Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
118<br />
<strong>Erwählt</strong> <strong>vor</strong> <strong>Grundlegung</strong> <strong>der</strong> <strong>Welt</strong><br />
vergeben wird – o<strong>der</strong> wenn sie vergeben wird – erscheint sie<br />
äußerst bitter. Wenn Gott bei einem Menschen zu wirken beginnt,<br />
um ihm seine Sünden zu vergeben und ihn zu seinem<br />
Kind zu machen, lässt er ihn üblicherweise zuerst die ganze<br />
Scheußlichkeit seiner bösen Wege erkennen. Er lässt ihn mit<br />
festem Blick auf die Sünde starren, bis er wie David ausruft:<br />
»Meine Sünde ist stets <strong>vor</strong> mir« (Ps 51,5).<br />
Als ich selbst von meiner Sünde überführt wurde, sah ich<br />
in meinem Innern nichts Erfreuliches. In meiner Seele war<br />
nur Finsternis und ein toben<strong>der</strong> Sturm. Es war, als sei mir <strong>der</strong><br />
Schrecken auf meine Augen gemalt worden. Wie ein grimmiger<br />
Kammerherr zog die Schuld meine Bett<strong>vor</strong>hänge beiseite,<br />
sodass ich keine Ruhe fand, son<strong>der</strong>n in meinen Träumen den<br />
be<strong>vor</strong>stehenden Zorn erwartete. Ich spürte, dass ich Gott beleidigt<br />
hatte, und dass dies das Fürchterlichste war, was ein<br />
Mensch je tun könnte. Ich befand mich in Disharmonie mit<br />
meinem Schöpfer und mit dem Universum. Ich hatte mich<br />
selbst auf ewig verdammt und wun<strong>der</strong>te mich, dass ich nicht<br />
augenblicklich den unsterblichen Wurm an mir nagen fühlte.<br />
Sogar noch heute verursacht <strong>der</strong> Anblick von Sünde die<br />
schrecklichsten Empfindungen in meinem Herzen.<br />
Wer unter den hier Anwesenden diese Erfahrung o<strong>der</strong><br />
etwas Ähnliches ebenfalls durchgemacht hat, wird seither<br />
ein tiefes Grauen <strong>vor</strong> <strong>der</strong> Sünde haben. Ein gebranntes Kind<br />
scheut das Feuer. »Nein«, sagt <strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> zu seinem Verführer,<br />
»du hast mich schon einmal getäuscht, und die Folgen waren<br />
so furchtbar, dass ich mich nicht mehr in die Irre führen lasse.<br />
Ich wurde wie ein Holzscheit aus dem Feuer gerettet und kann<br />
nicht ins Feuer zurückgehen.« Wenn die Gnade wirkt, werden<br />
wir <strong>der</strong> Sünde überdrüssig; wir verabscheuen sowohl sie als<br />
auch ihre <strong>vor</strong>gegaukelten Freuden. Am liebsten würden wir sie<br />
aus unserem Wesen vollständig ausrotten. Sie ist verflucht, so<br />
wie Amalek es für Israel war. Mein Freund, wenn du nicht alles<br />
Sündige hasst, fürchte ich, bist du noch voll bitterer Galle, denn<br />
Liebe zur Heiligkeit und Abscheu <strong>vor</strong> jedem falschen Weg ist<br />
eine Frucht des Heiligen Geistes. Eine tiefe innere Erfahrung<br />
verbietet dem Kind Gottes zu sündigen. Es kennt aus eigener<br />
Erfahrung das Gericht und die Verdammnis, die <strong>der</strong> Sünde