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Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

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nach wie vor an einer Legaldefinition, so dass in richterlicher Rechtsfortbildung die Trias<br />

„Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft“ bislang der beste Versuch erscheint,<br />

den Begriff „Lebensgemeinschaft“ operativ handhabbar zu machen.<br />

78<br />

All diesen positiven Entwicklungen zum Trotz blieben aber homosexuelle Beziehun-<br />

gen bislang von den meisten dieser Regelungen ausgeschlossen. Ob Zeugenentschla-<br />

gungsrecht, Mietzinsbeihilfe, Pflegefreistellung, Familienhospizkarenz, Konkursrecht und<br />

Mietrecht – um nur einige Beispiele zu nennen: Homosexuelle Partner sehen sich mit<br />

ihren Bedürfnissen und Ansprüchen nach wie vor einem Rechtsvakuum gegenüber, wel-<br />

ches der Europäische Gerichtshof <strong>für</strong> Menschenrechte (EuGMR) schon öfters zum Anlass<br />

nahm, um Österreich rechtskräftig zu verurteilen. Letztlich geht es immer um die gleiche<br />

Frage: Entspricht es dem Gebot der Gleichbehandlung, dass heterosexuelle und homose-<br />

xuelle Lebensgemeinschaften die gleichen Rechte und Pflichten haben, oder gibt es aus-<br />

reichende sachliche Gründe, die eine Differenzierung rechtfertigen? Und der EuGMR ist in<br />

ständiger Rechtssprechung schon lange der Meinung, dass sehr gewichtige Gründe vorge-<br />

bracht werden müssen, um eine unterschiedliche Behandlung allein durch das Geschlecht<br />

zu rechtfertigen (vgl. Karner gegen Österreich, 27.7.2003).<br />

Eingetragene Lebensgemeinschaft<br />

Im Sommer <strong>2004</strong> kam es letztlich zu einem neuerlichen Vorstoß meinerseits, die<br />

leider noch immer vorherrschende Menschenrechtsblindheit Österreichs, homosexuelle<br />

Paare und ihre Bedürfnisse zu übersehen, zu beenden und einen breiten Diskussionspro-<br />

zess über Wirkung und Reichweite der Menschenrechte, insbesondere des Gleichheitssat-<br />

zes und darauf fußender Diskriminierungsverbote, zu starten. Motiviert durch zahllose<br />

Gespräche mit Betroffenen, die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes <strong>für</strong><br />

Menschenrechte und der Gesetzgebung der rot-grünen Koalition in Deutschland, setzte<br />

ich mich <strong>für</strong> die Schaffung eines Gesetzes über eingetragene Lebensgemeinschaften und<br />

einer Rodung der diskriminierenden Bestimmungen im österreichischen Recht ein. Dieser<br />

Vorschlag, das Rechtsinstitut einer „eingetragenen Lebensgemeinschaft“ zu schaffen, hat<br />

zum Inhalt, dass die Form und Voraussetzungen einer Lebenspartnerschaft unter Homo-<br />

sexuellen geregelt wird. Darunter fallen die gegenseitige Unterstützung und Fürsorge, die<br />

Annahme eines Lebenspartnerschaftsnamens analog den eherechtlichen Regelungen, die<br />

vermögensrechtlichen Konsequenzen, die Folgen einer Trennung oder eines Todesfalls<br />

und allfällige sozialversicherungsrechtliche und zivilrechtliche Regelungen. Nicht vorge-<br />

schlagen habe ich – trotz ausführlicher medialer Diskussion – die „Ehe“ zwischen homo-<br />

sexuellen Partnern, diese ist und soll heterosexuellen Partnern vorbehalten bleiben, die<br />

einkommenssteuerliche Gleichbehandlung zwischen Lebenspartnerschaften und Fami-<br />

lien, sowie die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare.

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