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Topographie des Engagements in der Dortmunder Nordstadt

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E<strong>in</strong> Großteil <strong>des</strong> nichtorganisierten<strong>Engagements</strong><br />

wurde nicht erfasst.<br />

<strong>Nordstadt</strong>: Engagement<br />

unter erschwerten Bed<strong>in</strong>gungen?<br />

Die Leute kommen dann<br />

und werden aktiv, wenn<br />

es sie persönlich betrifft<br />

Die demokratischen Akklamations-<br />

und Vertretungsweisen<br />

werden auffällig<br />

ger<strong>in</strong>g frequentiert.<br />

12 |<br />

In jedem Fall ist zu vermuten, dass uns e<strong>in</strong> Großteil <strong>des</strong> nicht-organisierten<br />

<strong>Engagements</strong> <strong>in</strong> Form kle<strong>in</strong>räumlicher, nachbarschaftlicher Hilfen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Nordstadt</strong> entgangen ist – etwa weil unsere Gesprächspartner nichts<br />

davon wussten, weil sie zwischenmenschliche Hilfeleistungen als selbstverständlich<br />

betrachteten o<strong>der</strong> weil sie diese trotz entsprechen<strong>der</strong> Nachfrage<br />

unsererseits nicht <strong>der</strong> Rede wert fanden. Die bisherigen Befunde<br />

erhärten die These, dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nordstadt</strong> e<strong>in</strong> größeres Maß an nichto<strong>der</strong><br />

wenig organisiertem Engagement gibt, als dies die E<strong>in</strong>schätzungen<br />

von distanzierten stadtteilexternen Beobachtern nahe legen. So nehmen<br />

e<strong>in</strong>zelne Interviewpartner e<strong>in</strong>e ansteigende Tendenz <strong>des</strong> <strong>Engagements</strong> bei<br />

Migranten wahr (Interview Nr. 1, Interview Nr. 6). Zum Beispiel zeigen Eltern<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund nun offenbar e<strong>in</strong> stärkeres Interesse an<br />

Elternversammlungen und an e<strong>in</strong>er Mitarbeit <strong>in</strong> Schulpflegschaften (Interview<br />

Nr. 7). O<strong>der</strong> sie br<strong>in</strong>gen sich bei <strong>der</strong> Betreuung e<strong>in</strong>es Spielplatzes<br />

e<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Frauen (Interview Nr. 11, Interview Nr. 20). Bei Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen aus Migrantenmilieus sehen e<strong>in</strong>zelne Interviewpartner<br />

ebenso e<strong>in</strong>e wachsende Engagementbereitschaft (Interview<br />

Nr. 12; Interview Nr. 15).<br />

Dennoch erhielten wir <strong>in</strong> den Interviews immer wie<strong>der</strong> auch ernüchternde<br />

H<strong>in</strong>weise auf die Engagementpotenziale. So schätzt e<strong>in</strong> Bewohner, <strong>der</strong><br />

selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dearbeit, im politischen Bereich und im Kle<strong>in</strong>gartenvere<strong>in</strong><br />

mehrfach aktiv ist, den Kreis <strong>der</strong> sich engagierenden Personen als<br />

äußerst begrenzt e<strong>in</strong>. Er verweist zugleich aber darauf, dass die Leute<br />

dann kommen und aktiv werden, wenn es sie persönlich betrifft (hier bei<br />

<strong>der</strong> Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Druckraums) (Interview Nr. 4 u. Interview Nr. 3).<br />

„Ansonsten kommen die, die ich sowieso kenne. Die kannst Du an e<strong>in</strong>er Hand<br />

abzählen“ (Interview Nr. 4). Darüber h<strong>in</strong>aus ist zu hören, dass nach E<strong>in</strong>schätzung<br />

mehrerer Interviewpartner <strong>der</strong> „soziale Status E<strong>in</strong>fluss auf das<br />

Engagement hat“ (Interview Nr. 3), d.h. dass „bessere E<strong>in</strong>künfte“ (Interview<br />

Nr. 5) und e<strong>in</strong>e „gesicherte berufliche Existenz“ (Interview Nr. 7) positive<br />

Voraussetzungen für freiwillige Aktivitäten darstellen. Angesichts <strong>der</strong> spezifischen<br />

Sozialstruktur <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nordstadt</strong> müsste man vielfach also von<br />

e<strong>in</strong>em Engagement unter erschwerten Bed<strong>in</strong>gungen sprechen.<br />

Ebenfalls soll relativierend zu den teilweise durchaus ermutigenden Befunden<br />

an dieser Stelle daran er<strong>in</strong>nert werden, dass die formalisierten<br />

demokratischen Akklamations- und Vertretungsweisen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Nordstadt</strong><br />

faktisch <strong>in</strong> auffällig ger<strong>in</strong>gem Umfang frequentiert werden. Dies gilt übrigens<br />

nicht nur für die regulären Wahlen zu den verschiedenen Parlamenten,<br />

son<strong>der</strong>n spiegelt sich etwa <strong>in</strong> dem Beteiligungsniveau zur Wahl von<br />

Delegierten <strong>in</strong> Parteien, genossenschaftlichen Mietervertretungssystemen<br />

o<strong>der</strong> bei Presbyteriumswahlen wi<strong>der</strong>. Und auch bei <strong>der</strong> Akquisition von<br />

Schiedsleuten o<strong>der</strong> Schöffen sche<strong>in</strong>t die Initiative und Bereitschaft <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Bewohnerschaft vergleichsweise ger<strong>in</strong>g ausgeprägt. Dies gilt –<br />

trotz e<strong>in</strong>iger gegenläufiger Tendenzen – grundsätzlich auch weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Bezug auf die Wahl zu den Elternvertretungen <strong>in</strong> den Schulen. Die genannten<br />

Entwicklungen s<strong>in</strong>d sicher nur teilweise mit den bekannten Selektivitäten<br />

<strong>des</strong> deutschen Wahlrechts und dem hierzulande dom<strong>in</strong>anten<br />

Verständnis vom „Staats-“ o<strong>der</strong> „Stadt-Bürger“ zu erklären, liefern <strong>in</strong> jedem<br />

Fall aber Indizien für die <strong>in</strong>zwischen stattgefundenen Erosionen h<strong>in</strong>-

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