Aware Broschüre 2016
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4. Innovationspolitik<br />
In Deutschland<br />
71<br />
5<br />
Artikel 91 b des<br />
Grundgesetzes (deutsche<br />
Verfassung): Vgl. http://<br />
www.gesetze-im-internet.<br />
de/gg/art_91b.html,<br />
abgerufen am 31.10.<strong>2016</strong>.<br />
kooperativen Föderalismus ausgestaltet, der sich durch eine starke Verzahnung und damit Aufgabenteilung<br />
und Zusammenarbeit in den jeweiligen Politikfeldern auszeichnet. Ein gutes Beispiel hierfür ist<br />
die öffentliche außeruniversitäre Forschung, in deren Rahmen Bund und Länder seit jeher die großen<br />
Forschungsorganisationen Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft<br />
und Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam finanzieren. Auch die Deutsche Forschungsgesellschaft<br />
(DFG) und Forschungsbauten (im Sinne deren Forschungsförderung einschließlich Großgeräten)<br />
werden gemeinsam von Bund und Ländern über einen einheitlichen Finanzierungsschlüssel finanziert.<br />
Komplizierter verhält es sich mit der universitären Forschung: Lange Zeit galten hier nicht die Spielregeln<br />
des kooperativen, sondern eines kompetitiven Wettbewerbsföderalismus, da das Politikfeld<br />
Bildung traditionell in die Zuständigkeit der Länder fällt. Im Zuge der sogenannten Föderalismusreform<br />
wurde im Jahre 2006 diese ausschließliche Länderhoheit durch das „Kooperationsverbot“ nochmals<br />
verstärkt: Von wenigen Ausnahmen abgesehen durfte sich der Bund nicht einmal finanziell an der universitären<br />
Forschung beteiligen. Vor dem Hintergrund der immer größeren Anforderungen an Wissenschaft<br />
und Forschung wurde das Kooperationsverbot jedoch vielerorts als kausal für die Unterfinanzierung<br />
vieler Universitäten gesehen, so dass es im Jahr 2014 für den universitären Bereich aufgehoben<br />
wurde. Seit der Abschaffung des Kooperationsverbots kann sich der Bund verstärkt an der institutionellen<br />
Förderung der Universitäten beteiligen und langfristige Forschungsinitiativen initiieren. 5 Damit<br />
hat sich auch im universitären Bereich die Verschränkung der Zuständigkeiten zwischen Bund und<br />
Land und damit das Prinzip des kooperativen Föderalismus durchgesetzt.<br />
Die Forschungsakteure – Land, Bund und EU, universitär und außeruniversitär<br />
Da die Bildungspolitik nach dem föderativen Prinzip weiterhin in die Zuständigkeit der Länder fällt,<br />
gibt es ausschließlich Landesuniversitäten, an denen sich der Bund nach Wegfall des Kooperationsverbotes<br />
programmatisch und finanziell nun stärker beteiligen kann. Nach welchen Kriterien kann man<br />
diese Universitäten unterscheiden? Traditionell wird zwischen Universitäten und Hochschulen für<br />
angewandte Wissenschaften (vormals Fachhochschulen) unterschieden. Auch wenn das Recht zur<br />
Vergabe von Doktortiteln ausschließlich den Universitäten obliegt, so nähern sich insbesondere seit<br />
dem Bologna-Prozess, der europaweiten Harmonisierung von Studienabschlüssen, beide Hochschultypen<br />
einander an. Herausragend war die im Zuge des Bologna-Prozesses vollzogene Gleichstellung<br />
der Studienabschlüsse Bachelor und Master, wobei mit dem letzteren verstärkt Forschungsthemen in<br />
die akademische Ausbildung fließen. Was die Forschung angeht, so fokussieren die Hochschulen für<br />
angewandte Wissenschaften im Gegensatz zu den Universitäten insbesondere auf die anwendungsnahe<br />
Forschung, indem sie konkrete, industrienahe Problemstellungen lösen. Unter den Universitäten<br />
sind die aus den vormaligen Technischen Hochschulen hervorgegangenen Technischen Universitäten<br />
hervorzuheben, die zentral in den Ingenieurswissenschaften lehren und forschen. Die Finanzierung der<br />
Forschungsaktivitäten bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften wird über öffentliche<br />
sowie industriefinanzierte Projektmittel (=Drittmittel) bestritten, die Universitäten können zusätzlich zu<br />
den Projektmitteln auf eine Grundfinanzierung zurückgreifen, da sie einen starken Fokus auf die Grundlagenforschung<br />
legen.<br />
Korrespondierend zur Forschung an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften<br />
wird auch über die großen außeruniversitären, von Bund und Land gemeinsam finanzierten Forschungsgesellschaften<br />
die komplette Innovationskette von der Pionierforschung bis in die Anwendung hinein<br />
abgedeckt. Hinzu kommen sogenannte Einrichtungen der Ressortforschung von Bund und Land, die<br />
in der Regel fachspezifisch, zu konkreten Fragestellungen und damit interdisziplinär arbeiten. Eine vergleichbare<br />
Einrichtung gibt es ferner auf europäischer Ebene. Es handelt sich um das Joint Research<br />
Centre (JRC), das mit mehreren Forschungsstellen in diversen EU-Mitgliedstaaten, u. a. in Deutschland,<br />
vertreten ist und ähnliche Aktivitäten verfolgt.