NEUE MOBILITÄT 13
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Erste Flotten - ASB Bremen<br />
Erste Flotten - ASB Bremen<br />
Elektrifizierte Pflege-Flotte<br />
Sind eFahrzeuge eine echte Alternative für den ambulanten Pflegedienst?<br />
Die Pflegekräfte des ASB sind begeistert von der Neuen MobilitäT<br />
Ambulante Pflege ist grundsätzlich mobil im Einsatz und<br />
muss sich mit Lösungen für eine optimale Fortbewegung<br />
beschäftigen. Diese haben sich in den letzten Jahren deutlich<br />
verändert. Auf der einen Seite wurden Pflegeleistungen<br />
enorm »verdichtet« und die einzelnen Einsätze zeitlich erheblich<br />
verkürzt. Auf der anderen Seite wurden neue Mobilitätssysteme<br />
entwickelt, vom Pedelec bis hin zum Kleinwagen<br />
mit Automatik. Im Folgenden sollen die Anforderungen<br />
und mögliche Flottenideen beim Arbeiter-Samariter-Bund<br />
in Bremen beschrieben werden. Aktuell sind dort für 168<br />
Mitarbeiter in vier regionalen Pflegediensten 27 Dienstfahrzeuge,<br />
ein Pedelec und ein Fahrrad im Einsatz. Es besteht zudem<br />
seit vielen Jahren eine Betriebsvereinbarung zur Nutzung<br />
privater Fahrzeuge mit einem Kilometergeld in Höhe<br />
von 30 Cent je Kilometer, welche monatlich von 40 bis 45<br />
Mitarbeitern genutzt wird.<br />
Um die Anforderungen an die Mobilität in der ambulanten<br />
Pflege reflektieren zu können, ist im ersten Schritt einmal zu<br />
analysieren, was die typischen Rahmenbedingungen ausmachen:<br />
• Durchschnittliche Pflegetour: 15 bis 25 Pflegekunden, Einsätze<br />
zwischen 5 und 45 Minuten.<br />
• Einsätze zu jeder Tageszeit, bei Bedarf auch nachts. Keine<br />
Einschränkungen bei Wochentagen.<br />
Photo: Doris Friedrichs<br />
• Vergütungen für Einsatzfahrten sind bundesweit sehr niedrig<br />
und lösen einen erheblichen wirtschaftlichen Druck aus.<br />
Derzeitige Einsatzpauschale der Pflegeversicherung in Bremen:<br />
2,15€. Darin sind enthalten: Arbeitszeit der Pflegekräfte<br />
und alle Verbrauchskosten der Fahrten.<br />
• Die Fahrzeuge dürfen investiv NICHT in den Pflegesätzen<br />
abgerechnet werden (§ 82 SGB XI). Finanzierung über Investitionszuschüsse<br />
der Länder, bzw. in Form privater Rechnungen<br />
über die Pflegekunden.<br />
Daraus ergeben sich klare Forderungen an die eingesetzten<br />
Fahrzeuge:<br />
• Geringe Größe, Wendigkeit, stabile Straßenlage<br />
• Einfache Bedienbarkeit (z.B. Automatik)<br />
• Eignung für Kurzstrecken<br />
• Bequemer Ein- und Ausstieg<br />
• Im Winter vorab heizbar zur Kompensation der starken<br />
Temperaturschwankungen zwischen Fahrten und oftmals<br />
überheizten Wohnungen der Pflegekunden<br />
• Günstige Anschaffung und Unterhalt<br />
Im städtischen Raum liegen die Wegezeiten für die Pflegekräfte<br />
bei ca. 6 bis 8 Minuten je Einsatz. Diese variieren aber<br />
erheblich, je nach der Konkurrenzsituation am Markt bzw.<br />
der Lage der Pflegekundenwohnungen.<br />
Der ASB in Bremen ist in der ambulanten Pflege seit 1973<br />
aktiv und seit dem wird auch an der Optimierung der Mobilität<br />
gearbeitet. Bis Sommer 20<strong>13</strong> waren durchgehend benzinbetriebene<br />
Kleinfahrzeuge im Einsatz. Bei finanzierbaren<br />
Kleinfahrzeugen ist eine Automatikschaltung oftmals nicht<br />
Standard und bei den geringen Ressourcen werden bisher<br />
eher günstige Fahrzeuge mit Schaltgetriebe angeschafft.<br />
Bereits im Juni 2010 beteiligte sich der ASB Bremen an dem<br />
Forschungsvorhaben des BUND zum Thema: »Pflegedienste<br />
machen mobil - Mit dem Elektrorad zum Patienten.« Das<br />
Ergebnis führte bei einem in der Innenstadt liegenden ASB<br />
Dienst zur Anschaffung eines Pedelecs. Ein zweites kommt aktuell<br />
dazu. Das Pedelec hat den Vorteil der schnellen Beweglichkeit<br />
