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Nr. 69 - Winter 2018-2019

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier Chantals Rezept: les encornets à la Sétoise

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland
Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue
Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier
Chantals Rezept: les encornets à la Sétoise

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und originellen Formen, Süßigkeiten,<br />

die an die Helden ihrer Filme,<br />

Serien und Comics erinnern. Das<br />

hat also nichts mehr mit dem Auftritt<br />

einer Vichy-Pastille oder eines<br />

Carambar-Riegels zu tun.<br />

Die Franzosen, ihre politischen Vertreter<br />

eingeschlossen, waren ihren ach so<br />

geliebten Süßigkeiten gegenüber manchmal<br />

sogar richtig undankbar: Im März 2017 wollte ein<br />

Politiker während der Wahlkampagne für Emmanuel<br />

Macron den Wählern der Stadt Toulouse mit einer<br />

süßen Aufmerksamkeit eine Freude machen. Er kaufte<br />

in einem Geschäft für 102,80 € insgesamt 17,8 Kilo<br />

Schaumzucker-Erdbeeren von Haribo und ließ damit<br />

die nationalen Süßwaren einfach links liegen.<br />

Das bekam ihm schlecht. Der – zudem erfahrene<br />

– Politiker versuchte, dies als Ausgabe für die<br />

Wahlkampagne des späteren Präsidenten der<br />

Republik abzurechnen, was von der Commission<br />

Nationale des Comptes de Campagne<br />

(CNCCFP), der Nationalen Kommission für<br />

Wahlkampfabrechnung, abgelehnt wurde …<br />

Diese Anekdote ist nur ein kleines Beispiel dafür,<br />

wie sich die Zukunft der französischen Süßwaren durch<br />

Nichtbeachtung verdüsterte. Es fehlte an vorausschauendem<br />

Denken, an Forschung, an Investitionen, und so<br />

gingen viele französische Marken dieser Branche langsam<br />

zugrunde oder wurden durch ausländische Unternehmen<br />

übernommen. 2010 kaufte beispielsweise der amerikanische<br />

Nahrungsmittelriese Mondelez mehrere legendäre<br />

französische Marken. Erstaunlicherweise nahm davon<br />

niemand Notiz: Malabar und Carambar in amerikanischem<br />

Besitz? Das schien sich in Frankreich nicht herumgesprochen<br />

zu haben. Schließlich waren diese Produkte<br />

im Handel immer noch präsent und schmeckten immer<br />

noch gleich. Worüber sollte man sich da Sorgen machen?<br />

Was Mondelez angeht, so wurde das Unternehmen der<br />

Produkte bald überdrüssig, da sie im Grunde genommen<br />

zu eng mit dem französischen Markt verknüpft waren,<br />

und stellte die Investitionen ein. In den Fabriken produzierten<br />

die Mitarbeiter zwar weiter die Süßigkeiten, doch<br />

niemand glaubte mehr so recht an die Marken. Für das<br />

deutsche Unternehmen Haribo war dies ein « gefundenes<br />

Fressen », denn aufgrund dieser Situation konnte es seinen<br />

Marktanteil auf 40 % ausbauen und die Nummer eins in<br />

dieser Branche im Hexagon werden.<br />

Eine bunte Süßwarenmischung<br />

wieder unter demselben Dach vereint<br />

Obwohl die Zukunft der französischen Süßwaren<br />

also höchst unsicher war, beschloss die Investmentgesellschaft<br />

Eurazeo (die Vermögenswerte im Wert von 15<br />

Milliarden Euro verwaltet) im Mai 2017, die legendären<br />

französischen Marken zu kaufen. Das zu diesem Zweck<br />

neu gegründete Unternehmen<br />

Carambar & Co sollte ihnen wieder<br />

neues Leben einhauchen. Seitdem<br />

sind unter dem Dach von Carambar<br />

& Co 12 Kultmarken – unter anderem<br />

Carambar, Malabar, Suchard, Kaba,<br />

Vichy – zusammengefasst: eine schöne<br />

Mischung der berühmtesten französischen<br />

Süßigkeiten. Vor allem aber<br />

hat Eurazeo dem Unternehmen durch<br />

Investitionen in Höhe von 220 Millionen<br />

Euro bedeutende Mittel an die Hand gegeben:<br />

Genug, um diese Marken aus ihrem<br />

Dornröschenschlaf zu wecken und ihnen<br />

wieder eine neue Dynamik zu verleihen, sie<br />

weiterzuentwickeln. Allein das Marketing-<br />

und Kommunikationsbudget wurde<br />

innerhalb weniger Monate verdreifacht.<br />

Es wurden Forschungszentren gegründet,<br />

um neue Produkte zu<br />

entwickeln, die den heutigen Konsumentenbedürfnissen<br />

entsprechen.<br />

Kurz: Die kleine Welt der französischen<br />

Süßwaren lebt wieder auf!<br />

Ziel: Haribo Kontra bieten und<br />

Marktanteile wegnehmen<br />

Das Unternehmen Carambar & Co hat heute einen<br />

Anteil von 17 % an diesem Markt in Frankreich. Damit<br />

will man sich aber nicht zufriedengeben. Das Ziel ist<br />

klar: investieren, sich mit anderen Herstellern zusammenschließen<br />

– diese im Notfall kaufen – und dem deutschen<br />

Großunternehmen Haribo Kontra bieten, indem man auf<br />

Made in France setzt. Eine ehrgeizige Zielsetzung!<br />

Diesen Herbst hat Carambar & Co darüber informiert,<br />

dass man in Verhandlungen mit Lutti ist, einer Tochtergesellschaft<br />

des deutschen Unternehmens Katjes. Das hat<br />

in der Welt der Süßwaren ein kleines Erdbeben ausgelöst.<br />

Lutti ist in Frankreich die Nummer drei in dieser Branche<br />

und besitzt beispielsweise die Marken Arlequin und<br />

Scoubidou. Die Annäherung dürfte bis Jahresende unter<br />

Dach und Fach sein. Durch die Bündelung der Marktanteile<br />

(17 % von Carambar & Co sowie 12 % von Lutti, also<br />

insgesamt 29 %) würde ein ernstzunehmender Konkurrent<br />

entstehen, der besser in der Lage wäre, Haribo (38,7 %)<br />

die Stirn zu bieten. 2016 hatte Haribo sein berühmtes<br />

Kaubonbon mit Fruchtgeschmack Maoam (d e r B e g r i ff<br />

steht für « Mundet allen ohne Ausnahme ») auf dem französischen<br />

Markt lanciert und damit Carambar den Krieg<br />

erklärt. Das deutsche Unternehmen wollte dadurch seine<br />

Führungsposition im Hexagon ausbauen. Heute geht nun<br />

Carambar & Co in die Offensive. Carambar gegen Haribo:<br />

Die Herausforderung ist riskant. Auf alle Fälle werden<br />

die deutschen und französischen Naschkatzen den Kampf<br />

aufmerksam verfolgen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Winter</strong> <strong>2018</strong>/<strong>2019</strong> · <strong>69</strong>

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