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Steirisches Jahrbuch für Politik 2004 - Steirische Volkspartei

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ums und der unabhängigen richterlichen Entscheidung. Freilich wird in totalitären<br />

Systemen gerade deswegen direkte Demokratie als Herrschaftsinstrument eingesetzt.<br />

– Grundsätzliche Öffentlichkeit des Staatshandelns in Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und<br />

Verwaltung. 8 So wird seit 1849 <strong>für</strong> eine geregelte Publikation der Gesetze gesorgt. Seit<br />

Alters her zählen die Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen und seltener auch die<br />

Öffentlichkeit der Beratung (wie in der Schweiz) so wie jedenfalls die Öffentlichkeit der<br />

Urteilsverkündung zu den großen Errungenschaften der Moderne. Artikel 90 (1) B-VG<br />

ordnet <strong>für</strong> die Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtssachen die Mündlichkeit und<br />

Öffentlichkeit an, wenn auch durch Gesetz zu bestimmende Ausnahmen zulässig sind.<br />

Die österreichische Moderne der Rechtsordnung 9 beginnt in der maria-theresia-<br />

nisch-josephinischen Reformperiode, setzt sich 1848/49 fort und erreicht in vielem den<br />

uns vertrauten Status in der Dezemberverfassung 1867, wobei <strong>für</strong> unser Thema dem<br />

Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867, RGBl. Nr. 144, über die richterliche Gewalt,<br />

besondere Bedeutung zukommt, in dem bereits mit fast gleichlautenden Formulierungen<br />

wie im B-VG 1920 im Artikel 6 die richterliche Unabhängigkeit und im Artikel 14 die Tren-<br />

nung der Verwaltung von der Justiz in allen Instanzen normiert werden.<br />

Über diese den österreichischen Juristen vertrauten Details hinausgehend, möchte<br />

ich zum Abschluss dieses entwicklungsgeschichtlichen Einstiegs noch darauf verweisen,<br />

dass Grundrechte und Gerichtsorganisation beharrliche Bestandskraft über Katastrophen<br />

und Zäsuren hinweg (zwei Weltkriege, Übergang von der Monarchie zur Republik, Autori-<br />

tarismus und Totalitarismus, Besatzungszeit) bis zur europäischen Integration entfalteten.<br />

Noch immer klingen die großen Diskussionen der Aufklärungsjuristen, dann der stürmi-<br />

schen Öffentlichkeit der Jahre 1848/49 sowie 1862 und 1867 nach und sind als Recht<br />

kondensiert und positiviert, wenn auch etwa bei den Grundrechten mit der EMRK und in<br />

Zukunft wohl mit einer europäischen Grundrechte-Charta im Rahmen der EU-Verfassung<br />

zusätzliche Schichten dazukamen.<br />

Wir dürfen nicht mit imperialem Stolz auf die Geschichte der Habsburgermonarchie<br />

zurückblicken. Es gelang uns nicht, die durch Autonomisierung und politische Partizipa-<br />

tion gefestigte Vielfalt und Einheit des Reiches zu konstruieren und aufrecht zu erhalten.<br />

Aber Österreich ist in seiner Geschichte auch ein rechtliches „Laboratorium“ der soziokul-<br />

turellen Entwicklung gewesen und wird von den Nachfolgestaaten, jetzt gleichsam „revita-<br />

lisiert“, als Schule der <strong>Politik</strong> und gerade des Rechtes samt seiner Durchsetzung, nicht<br />

zuletzt durch rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit, empfunden, wie gerade die „Umorientie-<br />

rung“ der Ukraine im Winter <strong>2004</strong>/05 zeigt.<br />

3. Das Oberlandesgericht Graz in Monarchie und Republik<br />

In meinen historischen Ausführungen über das Oberlandesgericht Graz, dessen<br />

150-jähriges Bestehen wir heute feiern, stütze ich mich in so gut wie allen Details neben<br />

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