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Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

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Gleich viel Recht <strong>für</strong> gleich viel Liebe! Christopher Drexler<br />

Wann immer, wo immer sich <strong>Politik</strong> mit sexueller Orientierung oder Identität beschäf-<br />

tigt bzw. zu beschäftigen hat, wird die Fantasie vieler auf das Äußerste strapaziert: Wie<br />

kann man nur? Darf man das? Jedoch: Mann und Frau können und dürfen! Und üblicher-<br />

weise lässt es auch die <strong>Politik</strong> damit bewenden. Was hinter den Vorhängen des privaten<br />

Schlafzimmers passiert, ist ihr einerlei! Nicht so bei homosexuellen Beziehungen. Hier sah<br />

sich die <strong>Politik</strong> veranlasst hinzuschauen und zu verbieten. Bis 1971 waren homosexuelle<br />

Beziehungen überhaupt verboten. Danach beschränkte man sich auf das Verbot von<br />

homosexueller Prostitution, von Werbung <strong>für</strong> Unzucht mit Personen des gleichen<br />

Geschlechts, von Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Unzucht und<br />

von gleichgeschlechtlicher Unzucht mit Personen unter 18 Jahren. Letztere strafrechtliche<br />

Bestimmung – der mittlerweile prominente § 209 StGB – wurde erst im Juni 2002 aufge-<br />

hoben und durch den § 207b StGB ersetzt. Dieser verbietet nunmehr das Ausnutzen einer<br />

Zwangslage, homosexuelle Kontakte gegen Entgelt und das Ausnutzen mangelnder Reife.<br />

Österreich brauchte also mehr als zwanzig Jahre, um diese diskriminierenden strafrechtli-<br />

chen Bestimmungen aus dem Rechtsbestand zu entfernen. Anzumerken bleibt aber, dass<br />

die <strong>Politik</strong> erst durch den Europäischen Gerichtshof <strong>für</strong> Menschenrechte, den Verfassungs-<br />

gerichtshof und den Obersten Gerichtshof motiviert werden konnte, ihre gesetzgeberische<br />

Praxis zu überdenken.<br />

Rechtliche Regelungen <strong>für</strong> heterosexuelle Partnerschaften<br />

Neben diesen notwendigen Änderungen im Strafrecht reagierte die <strong>Politik</strong> auch auf<br />

die größer werdende Zahl an Partnerschaften abseits der Ehe. So fanden „Lebensgemein-<br />

schaften“ zwischen heterosexuellen Partnern Eingang in die österreichische Rechtsord-<br />

nung und diese können sich auf folgende Regelungen berufen: Lebensgefährten können<br />

sich nunmehr zu Recht der Aussage im Strafverfahren entschlagen, sehen sich mit einer<br />

günstigeren Bestrafung bei der so genannten Begehung im Familienkreis (§ 166 StGB)<br />

konfrontiert und können auch die Strafausschließungsgründe bei Begünstigung von Ange-<br />

hörigen (§ 299 Abs. 3 StGB) in Anspruch nehmen. Im Sozialversicherungsrecht können<br />

Lebensgefährten die Mitversicherung beanspruchen und bei faktischer Unterhaltsleistung<br />

den Familienzuschlag beantragen. Im Einkommensteuerrecht ist die „Lebensgemein-<br />

schaft“ ebenfalls anerkannt und führt u.U. zum Alleinverdienerabsetzbetrag. Im Zivilrecht<br />

ist das Eintrittsrecht in das Mietrecht des verstorbenen Lebensgefährten geregelt und<br />

nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz ist bei heterosexuellen Lebensgemeinschaften<br />

die künstliche Befruchtung zulässig. Trotz dieser beachtlichen Fortschritte fehlt es aber<br />

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