NEUE MOBILITÄT 13
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Erste Flotten - Fraunhofer ISI<br />
Erste Flotten - Fraunhofer ISI<br />
Fahrprofile gewerblich<br />
gehaltener Fahrzeuge<br />
Für wen lohnen sich Elektrofahrzeuge finanziell schon heute<br />
oder zumindest in naher Zukunft? Diese Frage wird in der<br />
Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft kontrovers diskutiert.<br />
Hohe Anschaffungskosten und teure Batterien stehen<br />
geringen variablen Ausgaben für Treibstoff und Wartung<br />
gegenüber. Eine vorherrschende Meinung ist, dass sich<br />
Elektrofahrzeuge zunächst im urbanen Raum durchsetzen<br />
werden, der aufgrund hoher Schadstoffbelastung, begrenzter<br />
Reichweiten und häufiger Standzeiten für den Einsatz<br />
von alternativen Antrieben prädestiniert scheint. Die Wirtschaftlichkeit<br />
von Elektrofahrzeugen erfordert aber hohe Jahresfahrleistungen<br />
und bei hybriden Varianten (PHEV und<br />
REEV) hohe elektrische Fahranteile, um die hohen Anschaffungsausgaben,<br />
aber auch den höheren Energieaufwand für<br />
die Herstellung der Fahrzeuge, kompensieren zu können.<br />
Gerade die hohen Jahresfahrleistungen werden von Bewohnern<br />
in Großstädten jedoch eher seltener erreicht.<br />
In der öffentlichen Diskussion über eMobilität in Deutschland<br />
liegt der Schwerpunkt zudem oft auf dem Privatverkehr.<br />
Gewerblich gehaltene Fahrzeuge sind jedoch mit rund 60%<br />
der Neuzulassungen in Deutschland, davon jeweils die Hälfte<br />
für Flottennutzung und Dienstwagennutzung, eine sehr relevante<br />
Erstnutzergruppe für Elektrofahrzeuge. Ebenso sind<br />
die Fahrleistungen im gewerblichen Verkehr oftmals deutlich<br />
höher als im privaten. Ein weiterer Vorteil liegt in der<br />
Planbarkeit der Routen, da hier Reichweitenängste im Gegensatz<br />
zum privaten Bereich eine geringere Rolle spielen.<br />
Die Beschaffung von Fahrzeugen durch ein professionelles<br />
Fuhrparkmanagement begünstigt ebenfalls die Wahl eines<br />
Elektrofahrzeuges.<br />
Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Elektrofahrzeugen<br />
reichen Durchschnittswerte zur Fahrleistung nicht aus,<br />
da sich individuelle Mobilitätsmuster signifikant unterscheiden.<br />
Vielmehr ist hier die genaue Kenntnis der Parameter<br />
Jahresfahrleistung und möglicher elektrischer Fahranteil nötig,<br />
um valide Aussagen zum sinnvollen Einsatz von Elektrofahrzeugen<br />
treffen zu können. Im Rahmen des Projektes<br />
REM 2030 (Regional Eco Mobility) erhebt das Fraunhofer<br />
Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) daher<br />
seit einiger Zeit Primärdaten in Form von Fahrprofilen gewerblich<br />
gehaltener Fahrzeuge.<br />
Die REM 2030 Fahrprofile Datenbank enthält derzeit 354<br />
Fahrprofile von gewerblich gehaltenen Fahrzeugen in Deutschland<br />
über einen Aufzeichnungszeitraum von durchschnittlich<br />
drei Wochen und wird kontinuierlich erweitert mit dem An-<br />
spruch, möglichst repräsentativ hinsichtlich der Wirtschaftszweigverteilung<br />
gewerblich gehaltener Fahrzeuge zu sein.<br />
Die Datenbank enthält Daten zur Wegstrecke (Abfahrts- und<br />
Ankunftszeitpunkt sowie zurückgelegte Kilometer aller Teilstrecken),<br />
die Größe des Fahrzeugs und den Wirtschaftszweig,<br />
in dem das Fahrzeug eingesetzt wird. Außerdem<br />
werden Informationen über die Gemeindegröße erhoben,<br />
in der das Fahrzeug zugelassen ist und zusätzlich die Unternehmensgröße<br />
angegeben. Die untersuchten Fahrzeugflotten<br />
haben eine Mindestgröße von drei Fahrzeugen pro Unternehmen.<br />
Mit Hilfe der gewonnenen Fahrprofile lässt sich ein möglicher<br />
Einsatz von alternativ angetriebenen Fahrzeugen für<br />
die jeweiligen Wirtschaftsunternehmen und -segmente bestimmen<br />
und so die Eingangsfrage detailliert beantworten.<br />
Ebenso kann mit Hilfe statistischer Methoden das Gesamtpotential<br />
für Elektrofahrzeuge in Deutschland abgeleitet<br />
werden und infolgedessen ein möglicher Markthochlauf für<br />
alternative Antriebe aufgezeigt werden. So werden die aktuellen<br />
Rechnungen für den Markthochlauf der Nationalen<br />
Plattform Elektromobilität (NPE) in diesem Jahr basierend<br />
auf den genannten und weiteren Fahrprofilen durch das<br />
Fraunhofer ISI durchgeführt.<br />
Die Abbildung zeigt beispielhaft simulierte elektrische Fahranteile<br />
für REEV der Mittelklasse (links) und Großklasse<br />
(rechts) über die Jahresfahrleistung für die ausgewerteten<br />
Fahrprofile. Die große Streuung der simulierten elektrischen<br />
Fahranteile ist auffällig, d.h. bei gleicher Jahresfahrleistung<br />
schwanken die erreichbaren elektrischen Fahranteile bei den<br />
einzelnen Fahrprofilen deutlich. Die mittleren elektrischen<br />
Fahranteile sind für Flottenfahrzeuge (orange) etwas höher<br />
als bei Dienstwägen (dunkelblau), mit zunehmender Jahresfahrleistung<br />
sinken die elektrischen Fahranteile.<br />
Die REM 2030 Fahrprofile Datenbank steht zur wissenschaftlichen<br />
Nutzung zur Verfügung und kann über die<br />
Projekt-Website bezogen werden (http://www.rem2030.de/<br />
rem2030-de/registrierung-Datenbank/index.php). Die Daten<br />
sind in der Regel für nicht-kommerzielle Nutzung in Forschung<br />
und Lehre oder im öffentlichen Auftrag unentgeltlich<br />
erhältlich. Ist hingegen eine kommerzielle Nutzung der Daten<br />
geplant, wird eine Schutzgebühr erhoben.<br />
Die Datenbank ist ein Arbeitsergebnis des Projekts REM<br />
2030. Das Projekt ist ein Baustein zur Entwicklung der Mobilität<br />
von morgen und ist als regionales Innovationscluster<br />
angelegt. Wissenschaftler aus dem Karlsruher Institut für<br />
Technologie (KIT) und Fraunhofer-Instituten arbeiten mit renommierten<br />
Industrieunternehmen eng zusammen. REM<br />
2030 wird gefördert durch die Fraunhofer-Gesellschaft, Landesministerien<br />
von Baden-Württemberg und Industrieunternehmen.<br />
Simon Funke<br />
Till Gnann<br />
Patrick Plötz<br />
Martin Wietschel<br />
Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung<br />
ISI<br />
www.isi.fraunhofer.de<br />
Simulierte elektrische Fahranteile REEV für verschiedene Nutzergruppen (links: Mittelklasse, rechts: Grossklasse)<br />
Jeder Punkt stellt ein Fahrprofil dar und die durchgezogenen Linien sind gleitende Mittelwerte<br />
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