etcetera 66

VENEDIG|Dezember2016
57
wiegen schwerer, solange sie dauern. Es ist ein Spiel der Entsprechungen,
verheißungsvoll.
In Halbsätzen agiert sich Versuchung und Schönheit aus,
ganz verwöhnter Schrecken. Unmögliche Tage folgen auf
fragwürdige Nächte. Erwarten wir besser keine Ritterlichkeit,
das hat sich noch nie bewährt.
Vertraue vielmehr auf den perfekten Muskel, auf den Ansatz
zum Gleichklang, zu einem bebenden Gegenüber. Aber es
schlägt zu schnell, diesen Hasenherz. Heutzutage haben ja
selbst die Tiere neue Sorgen.
In meinen Bewegungen treten die Hilfslinien der Wirklichkeit
hervor, Deine bieten Orientierung auf der unvermeidlichen
Fläche.
Habe ich Dir also geschrieben, habe ich Dir vorgeschrieben,
bin ich Dir voraus. Schlage ich mich auf, lesend, den
Text bevorzugend.
Habe ich Dir also vorgelesen, wieder und immer wieder.
Niederschrift und Lektüre fallen in sich zusammen, fließen
wie Körper zeitweise ineinander, bis die Berührung einfach
aufhört. Geborgene Teile, das ist keine Übung mehr. Es
ist bloß eine Wahl. Ich verhalte mich, ohne so zu tun, als
könnte ich umfassend darüber Auskunft geben, was nun
folgt.
Die Zeit ist eine kantige Grenze. Das ist, soweit ich gekommen
bin, bis jetzt und hierher.
Mit diesen Zonen ist mir meine Vorstellung voraus, das war
so nicht zu erhoffen, nicht zu erwarten. Setze ich aus, halte
ich inne. Es geht mit mir durch, dieses Buch.
Das also ist die Zukunft. Hier gibt es Drachen.
Thomas Ballhausen
Geb. 1975 in Wien. Autor, Literatur- und Kulturwissenschaftler.
Lehrbeauftragter der Universität Wien und der Universität Mozarteum
Salzburg. Internationale Tätigkeit als Herausgeber, Vortragender
und Kurator. Hg. der Buchreihe „Bibliothek der Nacht“
(Edition Atelier, Wien). Mehrere literarische und wissenschaftliche
Veröffentlichungen, u.a. „Lob der Brandstifterin“ (Wien, 2013), „In
dunklen Gegenden“ (Wien, 2014), „Signaturen der Erinnerung“
(Wien, 2015) und „Gespenstersprache“ (Wien, 2016).
Prosa