Horizonte - Kantonsschule Enge
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Jahresbericht 2010/2011<br />
96<br />
beginne ich in meinem Wohnquartier. Schon<br />
nach kurzer Zeit werde ich fündig. Die Sozialarbeiterin<br />
meiner ehemaligen Primarschule ist<br />
von meiner Bereitschaft begeistert und unterstützt<br />
mich voller Elan. An einem einzigen Donnerstagnachmittag<br />
erarbeiten wir zusammen<br />
das konkrete Konzept. Meine Absicht ist es, vier<br />
bis fünf Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen,<br />
die Lernschwierigkeiten haben, zu<br />
fördern. Das Resultat der ersten Umfrage unter<br />
den Primarlehrpersonen übertrifft meine Erwartungen<br />
bei weitem. Mehr als dreissig Schüler/innen<br />
werden für meinen Kurs angemeldet.<br />
Das Projekt kann beginnen.<br />
Als ich noch nicht weiss, was ich bald<br />
wissen werde<br />
Am Mittwoch nach den Sommerferien um zwei<br />
Uhr nachmittags mustern mich zwölf grosse<br />
Kinderaugen erwartungsvoll. Schon nach dem<br />
ersten Kennenlernen schliesse ich die Gruppe<br />
ins Herz. Schlagartig wird mir bewusst, welch<br />
grosse Herausforderung in diesem Semester auf<br />
mich zukommen wird.<br />
Meine Kurslektionen sind immer gleich aufgebaut.<br />
Im ersten Teil versuche ich die Kinder<br />
im schulischen Bereich zu unterstützen und zu<br />
fördern. Diese auf den ersten Blick simple Aufgabe<br />
bringt mich zwischendurch an den Rand<br />
des Wahnsinns. Die Kinder sind sehr unruhig.<br />
Es ist enorm schwierig, sich mit einem Kind<br />
genügend intensiv zu beschäftigen und gleichzeitig<br />
das Arbeitsklima im Griff zu haben. Hut<br />
ab vor allen Primarlehrpesonen, die täglich mit<br />
dieser Situation konfrontiert sind. Der zweite<br />
Teil meiner Lektionen ist schon etwas einfacher<br />
zu verwirklichen. Im Vorder grund stehen das<br />
Fördern der Sozialkompetenz und das Erleben<br />
kleiner Abenteuer – so suchen wir zusammen<br />
im Wald nach einem Schatz, pflanzen Blumen,<br />
zeichnen grosse Gruppenbilder mit Strassenkreide,<br />
führen kleine Theater auf und widmen<br />
uns noch vielen anderen Aktionen. Schleichend<br />
hat sich meine Gruppe in der Zwischenzeit auf<br />
acht Teilnehmende erhöht. Es besteht die akute<br />
Gefahr, dass wir bis Ende Semester auf die<br />
Grösse einer Kleinklasse anwachsen. Mit meinem<br />
Durchsetzungsvermögen stosse ich allerdings<br />
an Grenzen und meine Energiereserven<br />
sind schon recht erschöpft. Schweren Herzens<br />
beschliesse ich, den ersten Kurs vor den Herbstferien<br />
zu beenden und ihn unter Berücksichtigung<br />
der gesammelten Erfahrungen nochmals<br />
neu zu beginnen.<br />
(Nochmals) klein starten und schnell<br />
lernen<br />
Seit dem Neustart arbeite ich nur noch mit vier<br />
Kindern. Sämtliche Anfragen für zu sätzliche<br />
Kursplätze lehne ich schweren Herzens konsequent<br />
ab. Im neuen Konzept, in das die Erfahrungen<br />
der vorangehenden Wochen eingeflossen<br />
sind, lege ich insbesondere ein grösseres<br />
Gewicht auf die Gruppenbildung und den gegenseitigen<br />
Respekt.<br />
Das erste Feedback der Teilnehmenden und die<br />
grosse Nachfrage nach meinem Kurs motivieren<br />
mich sehr. Deshalb habe ich beschlossen, meine<br />
Maturitätsarbeit diesem Thema zu widmen. Ich<br />
entwickle ein Konzept, damit meine Idee multipliziert<br />
werden kann und hoffentlich möglichst<br />
viele Kinder davon profitieren werden.<br />
Allen Schülern und Schülerinnen der kommenden<br />
Jahrgänge kann ich nur empfehlen, ihr Projektsemester<br />
in einen Sozialeinsatz zu investieren.<br />
Der persönliche Return on Investment ist<br />
auf jeden Fall sehr hoch.