HUMOUR RESOURCES – Schräges und Skurriles aus der Welt der Personalabteilungen
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„Ich habe vom Vorabend noch so viel Restalkohol im Blut,<br />
ich wäre eine Gefahr für die Verkehrssicherheit!“<br />
ihrem Unmut nun Luft machen möchten. Das ist nur menschlich. Aber eine <strong>der</strong>art geballte Entladung<br />
negativer Energie war selbst mir als erprobtem Blitzableiter noch nicht untergekommen.<br />
Ich kontaktierte dementsprechend postwendend beide Kollegen direkt an ihren jeweiligen Urlaubsdomizilen,<br />
um in Erfahrung zu bringen, was um Himmels willen bei diesem Interview so <strong>aus</strong> dem Ru<strong>der</strong> gelaufen<br />
war. Da ich es normalerweise tunlichst vermeide, Kollegen in ihren wohlverdienten Ferien mit beruflichen<br />
Banalitäten zu behelligen, war glücklicherweise beiden die Dringlichkeit <strong>der</strong> Lage sofort bewusst <strong>und</strong> sie<br />
berichteten mir unabhängig voneinan<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> Aspirant schlicht <strong>und</strong> einfach von den Qualifikationen<br />
her nicht optimal entsprochen hätte. Sie hatten auch beide das Gespräch nicht als beson<strong>der</strong>s nachhaltig<br />
negativ empf<strong>und</strong>en.<br />
Wir spekulierten also, dass <strong>der</strong> Kandidat vielleicht die nicht optimale fachliche Passung schon selbst<br />
gespürt hatte <strong>und</strong> dementsprechend auf Angriff als beste Verteidigung setzte, <strong>und</strong> entschieden, ihm eine<br />
Absage zu schicken.<br />
Doch damit begann das Drama erst richtig: Der Herr for<strong>der</strong>te mich via E-Mail <strong>–</strong> in einem freilich nicht <strong>aus</strong>gesucht<br />
höflichen Umgangston <strong>–</strong> auf, sämtliche seiner Daten umgehend zu löschen. Selbstverständlich<br />
erfüllte ich ihm diesen Wunsch.<br />
Es folgte eine weitere E-Mail, die sein blankes Unverständnis über die haltlose Absage <strong>aus</strong>drückte. Bevor<br />
ich noch deeskalierend reagieren konnte, schickte er abermals eine saftige Beschwerde darüber, wie<br />
unprofessionell wir nicht wären <strong>und</strong> was uns eigentlich einfiele, ihn so lange warten zu lassen. Dazu<br />
muss man sagen, dass <strong>der</strong> gesamte Prozess, vom ersten Kontakt bis zur Absage, ungeachtet <strong>der</strong> diversen<br />
Urlaube, gerade mal zwei Wochen gedauert hatte. Im Sinne des Beschwerdemanagements wie <strong>aus</strong> dem<br />
Lehrbuch entschloss ich mich, den Bewerber anzurufen, da E-Mail ganz offensichtlich nicht das richtige<br />
Medium für sein Anliegen war. Mein Plan für das Gespräch war, Verständnis für seine Enttäuschung zum<br />
Ausdruck zu bringen <strong>und</strong> ihn so zu beschwichtigen.<br />
Allerdings musste ich rasch feststellen, dass sich mein Plan so gar nicht mit den Absichten meines Gesprächspartners<br />
vereinbaren ließ. Fre<strong>und</strong>lich <strong>aus</strong>gedrückt: Er wurde durch<strong>aus</strong> flegelhaft mir gegenüber<br />
<strong>und</strong> for<strong>der</strong>te als Krönung zusätzlich noch die Bewerbungskosten ein. Im Sinne des <strong>Welt</strong>friedens warf ich<br />
meinen Stolz über Bord <strong>und</strong> leitete sogar umgehend die Überweisung in die Wege.<br />
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