Organische psychische Störungen<strong>Psychiatrie</strong>Entwicklungsmodell akuter organisch psychischer Störungen (Durchgangssyndrome) !!!→ Delirant→Halluzinatorisch→ Paranoid-wahnhaft→ Affektiv→ Kognitiv=> bis zu kognitiven Störungen sind die Symptome reversibel und bilden sich je nach Ausmaß der Grunderkrankung wiederzurückHäufige Form des Durchgangssyndroms: Schlafentzug (meistens kognitive Defizite – Konzentrationsstörungen, oft auchmaniehafte affektive Störung)DelirDiagnostische Kriterien des Delirs:- Symptomatik∙ Bewusstseins und Aufmerksamkeitsstörungen∙ Störungen der Kognition, Wahrnehmungsstörung: Halluzinationen∙ Beeinträchtigung des abstrakten Denkens und der Auffassung∙ Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses∙ Desorientiertheit zu Ort, Zeit und Person∙ Psychomotorische Störungen∙ Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus∙ Affektive Störungen (Depression, Angst, Reizbarkeit, Euphorie, Apathie, Ratlosigkeit)∙ => diese Patienten sind gefährdet: sowohl die Morbidität, als auch die Mortalität ist signifikant erhöht- Mindestdauer: Gesamtdauer < 6 Monate (aber auch protrahierte delirante Symptomatik kann auftreten- Verlaufsformen: Beginn akut, im Tagesverlauf wechselnd15.11.11Beispiel: Patient aufgenommen mit Peritonealkarzinose: zunehmend nächtlich verwirrt. Woran muss man denken?- Hirnmetastase: Bildgebung (aber eher unwahrscheinlich, weil keine Symptome tagsüber)∙ negativ- Schlafstörungen → vom Patienten verneint- Medikamente, Alkoholabusus → Anamnese∙ Alkoholabusus in der Vergangenheit∙ Erstmals Schmerzmittel in höherer Dosierung erhalten- Leberbeteiligung → nein- Stoffwechselstörung → nein- CRP → massiver Anstieg → Patient entwickelte massive Pneumonie- => Kombination aus Vorschädigung, Medikamenten und Infektion führte zu dieser deliranten StörungFremdbeurteilung von Deliren nach der CAM (Confusion Assessment Method)1. Akuter Beginn und fluktuierender Verlauf∙ Gibt es Hinweise auf eine akute psychische Veränderung des Patienten im Vergleich zumAusgangsbefund?∙ Schwankt das (abnorme) Verhalten im Tagesverlauf, d. h. kommt es und verschwindet es wieder, odernimmt es hinsichtlich seiner Ausprägung zu und ab?Seite 31<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong>
<strong>Psychiatrie</strong>Organische psychische Störungen2. Aufmerksamkeitsstörung∙ Patientengespräch: ablenkbar?, nach Tagesablauf fragen∙ Hat der Patient Schwierigkeiten, seine Aufmerksamkeit auszurichten?∙ Ist er z. B. leicht ablenkbar? Hat er Probleme, einem Gespräch zu folgen?3. Inkohärenz∙ Schweift Patient aus? Verliert er den roten Faden?∙ War das Denken des Patienten ungeordnet oder inkohärent, etwa im Gespräch weitschweifig und amThema vorbei, mit einem unklaren oder unlogischen Gedankengang oder mit einem unvermitteltenSpringen von Thema zu Thema?4. Veränderte Bewusstseinslage∙ Wach oder in der Vigilanz beeinträchtigt∙ Wie würden Sie insgesamt die Bewusstseinslage des Patienten einschätzen?• wach (normal, hypervigilant, überreizt, lethargisch, müde, leicht weckbar)• stuporös (schwer weckbar) oder komatös (nicht weckbar)Zur Diagnose eines Delirs nach dem CAM müssen die Kriterien 1 und 2 sowie 3 oder 4 erfüllt sein.- => grobe Orientierung um festzustellen, ob jemand delirant verwirrt istRisikofaktoren für die Entwicklung eines Delir- Alter, Männer- Andere vorbestehende Schädigungen: Hirnschädigung, kognitive Defizite, Demenz- Alkoholabhängigkeit, Substanzmissbrauch- Mangel-/Fehlernährung- Somatische Multimorbidität (bis zu 25% der Patienten auf internistischen Stationen)- Sensorische Beeinträchtigung- Polypharmazie- Schmerz- Perioperative Risikofaktoren∙ Schmerzen, Schmerzmedikation, Elektrolytstörungen, Blutverlust, Infekte, Fieber, Insomnie- Anticholinerges Syndrom: kann zu einer deliranten Verwirrtheit führen (und ist nicht selten)∙ Medikamente: Trizyklika, Parkinsonmedikamente∙ Typische Symptome: Tachykardie, Arrhythmie, Hypertonie, sehr hohe TemperaturMedikamente als Auslöser von DelirenSubstanzgruppe BeispieleAnalgetikaOpiate, SalicylateAntiarrhythmika Chinidin, Disopyramid, Flecainid, Lidocain, Mexiletin, Procainamid, AmiodaronAntiasthmatika AminophyllineAntibiotika Aminoglykoside, Cephalosporine, Penicilline, Sulfonamide, Isoniazid, Rifampicin, Amphotericin B,MetronidazolAnticholinergika Atropin, ScopolaminAntidepressiva Amitriptylin, Imipramin (alte Antidepressiva)Antihistaminika H1/H2-BlockerAntihypertensiva Captopril, Clonidin, Reserpin, a-MethyldopaAntikonvulsiva Phenobarbital, Phenytoin, ValproatAntiphlogistika ACTH, Corticosteroide, PhenylbutazonNarkotikaNeuroleptika Haloperidol, Thioridazin, ClozapinParkinson-TherapeutikaAmantadin, Biperiden, Carbidopa, Levodopa,TrihexyphenidylSedativa/Hypnotika Barbiturate, Benzodiazepine, Chloralhydrat (!)VirustatikaAciclovirZytostatika5-FluorouracilVerschiedene Chloroquin, Lithium, MetrizamidTherapie deliranter Störungen- Ursache finden und therapieren- Internistische Basistherapie: Vitalfunktionen stabilisieren- Reduktion von Selbst- und Fremdgefährdung (auch bei hypoaktivem Delir)- Ruhige/vertraute Atmosphäre, vertraute Personen, Orientierungshilfen- Psychopharmakologische Sedierung (Benzos), bei Halluzinaiton Gabe von Antipsychotika (Haloperidol, Olanzapin,Quetiapin, Risperidon)∙ Aber: diese Medikamente senken initial die Hirnleistung<strong>Verena</strong> <strong>Kaiser</strong> Seite 32