichtige<br />
Quelle für die irakischen Waffenprogramme<br />
war. Zu den Aufgaben gehörte das Schreiben<br />
der Botschaft des Bundesrats zum Beitritt zum<br />
Chemiewaffenübereinkommen – eine Arbeit, die<br />
für mich persönlich eine besondere Bedeutung<br />
hatte, weil mein Urgrossvater an den Folgen der<br />
Chemiewaffeneinsätze im Ersten Weltkrieg gestorben<br />
war.