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VENEDIG|Dezember2016<br />

7<br />

Fotografieren scheint fit zu halten.<br />

Begonnen hat das alles in den 1950er/60er-Jahren.<br />

„Mein Großvater hat sehr viel fotografiert. Ich habe schon<br />

während meiner ersten Lebensjahre eine Kamera gekriegt<br />

und Dias gemacht. Damals hat sich mein Bildsinn entwickelt.“<br />

‚68/‘69 kam Fischl an „die Grafische“ in Wien.<br />

„Vorher schon stellte ich gerne „Länderschauen“ zusammen.“<br />

Wobei das Reisen an sich nicht das Wichtigste sei.<br />

„Das woanders Sein, eine andere Situation annehmen“<br />

– das fasziniere ihn seit jeher. „Durch diese Dislozierung<br />

entdeckt man immer wieder Kraftorte. Venedig ist ein solcher.“<br />

In der Organisation der „St. Pöltner Restwochen“, einer<br />

ziemlich frechen Alternative zum damals etablierten<br />

Kulturbetrieb in den Mittsiebzigern, machten die beiden<br />

ebenfalls gemeinsame Sache.<br />

Literarisch ist Fischl regelmäßig tätig – mit der (oder<br />

dem) geheimnisvoll-geschlechtslosen „judygal“ hat der<br />

Highsmith-Fan ein fiktives, in seinen sarkastisch-stimmungvollen<br />

Texten immer wiederkehrendes alter ego entwickelt.<br />

„Venedig kann sehr kalt sein“ ist der Titel eines Romans<br />

von Patricia Highsmith. Nicht umsonst nennt sich auch<br />

eine von Fischls Bilderserien so.<br />

An die Grafische sollte er als Lehrender auch wieder zurückkehren.<br />

„Ich habe dort eine eigene AV-Abteilung aufgebaut.“<br />

Als die Digitalisierung an die Tür klopfte, übernahm<br />

die Abteilung Tests für diverse Firmen, was auch<br />

seinen Studenten zugutekam: „Wir kriegten damals nahezu<br />

unerschwingliche Software günstiger.“<br />

Lehre und Kunst – wie geht das zusammen? „Lehre kann<br />

unheimlich bereichernd sein – es gibt seitens der Studierenden<br />

sehr viel Input. Andererseits bist du in viele<br />

Projekte involviert, die dir Zeit für Eigenes nehmen.“ In<br />

Summe habe sich beides aber gegenseitig befruchtet.<br />

„Obgleich ich jetzt auch froh bin, mich in der Pension<br />

ausschließlich auf meine Kunst konzentrieren zu können.“<br />

Zahlreiche Einzelausstellungen sowie die Teilnahme an<br />

Künstlerbund-Werkschauen, etwa in Tokio, belegen das<br />

recht anschaulich. Multimediaproduktionen wie „Sancto<br />

Ypolito – Symphonie einer Stadt“ runden ein abwechslungsreiches<br />

Portfolio ab.<br />

Apropos Künstlerbund: Mitglied wurde er 2011 auf Einladung<br />

durch Obmann Ernest A. Kienzl. Mit Letzterem verbindet<br />

ihn eine schon längere Bekanntschaft, hatte er doch<br />

mit ihm in den späten 1960ern die Band EXP gegründet.<br />

„Der Name rührt von einer Hendrix-Nummer – ich selbst<br />

habe auch Gitarre gespielt.“ Damit enden aber auch schon<br />

die Ähnlichkeiten mit dem Gitarrengott. „Mein Spiel war<br />

nicht fruchtbar, eher furchtbar.“ Fischls Lyrics (etwa „Wir<br />

sind die Gammler!“ – eine stilistisch zwischen hippiesker<br />

Avantgarde und heftigem Rock gelegene Selbsteinschätzungs-Hymne)<br />

stießen zwar im damals wenig urbanen St.<br />

Pölten vielleicht nicht ausschließlich auf Gegenliebe, brachten<br />

aber gegenkulturellen Lifestyle auf den Punkt.<br />

Warum er eigentlich so gerne in Schwarzweiß arbeitet?<br />

Fischl erläutert das anhand seiner Venedig-Bilder: „Verblüffenderweise<br />

ist Venedig für mich ein Ort der Einsamkeit,<br />

ein Ort zum Nachdenken und Schauen, speziell in<br />

der Nacht. Da gibt’s auch wenig Farbe.“ Und ruhig sei es<br />

da auch. Wozu ihm der Schreiber dieser Zeilen nur beipflichten<br />

kann: Untertags gibt’s ein paar Hotspots, die mit<br />

lärmenden (Tages-)Touristen überlaufen sind. Doch zwei,<br />

drei Gässchen vermeint man, sich in einer anderen Stadt,<br />

Portraitfoto© Elias Kaltenberger<br />

Künstlerportrait

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