19.12.2012 Aufrufe

Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

schulwesens eine Vorstellung davon besteht, was „Wissenschaft“ überhaupt ist. 29<br />

Besonders simple Geister verkünden öffentlich, dass es nicht Aufgabe der Fachhoch-<br />

schulen sei, Wissenschaft zu treiben, sondern Lehre anzubieten; und sie schmälern damit<br />

die Chancen des Sektors in einer „Wissensgesellschaft“ in gewaltigem Ausmaß. Die Idee,<br />

dass Fachhochschulen Forschung, wenn auch angewandte, zu treiben hätten, verwerfen<br />

sie, weil sie beim Wort „Wissenschaft“ nichts anderes als Praxisferne und Unbrauch-<br />

barkeit assoziieren. Für die Abnehmer aus der Wirtschaft zählen natürlich in der Tat<br />

schnell einsetzbare Absolventen, die jung und willig – und vor allem auch billiger –<br />

sein sollen. Auch die handsame Übernahme diverser Managementpraktiken trägt zur<br />

Schädigung des Sektors bei. Wer etwa glaubt, Benchmarking machen zu müssen, sollte<br />

sich im Klaren sein, was er vergleicht. Wer Evaluierungen vornimmt, sollte eine Vorstellung<br />

davon haben, was die Kriterien im Evaluierungspaket tatsächlich bedeuten. Und wer<br />

glaubt, Innovationen durch den Einsatz von Balanced Scorecards auslösen zu können, ist<br />

ohnehin ein hoffnungsloser Fall. (Alle diese Entwicklungen zeichnen sich natürlich mitt-<br />

lerweile auch bei den Universitäten ab, doch setzen sie sich dort mit einiger Verspätung<br />

durch).<br />

242<br />

Der bildungspolitische Obskurantismus wird übertüncht von einem aktuell gern<br />

gesehenen Bildungsbluff, demzufolge in den Fachhochschulen personelle Inkarnationen<br />

von Praxistüchtigkeit und Führungspotenzial erzeugt werden. Der robuste Alltagspragma-<br />

tismus sieht eher den Wert einer konkreten Projekterledigung als jenen von Umwegsren-<br />

tabilitäten: Kurzsichtigkeit statt Visionsfreude; Abarbeiten statt Vordenken. Innovation<br />

kommt solchen Vorstellungen zufolge nicht aus einem breiten Horizont, sondern aus<br />

einem Seminar über Kreativitätstechniken. Beim Brainstorming kommt aber nichts her-<br />

aus, wenn es dem Brain an Material mangelt. In der wirklichen Welt wird „tacit knowledge“<br />

wichtiger, in den Institutionen sind es „loud voices“. 30 Propaganda tritt an die Stelle von<br />

Wahrheit: ein Weg, der auch den Universitäten <strong>für</strong> die Zukunft dringlich anempfohlen<br />

wird. Erfolgsindikatoren sind konkrete und verkaufbare Produkte, auch dickere und pro-<br />

fessionellere Projektberichte, in denen nichts Interessantes steht. Die Wissenschaftlichkeit<br />

soll nach dem neuen Entwicklungsplan durch weitere Förderungsprogramme angehoben<br />

werden. 31 Dass dies – wie der Plan verkündet – eine Chance bedeutet, regionale For-<br />

schungszentren abseits der herkömmlichen Hochschulstandorte aufzubauen, ist wohl nur<br />

als Geste an ehrgeizige Bürgermeister zu verstehen, es ist aber bei einem Blick auf die<br />

internationale Forschungsszene wohl illusorisch.<br />

Auch das Erfordernis der Internationalität wird in diesem Entwicklungsplan einge-<br />

mahnt. Die Fachhochschulen sind neue Spieler auf der Bildungsszene, sie sind deshalb<br />

<strong>für</strong> ausländische Kooperationspartner oder incoming-Studierende kaum attraktiv. Aber sie<br />

sollen, ebenso wie die Universitäten, „internationaler“ werden, insbesondere soll der Stu-<br />

dierendenaustausch forciert werden. Das verbindet sich zwar mit keinen greifbaren Zielen,<br />

aber jeder Auslandsaufenthalt ist bereichernd. 32

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!