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Nr. 69 - Winter 2018-2019

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier Chantals Rezept: les encornets à la Sétoise

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland
Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue
Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier
Chantals Rezept: les encornets à la Sétoise

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Jura<br />

Vorhergehende Seiten und<br />

rechts: Das Spielzeugmuseum<br />

in Moirans-en-Montagne wurde<br />

1989 eröffnet und besitzt eine<br />

der größten Sammlungen<br />

an Spielzeugen, in der man<br />

neben Klassikern wie Sophie<br />

la girafe auch Unikate findet.<br />

Ende des Mittelalters begann – wie bei so vielen anderen<br />

Abteien – der Einfluss der Abbaye Saint-Claude<br />

allmählich zu sinken. Es kamen immer weniger Pilger,<br />

folglich ging die Nachfrage nach Devotionalien zurück.<br />

Der Niedergang, so spürten alle, schien unvermeidlich zu<br />

sein. 1789 läutete die Französische Revolution dann das<br />

Ende des Pilgerstroms und damit dieses Handels ein. In<br />

der Region schloss sich ein Kapitel der Geschichte. Doch<br />

für die Bauern, von denen die meisten inzwischen offiziell<br />

das Drechselhandwerk betrieben, kam es gar nicht<br />

infrage, diese handwerkliche Tätigkeit so einfach wieder<br />

aufzugeben. Wenn die Nachfrage durch die Pilger nicht<br />

mehr gegeben war, so war das eine Sache. Ihrem traditionellen<br />

Handwerk, davon waren sie überzeugt, hatte das<br />

letzte Stündlein noch nicht geschlagen. Bereits seit einiger<br />

Zeit hatten sie bemerkt, dass der Wind sich zu drehen<br />

begann: Die Devotionalien für die Pilger hatten für sie<br />

damals bereits nur noch einen marginalen Stellenwert.<br />

Die Nachfrage aber nach Alltagsgegenständen und Spielzeugen<br />

aus Holz – mochten diese auch noch so einfach<br />

sein – war nach wie vor vorhanden.<br />

Die Drechsler taten gut daran, hartnäckig zu bleiben,<br />

denn durch die sukzessive Verbesserung der Produktionstechnik<br />

entwickelte sich die handwerkliche Fertigung in<br />

diesem Tal im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer richtigen<br />

Holzspielzeugindustrie. Und wieder waren es die natürlichen<br />

Gegebenheiten, die einen großen Sprung nach<br />

vorn ermöglichten: Die zahlreichen Sturzbäche, Flüsse<br />

und Wasserfälle in der Umgebung wurden um 1830 in<br />

den Dienst dieses Industriezweigs gestellt. Mit der durch<br />

sie erzeugten Wasserkraft konnten die Drechselbänke in<br />

den zahlreichen Mühlen angetrieben werden, die eigens<br />

zu diesem Zweck im Tal und darüber hinaus – ungefähr<br />

in einem Dreieck, das sich im Norden bis Lons-le-Saunier,<br />

im Osten bis Morez und im Süden bis Nantua erstreckte<br />

– errichtet wurden.<br />

Obwohl sich die Technik verbessert hatte, waren die<br />

in Moirans hergestellten Spielzeuge Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

immer noch relativ einfach. Es handelte sich im<br />

Wesentlichen um Kegel, Flöten und Pfeifen. Dennoch<br />

wurde die Gemeinde mit der Zeit immer bekannter.<br />

Dazu beigetragen hat ein kleines Produkt namens<br />

« Bibi »: eine Pfeife, auf deren Ende man<br />

einen Luftballon stecken konnte. Sie<br />

wurde so beliebt und in so großer<br />

Zahl verkauft, dass Moirans sogar<br />

den Spitznamen « Bibiville » bekam!<br />

Es war das erste große « Erfolgsprodukt<br />

», das über die Ortsgrenzen<br />

hinaus « exportiert » wurde<br />

und dazu beitrug, den<br />

Bekanntheitsgrad<br />

von Moirans zu<br />

steigern.<br />

Mit der Zeit<br />

begannen die<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>Winter</strong> <strong>2018</strong>/<strong>2019</strong>

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