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Die ganz normale Masslosigkeit - VCS Verkehrs-Club der Schweiz

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Blick aufs obere Maira-Tal von einem namenlosen Sattel hoch über Chialvetta.Liebeserklärung an die GTAText und Fotos: Urs GeiserPiemontesisches Schlemmermenü für Weitwan<strong>der</strong>lustige, die gerne Höhenmetersammeln, so könnte Italien seine Grande Traversata delle Alpi (GTA)bewerben. Und schelmisch anfügen: «Kann süchtig machen.»Einundfünfzig musste ich werden,bis ich einen Heiligenscheinverliehen bekam. Bezeichnen<strong>der</strong>weisegeschah es beimAbstieg von <strong>der</strong> Punta Tre Vescovi,<strong>der</strong> «Dreibischofsspitze», diemehr als 2000 Meter über <strong>der</strong>Poebene thront. Rechter Handleuchtete eine Spätnachmittagssonne,links schwappte eine Nebelsuppegegen den Grat, als ichplötzlich das Gefühl hatte, da laufejemand neben mir her. Tatsächlich:ein Brockengespenst, samtGlorie in Regenbogenfarben!Hastig bannte <strong>der</strong> Schattenwerferdigital sein stilisiertes, kegelförmigesAlter Ego. In <strong>der</strong> CapannaRivetti wurde es von Michele,dem Sohn von Hüttenwart SandroZoia, einwandfrei identifiziert:«Oh, eine Madonna!» Voilà.Wir waren, zu zweit, schon 48Stunden zuvor daselbst eingetroffen.Es war ziemlich laut. Aus <strong>der</strong>Küche, wo die drei jungen Hüttenhelferinnenam Werk waren,dröhnte italienische Rockmusik,untermalt von Live-Chören undLachsalven, und an die Fensterscheibenprasselte <strong>der</strong> Regen.Was Sandro nicht davon abhielt,wie jeden Tag beim 80-jährigenHirten, <strong>der</strong> auf einer NachbaralpSchafe sömmert, vorbeizuschauen,um sich zu vergewissern, oballes in Ordnung sei. Natürlichbringt er ihm auch dies und jenesmit. Dem Abendmenü, gekröntvon einem göttlichen Pfirsichdessert,war die darin steckendeLebensfreude gut anzumerken.Am nächsten Morgen war dasWetter keine Spur besser: Abstiegnach Piedicavallo im Cervo-Tal, Besichtigung <strong>der</strong> Stadt Biellaam Talausgang, um das Wartenauf die Sonne zu verkürzen. Tagsdarauf stieg ich, frutta fresca imRucksack, durch ein Seitental,über einen versteckten Pass, überHochebenen und noch einenPass auf besagte Bischofsspitze,wo, wie auf 13 an<strong>der</strong>en Gipfeln<strong>der</strong> Gegend, eine Gedenktafelans Schicksal <strong>der</strong> tibetischenOpposition erinnert. <strong>Die</strong> Pfirsichekamen gut an.Spätestens in den BielleserAlpen ist uns klar geworden, dasses ein Jammer wäre, die GrandeTraversata delle Alpi (GTA) alsBergmarathon-Strecke misszuverstehen.Nicht nur <strong>der</strong> Weg isthier das Ziel, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>Umweg, die Zusatzschlaufe etwasabseits <strong>der</strong> Hauptroute – zudiesem Gipfel und jenem Grat,zu Badebecken o<strong>der</strong> einem Maiensäss,zu Natur- und Kulturdenkmälern.Wer via GTA in <strong>der</strong> Rivetti-Hütte ankommt, ist schon guteine Woche unterwegs – o<strong>der</strong> gargute 14 Tage, wenn er o<strong>der</strong> siezwischen Goms und Bedrettotalstartet: Vom Griesspass führt einGTA-«Zubringer» zum Startpunkt<strong>der</strong> Etappe Nummer 1 imAnzasca-Tal südlich von Domodossola.GTA-Luft schnuppernkann man von <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> ausalso auch im Rahmen eines (verlängerten)Wochenendes. Ein beson<strong>der</strong>slohnendes Ziel ist dabeiRimella, wo man in die Welt <strong>der</strong>Walser, des im Mittelalter aus30 <strong>VCS</strong> MAGAZIN / JUNI 2013

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