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Nr. 69 - Winter 2018-2019

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier Chantals Rezept: les encornets à la Sétoise

Weihnachten im Jura: vom Rosenkranz zum Spielzeugland
Provence: Tanzende Flamingos in der Camargue
Elsass: Kaysersberg: eines der Lieblingsdörfer der Franzosen
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine Rechenaufgabe für Le Corbusier
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dass Sabine gar nicht mich persönlich gemeint hatte,<br />

sondern dass ihre Bemerkung im Grunde viel pauschaler<br />

gemeint war: « Wenn ich in Frankreich den Ausspruch pas<br />

de problème höre, dann ist das für mich keine Beruhigung,<br />

sondern eher ein Grund zur Beunruhigung … Denn oft<br />

kommt es gerade dann in der Folge zu Problemen! », hatte<br />

Sabine nämlich gesagt – mit einem breiten Lächeln übrigens.<br />

Und plötzlich ging mir der wahre Sinn ihrer Äußerung<br />

auf: Abgesehen von meinem konkreten Fall, war<br />

dies eine interessante Feststellung über eine sprachliche<br />

Angewohnheit – womöglich sogar über einen Tick – die<br />

sie offensichtlich bei vielen ihrer Gesprächspartnern bemerkte.<br />

Eine typisch französische « Marotte », die ihr als<br />

Deutsche in diesem Ausmaß fremd war und sie daher<br />

stutzig machte. Ein echter Kulturschock also!<br />

Ich begann daher, auf meine eigenen Sprachgewohnheiten<br />

und auf die meiner Kollegen zu achten. Hat Sabine<br />

recht? Benutzen wir Franzosen leidenschaftlich gerne die<br />

Wendung pas de problème? Eine kleine Analyse meiner<br />

Mailbox gab<br />

mir relativ schnell<br />

eine ungefähre<br />

Vorstellung:<br />

Die Suche<br />

nach dem<br />

Begriff<br />

pas de problème brachte umgehend … 313 Ergebnisse! 313<br />

Mal war dieser Begriff in meinen Mails enthalten – und<br />

das nur in den letzten beiden Monaten! Äußerst erstaunt<br />

über das Resultat machte ich mich daran, die Suche zu<br />

verfeinern, indem ich sie auf Nachrichten einschränkte,<br />

die ich selbst verschickt hatte. Auch hier sprach das<br />

Ergebnis Bände: 134 Treffer! Rein rechnerisch hatte ich<br />

selbst also in den letzten beiden Monaten im Durchschnitt<br />

mehr als zweimal pro Tag meine Gesprächspartner<br />

mit « kein Problem » beschwichtigt. Und das war nur<br />

die Auswertung meiner Mails!<br />

Diese Entdeckung amüsierte mich in gewisser Weise<br />

und, ohne es Sabine zu gestehen, begann ich in der<br />

schriftlichen und mündlichen Konversation darauf zu<br />

achten. Wenn ich im Laufe des Tages die Entgegnung<br />

pas de problème hörte oder las, machte ich jedes Mal, ohne<br />

etwas zu sagen, in Gedanken ein kleines Kreuz in meinem<br />

Gedächtnis. Dabei kam ich um die Feststellung nicht<br />

umhin, dass es viele Kreuze waren: Ich begegnete einer<br />

wahren Flut an pas de problème und, wie mir sehr schnell<br />

bewusst wurde: Die Variante pas de souci ist ebenso verbreitet.<br />

Sabine hatte also die Situation richtig analysiert,<br />

es ist fast eine Art Sprachtick.<br />

So sehr ich mich dann auch bemühte, bei meinen<br />

deutschen Kollegen einen ebenso häufig benutzten äquivalenten<br />

Ausdruck auszumachen, es gelang mir nicht.<br />

Natürlich hört man da auch einmal « Mach dir keine<br />

Sorgen » oder « Kein Problem », aber nicht ständig, bei<br />

Weitem nicht im selben Ausmaß. Ich griff also das Thema<br />

Sabine gegenüber wieder auf und fragte sie, wie dies<br />

möglich sei: « Wie macht ihr das in Deutschland, wenn<br />

ihr mit einer Erwartung konfrontiert seid, auf welche<br />

Weise macht ihr Zusagen? » Die Antwort von Sabine<br />

machte mich erneut nachdenklich: « Vielleicht sind<br />

wir einfach pragmatischer oder auch nur realistischer. »<br />

Wollen also die Franzosen mit einer Aussage wie pas de<br />

problème im Grunde eine ungenaue Antwort geben, sich<br />

nicht verpflichten, vielleicht sogar – mehr oder weniger<br />

unbewusst – ein sich abzeichnendes Problem umgehen?<br />

Oder sind sie sich gar nicht darüber im Klaren, dass<br />

ein Problem auftauchen könnte? Vermutlich ist es einfach<br />

eine Art, sich von den Ereignissen « treiben » zu<br />

lassen, die Dinge mit einer gewissen « Gelassenheit » zu<br />

nehmen. Eine Art zu sagen: « Wir werden schon sehen,<br />

kein Grund zur Beunruhigung …! » Dass dies manchmal<br />

verwirren oder sogar auf die Nerven gehen kann, kann ich<br />

gut nachvollziehen!<br />

Eines ist auf jeden Fall sicher: Inzwischen achte<br />

ich ganz besonders darauf, ob und wann ich den<br />

Ausdruck pas de problème verwende, und versuche, in<br />

meinen Antworten präziser zu sein. Und dabei geht<br />

es mir nicht schlechter, ganz im Gegenteil. Merci<br />

Sabine!<br />

Frankreich erleben · <strong>Winter</strong> <strong>2018</strong>/<strong>2019</strong> · 95

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