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46 VENEDIG|Dezember2016<br />
Isabella Breier<br />
Punto in Aria<br />
oder: nach Schlingen- und Sonnenstichen in Burano bin<br />
ich im Vaporetto hinterm leicht versetzten Beat schwer<br />
getriggert zurückgeblieben<br />
allein<br />
die Ewigkeit<br />
immer noch<br />
zehr ich von pesce<br />
in Tüten vom November<br />
Kann ich in diesen Möwensound hineinrobben,<br />
als wär’s ein Ballon<br />
mit reliefierter Öffnung?<br />
Ist’s mir ein ornamentales Feld<br />
oder ein simpler Strom<br />
mit zwölftonwogenden Federwolken,<br />
vierviertlig drin, drauf, dran?<br />
Flieg oder fließ ich,<br />
fädelt wer was ein,<br />
schwebt‘ s, trennt man mich auf<br />
oder eh weder noch?<br />
immer noch<br />
liebkreischen Möwen vor Müllsäcken,<br />
locken Sirenen<br />
durch hohe Gemäuer<br />
in dritten Gummistiefeltag<br />
immer noch<br />
saus ich<br />
auf schwimmenden Stühlen<br />
durch Gässchen,<br />
via Brückchen<br />
den dauernd aufs Neue sich wandelnden Spiegelungsbildchen<br />
zu<br />
Lyrik<br />
Geben sich doppelgebrochene Delays<br />
nicht extra zu erkennen,<br />
gab ich sie im Füllmuster längst hin.<br />
Ich schwör,<br />
ich nahm uns beim Stakkato an den Spitzen,<br />
fasste übers Ziernetz nach Frequenz,<br />
die sich nicht fügte,<br />
in ihrem böigen Fluss blieb,<br />
erst Höhe Giardini<br />
übersetzen wollte<br />
ins windgeschützte Wort.<br />
Campiello del Sole, samstags,<br />
kurz nach sieben<br />
in jenem Moment<br />
in dem mein Fuß berührt<br />
das Fleckchen gesprenkelten Morgenlichts<br />
bauscht’s sich auf<br />
wird’s zum Bündel<br />
das platzt<br />
und raus springt<br />
für mich<br />
Nebel sei ein Zauberwort,<br />
in der Sonne schwinden eine Wendung,<br />
die in Regen- und Gedankenbögen<br />
bröckelnde Schatten werfe,<br />
dort übern Canale della Giudecca,<br />
da steckt viel spezielles Gelb, das wie aaa klingen kann, aber<br />
auch wie iii<br />
das Zwielicht beim Traghetto<br />
bleibe erinnert:<br />
die Stille, sag ich, gaaanz,<br />
der Lärm so plötzlich, denn<br />
hinterm arco del portone:<br />
der Fischmarkt und<br />
die Unterschriftenliste<br />
für die wirklichen Dinge<br />
vorm funkelflirrenden Diminutiv __<br />
Isabella Breier<br />
Geb. 1976; Studium Philosophie/Germanistik, Promotion in Phil.;<br />
Dozentin/Trainerin für DaF/DaZ; Lyrik- und Prosa in Anthologien<br />
u.Zeitschriften; Preise und Stipendien, zuletzt: *Prokne & Co.“ (Eine<br />
Groteske) Kitab 2013; „Allerseelenauftrieb“ (Ein Klartraumprotokoll)<br />
Mitter Verlag 2013; „Anfang von etwas“ (Reihe: Neue Lyrik aus Österreich,<br />
Band 8) Verlag Berger 2014. www.literaturport.de/Isabella.Breier/