Statements
Statements
Statements
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nur die nicht, die es tun. Jedenfalls treffen sich konservative und progressive<br />
Bestrebungen in der Forderung nach restriktiven Beschränkungen in der Siedlungsstruktur.<br />
Aber über das Bild dieser kleinstädtisch-dörflichen Idylle herrscht<br />
Uneinigkeit. Fordern einerseits die progressiven ArchitektInnen bedingungslose<br />
Gestaltfreiheit für ambitionierte Einzelobjekte, auch in verdichteter Bauweise,<br />
so fordert andererseits eine heute unausgesprochene, mehrheitsfähige Konvention<br />
der Beharrung eine Pflege der neu-regionalen Bauformen. Diese gehen<br />
in der Neuzeit zurück auf eine baukulturelle Bewegung aus den späten 1970er<br />
Jahren, als in einigen Provinzen Österreichs, Niederösterreich und Kärnten vor<br />
allem, wieder gestaltvorschreibende „Baufibeln“ für die richtige Gestaltung des<br />
Bauens im ruralen Raum auftauchten. Die „Baufibeln“ sind inzwischen wieder<br />
verschwunden, geblieben ist aber beispielsweise der Glaube, dass Niederösterreichs<br />
baukulturelle Identität durch das Krüppelwalmdach zu definieren sei. Im<br />
eigentlichen leitbildformulierenden alpinen Raum hingegen hat sich vor allem<br />
bei den Villen der Reichen eine opulent-heimelige Bauernhof-Kopie, gemischt mit<br />
barocken Villen-Elementen und einem Schuss US-Südstaatenromantik, etabliert.<br />
Und das dunkle Holz der 1960er und 1970er Jahre wurde durch helles ersetzt.<br />
Was die „Baufibeln“ im Kern wollten, wird seit den 1980er Jahren durch die Bewegung<br />
und die Regeln des „New Urbanism“ professionell elaboriert und vollzogen.<br />
Sie verkörpern all das, was sich eine große Mehrheit als „Baukultur“ wünscht.<br />
Bebauungs-, Nutzungs- und Gestaltvorschriften für das harmonische kleine Dorf,<br />
das alle wünschen. Es bliebe also einzig die Frage, ob der „New Urbanism“ gegen<br />
den heutigen konsumistischen Individualismus durchsetzbar ist oder sein soll,<br />
und wenn ja, welche politischen Mechanismen dafür notwendig wären.<br />
Es gibt also einerseits den hemmungslosen Individualismus, der Siedlungsentwicklung<br />
und Baukultur entlang lokaler ökonomischer und politischer Kräfteverhältnisse gewichtet<br />
und damit den European urban sprawl erzeugt, und andererseits restriktive Verordnungen,<br />
die eine harmonische Baukultur erzeugen könnten.<br />
Beide Extreme sollen nur im Bewusstsein vorhanden sein, damit das, was „dazwischen“<br />
geschehen kann, strukturell zu verstehen ist. Dazwischen liegt die<br />
österreichische Realität und die Frage, ob sich „Baukultur“, was auch immer darunter<br />
verstanden wird, auf einer repräsentativen politischen Ebene koordinieren<br />
oder steuern lässt.<br />
<strong>Statements</strong><br />
Stadtgemeinde Schwechat<br />
Hannes Fazekas<br />
www.schwechat.gv.at<br />
Baukultur : Verantwortung<br />
Gesamtheitliche Planungs- und Baukultur 2.11<br />
1. Der Bund oder die „Moral des Staates“<br />
Die zahnlose Raumordnung ist das zentrale Problem Österreichs. Nur durch<br />
eine grundsätzliche Reform der Raumordnungsgesetze, die auch eine Sozialbindung<br />
des Grundeigentums – wie in der BRD – vorsehen, ist eine nachhaltige<br />
und volkswirtschaftlich verträgliche Raumentwicklung möglich.<br />
Ansonsten hat der Bund nur durch seine ausgegliederten Gesellschaften, wie<br />
BIG, ASFINAG, ÖBB etc., Wirkungsmöglichkeiten. Wobei aber zu prüfen ist, wie<br />
eine baukulturelle Verantwortung – Verfahren, Begutachtung, Vergabe, Kontrolle<br />
– gesetzlich oder vertraglich überbunden werden könnte.<br />
Bislang nicht erfasst sind Umfang und Summe der Planungs- und Bautätigkeiten,<br />
die noch über direkte Steuerungen einzelner Ministerien erfolgen.<br />
Wie passiert die Beratung und Entscheidungsfindung der BürgermeisterInnen?<br />
Als Baubehörde erster Instanz einerseits und als Entscheidungsträger in der Gemeinde<br />
andererseits stellen Bauangelegenheiten BürgermeisterInnen rechtlich und politisch vor<br />
besondere Herausforderungen. In Schwechat hat sich dazu in den vergangenen Jahrzehnten<br />
eine Entscheidungskultur entwickelt, der mehrere – oft voneinander unabhängige, aber<br />
bisweilen auch verzahnte – Prozesse zugrunde liegen.<br />
Die Basis aller Entscheidungen bildet – neben den legistischen Rahmenbedingungen und<br />
dem grundlegenden politischen Willen, bestimmte Bauvorhaben zu verwirklichen – ein<br />
modernes kommunales Entwicklungskonzept. Bauvorhaben werden vor allem auch<br />
dahingehend geprüft, ob sie den Anforderungen dieser Raumordnung entsprechen.<br />
Punktuell schreibt die Stadt auch Wettbewerbe aus oder fördert deren Durchführung.<br />
Jüngstes Beispiel dafür: ein Bebauungs- und Nutzungskonzept für ehemalige Brauerei-<br />
Gründe in Schwechat, das im Rahmen des „Europan 8“-Bewerbes entstanden ist.<br />
90 | 91