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10 VENEDIG|Dezember2016<br />
Eva Menasse<br />
Anlässlich des Blätterwirbel-Events in St.P. wurde eine<br />
Personale Eva Menasse im Landestheater NÖ präsentiert.<br />
Ein Künstlergespräch zwischen der Autorin und Günter<br />
Kaindlstorfer sowie Lesungen aus ihren Werken VIENNA,<br />
LÄSSLICHE TODSÜNDEN, QUARZKRISTALLE und eine<br />
Vorpremiere ihres neuen Romans TIERE FÜR FORTGE-<br />
SCHRITTENE, das bei Kippenheuer&Witsch im März 2017<br />
erscheinen wird, rundeten das Portrait ab. Eva Riebler-<br />
Übleis war für die LitGes dabei und führte anschließend<br />
ein interview mit der Wiener Schriftstellerin, ehem. FAZ<br />
Reporterin und Korrespondentin und Essayistin.<br />
Wieso betitelten Sie den Roman nicht WIEN?<br />
Das ergibt sich logisch aus der Geschichte. Der Vater muss<br />
als jüdisches Kind aus Wien flüchten, wächst in England<br />
bei Pflegeeltern auf und hat seine Herkunft beinahe vergessen,<br />
als 1947 ein Brief aus der Heimat kommt: Die Eltern<br />
haben überlebt! Nun macht er sich mit gemischten<br />
Gefühlen auf die „Heimreise“, an einen Ort namens Vienna.<br />
Zum Glück kann er dort weiterhin Fußball spielen,<br />
nämlich in einem Club des gleichen Namens: First Vienna<br />
Football Club.<br />
Sie beschreiben z.B. in einem Kapitel aus der Waldheim-Zeit<br />
1986 die eher idyllischen oder vielleicht<br />
Interview<br />
Foto©SRF<br />
Liebe Eva Menasse, Ihr Debütroman „Vienna“ 2005<br />
bei Kiepenh. & Witsch wurde in Deutschland bereits<br />
als Vorabdruck in der Frankfurter Allgemeinen hoch<br />
gelobt und in Österreich zeitweise kritisch beäugt.<br />
Da dieser Roman fiktive kritische Anekdoten auch<br />
aus der jüdischen Verwandtschaft enthält, finden<br />
Sie die österreichischen Reaktionen belebend bis<br />
lustig?<br />
Ich muss leider zugeben: Bei manchen österreichischen<br />
Reaktionen auf „Vienna“ habe ich meinen Humor ziemlich<br />
verloren. Leider ist es ganz banal so: Man möchte<br />
am meisten dort geschätzt werden, wo man herkommt.<br />
Deshalb ist es wahrscheinlich so selten der Fall.<br />
doppelmoralischen als sarkastischen Grußformeln am<br />
Tennisplatz in Wien, dem Schneutzelplatz, „Servus du<br />
Arschloch“, kontra „Servus du Hebräer!“. Sehen Sie es<br />
als schade an, wenn diese Wiener-Seelen mit ihrem<br />
Sprachduktus demnächst aussterben werden? Oder<br />
sehen Sie da kein Ablaufdatum?<br />
Absolut kein Ablaufdatum. Im Gegenteil wachsen sie derzeit<br />
besonders stark nach. Leider sind sie inzwischen sehr<br />
weniger lustig als potentiell gewalttätig.<br />
Sie interessierten sich ja bereits in Ihrer ersten Buchveröffentlichung<br />
Der Holocaust vor Gericht, Siedler<br />
Verlag 2000, für die Aufarbeitung der Nazizeit anhand