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Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

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144<br />

– eine systematische und in strukturierte Form gebrachte Zusammenfassung aller <strong>für</strong><br />

eine neue Verfassung erforderlichen Bestimmungen dar, anhand derer es wesentlich<br />

leichter fällt, weiterführende Verhandlungen vorzunehmen als aufgrund einer Unmenge<br />

an Textvorschlägen, die einer solchen Struktur verständlicherweise entbehren muss.<br />

Nicht zuletzt waren gleichartige Überlegungen auch im Zusammenhang mit der Schaf-<br />

fung der Verfassung <strong>für</strong> die Europäische Union da<strong>für</strong> ausschlaggebend, dass sich der<br />

Vorsitzende des Europäischen Konvents im Jahre 2003 dazu entschloss, einen Entwurf<br />

im Alleingang vorzulegen, obwohl noch zahlreiche Bestimmungen in Diskussion stan-<br />

den und keiner einvernehmlichen Lösung zugeführt worden waren. Seine Vorgangs-<br />

weise war letztlich auch erfolgreich; denn obwohl es zu dem von ihm erstellten Verfas-<br />

sungsentwurf <strong>für</strong> die Europäische Union in den anschließenden Verhandlungen nahezu<br />

100 Abänderungen gab, wurde doch – überwiegend – begrüßt, dass diese Verhandlun-<br />

gen strukturiert und gezielt geführt werden konnten und schließlich in eine gemein-<br />

same Fassung mündeten.<br />

Die im Rahmen der Europäischen Union gewählte Vorgangsweise sollte daher auch in<br />

Österreich als Vorbild dienen, und man sollte nicht darüber klagen, dass vom Vor-<br />

sitzenden ein Entwurf ausgearbeitet wurde. Dass es im Zusammenhang mit diesen<br />

Klagen auch sprachliche Ausritte gab, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, so<br />

etwa die Behauptung, der Vorsitzende habe mit seinem Entwurf dem Konvent den<br />

„Dolchstoß“ versetzt. Abgesehen von der sachlich unhaltbaren Unterstellung mutet<br />

diese verbale Anleihe aus einem überkommenen Politjargon im 21. Jahrhundert<br />

befremdend an.<br />

5. Es sei besser, auf eine neue Verfassung zu verzichten und nur eine Novelle der<br />

bestehenden Verfassung zu beschließen<br />

Unter <strong>Politik</strong>ern und Wissenschaftern, darunter auch Mitgliedern des Konvents, die<br />

sich bereits zu Beginn oder während der Beratungen des Konvents skeptisch über<br />

dessen Erfolgsaussichten äußerten, gibt es einige, die im Verfassungsentwurf Neue-<br />

rungen vorfinden, die ihnen sehr genehm sind und an denen sie Interesse haben, dass<br />

sie – noch dazu möglichst bald – vom Verfassungsgesetzgeber auch beschlossen wer-<br />

den. Da andere Teile des Verfassungsentwurfs bei ihnen auf Ablehnung oder Desinter-<br />

esse stoßen, treten sie da<strong>für</strong> ein, ausschließlich die von ihnen präferierten Bestimmun-<br />

gen in einer – bloßen – Novelle zur bestehenden Verfassung zu verabschieden und auf<br />

den übrigen Regelungsinhalt des Entwurfs und demgemäß auch auf eine neue Verfas-<br />

sung zu verzichten.<br />

Abgesehen davon, dass sich diese Einstellung nicht mit den Intentionen des Grün-<br />

dungskomitees, das ausdrücklich eine neue Verfassung ausgearbeitet wissen wollte,<br />

zur Deckung bringen lässt, wird von den Be<strong>für</strong>wortern einer solchen „kleinen Lösung“<br />

übersehen, dass sie mit ihrer jeweiligen Vorstellung nicht alleine sind, sondern dass es

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