im »Einbahnstraßendschungel« und der Parkplatznot<br />
im Innenstadtbereich. Gegenüber dem normalen Fahrrad<br />
kommen die Pflegekräfte entspannt am Zielort an, da die<br />
»Tretarbeit« vom Elektromotor unterstützt wird. Allerdings<br />
belastet die Wetterabhängigkeit die Kollegen.<br />
Im Herbst 2012 wurde in Bremen über die Firma Nehlsen und<br />
das Frauenhoferinstitut ein Projekt zur Elektromobilität ausgeschrieben,<br />
der ASB ist der einzige Pflegedienst in diesem<br />
Projekt zur Erforschung der Nutzung von Elektrofahrzeugen<br />
im gewerblichen Einsatz.<br />
Um die oben angegebenen Anforderungen an ein Pflegefahrzeug<br />
optimal zu erfüllen, wurden Anfang Juni 20<strong>13</strong> zwei<br />
Smart mit Elektroantrieb in die Flotte aufgenommen. Die<br />
Pflegekräfte genießen nun die Vorteile der Neuen Mobilität.<br />
Pflegefachkraft Ramona Knuth: »Unsere neuen elektrischen<br />
Smarts sind flink und wendig, passen in jede Parklücke.<br />
Klasse ist, dass es kein Schalten mehr gibt und der Ladevorgang<br />
einfach verständlich ist. Es macht mir Spaß, an einer<br />
umweltfreundlichen Idee der Mobilität beteiligt zu sein,<br />
zudem es für den ASB auch noch wirtschaftlicher ist, als<br />
mit Benzin zu fahren. Auch ist es sehr angenehm, dass die<br />
Elektrofahrzeuge so leise sind.« Insgesamt sind die beiden<br />
Fahrzeuge sehr gut angenommen worden und die Pflegekräfte<br />
fühlen sich mit ihren Wünschen an die Pflegemobilität<br />
ernst genommen.<br />
Doch es gibt auch Kritikpunkte:<br />
• Bei energiesparender Fahrweise schafft man etwa 120 Kilometer<br />
mit einer Ladung. Das ist im ländlichen Bereich eher<br />
knapp und auch im städtischen Raum bei einer Nutzung<br />
in verschiedenen Touren jeden Tag, muss die Logistik zum<br />
Zwischenladen sehr genau beachtet werden.<br />
• Die Kosten für die Fahrzeuge liegen noch deutlich höher,<br />
wie für benzingetriebene Fahrzeuge (gute 100% oberhalb<br />
der beim ASB sonst üblichen Ausgaben für Fahrzeuge).<br />
• Die Ladeinfrastruktur ist ebenfalls noch recht teuer und bei<br />
den geringen Ressourcen der Pflegeunternehmen ist dafür<br />
kaum Spielraum. Dabei ist auch noch zu bedenken, ob die<br />
Anschlussmöglichkeiten eine Schnellladung zulassen.<br />
Beim ASB in Bremen hätte die Einrichtung der optimalen,<br />
schnellen Lademöglichkeit bei deutlich über 10.000 € für<br />
zwei Ladestationen gelegen. Daher wurden »normale« Ladestationen<br />
installiert, was auch die Fahrzeugkosten etwas<br />
senkte und eine Zwischenladung auch an normalen<br />
Stromverbindungen ermöglicht.<br />
Zu guter Letzt darf jedoch nicht vergessen werden, dass unser<br />
Team großen Spaß daran hat, mit einem schicken, modernen<br />
Fahrzeug unterwegs zu sein. Wir sind sehr gespannt<br />
auf die weitere Forschung zum Thema Elektromobilität und<br />
darauf, wie sich zum Beispiel der Winter auf diese Fahrmöglichkeit<br />
auswirkt. Es ist gut und richtig, dass diese Art der<br />
Flottenforschung vom Bund gefördert wird.<br />
Das Aufladen des Elektroautos mit Strom aus der Steckdose<br />
ist denkbar einfach, wie ASB-Mitarbeitern Renate de Fries hier<br />
unter Beweis stellt.<br />
Photo: Doris Friedrichs<br />
Stefan Block<br />
Geschäftsführer<br />
ASB Ambulante Pflege GmbH<br />
Die Bundesregierung fördert umfassende Demonstrationsvorhaben der Elektromobilität in Deutschland. Bremen<br />
und Oldenburg werden seit 2009 durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)<br />
im Rahmen des Bundesprogramms »Elektromobilität in Modellregionen« gefördert. Koordiniert werden die Modellregionen<br />
Elektromobilität von der NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.<br />
Die Leitung der UI ElMo hat federführend die Bremer Nehlsen AG.<br />
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