amz_2008_09
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technik automobil<br />
Strom aus dem Auspuff<br />
_ Ein thermoelektrischer Generator im Abgasstrang soll dazu<br />
beitragen, Spritverbrauch und Abgas-Emissionen zu senken.<br />
Die Nachfrage nach effizient<br />
arbeitenden Motoren wird<br />
beim Fahrzeugkauf immer<br />
mehr zum ausschlaggebenden<br />
Argument. Forscher und Entwicklungsingenieure<br />
arbeiten an einem<br />
thermoelektrischen Generator für Fahrzeuge.<br />
Diese Technologie wird bereits<br />
von der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde<br />
NASA seit etwa vier Jahrzehnten<br />
zur Stromerzeugung verwendet. Bei der<br />
thermoelektrischen Stromgewinnung<br />
macht man sich den Effekt zu Nutze,<br />
dass in thermoelektrischen Halbleiterelementen<br />
bei einem Temperaturgefälle<br />
eine elektrische Spannung entsteht, die<br />
der deutsche Physiker Thomas Seebeck<br />
1821 entdeckte. Während die NASA<br />
beispielsweise ein radioaktives Zerfallselement<br />
als Wärmequelle verwendet,<br />
Der im Abgasstrang integrierte thermoelektrische Generator<br />
eines BMW-Fahrzeugs erzeugt momentan 200 Watt. In<br />
absehbarer Zeit sollen aber 1000 Watt möglich sein.<br />
Die thermoelektrischen Generatoren verwandeln Wärme<br />
in elektrische Energie, indem sie ein Temperaturgefälle<br />
nutzen. Fotos: BMW<br />
52 <strong>amz</strong> - auto | motor | zubehör Nr. 9-<strong>2008</strong><br />
wollen die Forscher und Entwicklungsingenieure<br />
im Automobilbereich die<br />
Wärme von Autoabgasen nutzen. Mit<br />
dem Generator soll nicht nur der Spritverbrauch<br />
um fünf bis sieben Prozent<br />
gesenkt, sondern auch die Kohlendioxid-<br />
Emissionen verringert werden.<br />
In Verbrennungsmotoren wird nur<br />
rund ein Drittel der Energie, die im Kraftstoff<br />
steckt, in mechanische Arbeit zu<br />
Fortbewegung umgesetzt. Der Rest geht<br />
in Form von Wärme verloren und verpufft<br />
in die Atmosphäre. Weltweit arbeiten<br />
Wissenschaftler daran, die ungenutzte<br />
Abwärme von Autos zu nutzen. Darunter<br />
auch unabhängig voneinander Forscher<br />
des Fraunhofer-Instituts für Physikalische<br />
Messtechnik und Entwicklungsingenieure<br />
von BMW, sagt Daniel Kammerer von<br />
der BMW-Pressestelle. Die thermoelektrischen<br />
Generatoren verwandeln Wärme<br />
in elektrische Energie, indem sie ein Temperaturgefälle<br />
nutzen. Je größer die Temperaturunterschiede,<br />
desto mehr Strom<br />
kann produziert werden. Fraunhofer-<br />
Forscher entwickeln thermoelektrische<br />
Materialien, Module und Systeme für die<br />
Restwärmenutzung im Automobil. „Im<br />
Abgasrohr herrschen Temperaturen von<br />
bis zu 700 Grad Celsius und mehr“, sagt<br />
Dr. Harald Böttner, Leiter der Abteilung<br />
Thermoelektrische Systeme. „Der Temperaturgradient<br />
zwischen Abgasrohr und<br />
einer Kühlerflüssigkeitsleitung beträgt<br />
somit bis zu mehreren Hundert Grad Celsius.“<br />
Diesen großen Unterschied nutzt<br />
der thermoelektrische Wandler aus:<br />
Durch den Wärmefluss zwischen den<br />
heißen Abgasen und der kalten Seite an<br />
einer Kühlleitung getrieben, wandern die<br />
Ladungsträger durch spezielle Halbleiter<br />
– es fließt elektrischer Strom. Langfristig<br />
soll der thermoelektrische Generator<br />
die Lichtmaschine überflüssig machen<br />
und die permanent steigende Zahl elektrischer<br />
Verbraucher im Auto versorgen.<br />
Thermoelektrischer<br />
Generator im Abgasstrang<br />
Für die Stromgewinnung im Fahrzeug<br />
integrieren die BMW-Entwicklungsingenieure<br />
einen thermoelektrischen Generator<br />
in den Abgasstrang. Mit dem<br />
Die bisher im Auto ungenutzte Abgaswärme<br />
soll in absehbarer Zeit die elektrische Energie<br />
für die zahlreichen Verbraucher im Fahrzeug<br />
liefern und damit den Spritverbrauch und die<br />
Abgasemissionen senken.<br />
System wird eine elektrische Energie von<br />
200 Watt erzeugt. Diese Leistung ist allerdings<br />
noch zu gering. Die Materialforschung<br />
macht aber rasante Fortschritte.<br />
In greifbare Nähe rückt das hochgesteckte<br />
Ziel, mit einem thermoelektrischen<br />
Generator bis zu 1000 Watt zu erzeugen,<br />
teilt BMW mit. Eine einfache Rechnung<br />
macht deutlich, wie wichtig die Steigerung<br />
der Energieeffizienz im Automobil<br />
ist: In Deutschland sind etwa 50 Millionen<br />
Kraftfahrzeuge zugelassen, die<br />
durchschnittlich eine Laufleistung von<br />
200 Stunden im Jahr haben. Könnte man<br />
mit thermoelektrischen Generatoren<br />
deren Abwärme während dieser Zeit zur<br />
Speisung der gesamten Bordelektronik<br />
mit einer Leistung von einem Kilowatt<br />
nutzen, ließen sich insgesamt zehn Terawattstunden<br />
(zehn Billionen Wattstunden)<br />
Energie pro Jahr einsparen – ein<br />
bedeutender Beitrag. Doch noch sind die<br />
Forscher in der Versuchsphase. Bald sollen<br />
beim Fraunhofer-Institut die ersten<br />
Prototypen entwickelt werden, teilt Böttner<br />
mit.<br />
Zu einem späteren Zeitpunkt ist<br />
auch denkbar, dass dieses Energierückgewinnungs-System<br />
in einen Katalysator<br />
integriert wird. Bei Umkehrung des<br />
Seebeck-Effektes könnte das Aggregat<br />
als Katalysatorheizung dienen, um die<br />
Rohemissionen beim Kaltstart zu verringern.<br />
Dabei machen sich die Forscher<br />
und Entwicklungsingenieure den von<br />
dem französischen Physiker Jean Charles<br />
Athanase Peltier 1834 entdeckten Effekt<br />
zu nutze, dass ein äußerer Stromfluss<br />
eine Änderung des Wärmetransportes<br />
bewirkt. Sobald das Abgas heiß genug<br />
ist, kann der Prozess umgekehrt werden,<br />
um damit wieder Strom zu erzeugen.<br />
Hans Rosarius