Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
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Jahreskonferenz 2008 von <strong>Netzwerk</strong> <strong>Recherche</strong> – READER für Samstag, 14. Juni 2008<br />
schallend lache. Freie wissen nach einiger Zeit sehr gut von selbst, wie sie sich am Besten passend<br />
machen, das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand. Umgekehrt ist der Umgang der<br />
Redakteure/Verlage mit Freien großteils ein Skandal.<br />
6.) Was könnten die Gewerkschaften besser machen?<br />
Solange sie die Interessen von zwei sich gegenüberstehenden Parteien vertreten wollen, wohl nichts.<br />
So hat sich die Lage aus meiner Sicht entwickelt.<br />
7.) Braucht es eine eigene Institution für die Vertretung der Freien-Interessen? Welche Ziele sollte ein<br />
solcher Zusammenschluss verfolgen?<br />
Ja. Er sollte das extreme Ungleichgewicht im Verhältnis Redaktion/Verlag-Freier durch eine<br />
gebündelte Streik- und Vertretungsmacht ausgleichen.<br />
8.) Könnte eine Freien-Vereinigung auch innerhalb der Gewerkschaften wirken?<br />
Siehe oben.<br />
9.) Warum arbeiten so viele Journalisten als Freiberufler? Nur aus der Not heraus, keinen festen Job<br />
zu bekommen? Oder gibt es dafür gute Gründe?<br />
Woher soll ich das wissen? Ich vermute stark, dass es aus der Not heraus geschieht. Daraus<br />
entwickelt sich dann der Selbstläufer: Solange so viele bereit sind, für jede noch so unzumutbare<br />
Bedingung weiterzumachen, muss ja gar kein Verlag über sich nachdenken.<br />
10.) Gibt es jenseits von Verlagen und Sendern alternative Finanzierungsmöglichkeiten? Zum Beispiel<br />
Blogs oder PR-Arbeit?<br />
Meine persönliche Meinung: Von den allermeisten Blogs halte ich nichts. Zu PR-Arbeit: Ja, auch ich<br />
habe PR-Arbeit gemacht, auch unter Pseudonym geschrieben, aber immer mit dem bohrenden<br />
schlechten Gewissen, dass das sich doch eigentlich nicht gehört, dass es die Glaubwürdigkeit<br />
untergräbt. Ich finde es schlimm genug, dass man den Freien überhaupt zumuten will, sich irgendwie<br />
anders zu finanzieren als über ihren Beruf. Wenn der genauso zur Freizeitbeschäftigung wird, wie es<br />
ja inzwischen auch bei Fotografen massiv der Fall ist, was soll das dann noch für ein Beruf sein? Es<br />
ist dann keiner mehr, wird mit Recht nicht mehr ernst genommen.<br />
Es ist doch seltsam, dass man mit Boulevard-Schreiberei und PR-Schreiberei und<br />
Kundenmagazinschreiberei mehr Geld verdient (und häufig auch noch korrekter behandelt wird) als<br />
für unabhängigen Journalismus, und wie viele in einem bestimmten Alter für immer dahin abwandern.<br />
Freischreiber / Initiative freier Journalisten:<br />
1.) Macht Schreiben arm?<br />
Schreiben macht im Moment zumindest nicht reich. Es gibt viele Kollegen, die von dem, was sie<br />
erschreiben, leben können. Allerdings sind die Honorare in den letzten Jahren so sehr geschrumpft,<br />
dass es immer schwieriger wird, ökonomisch vernünftig arbeiten zu können. Dazu kommt, dass die<br />
Verlage inzwischen AGBs vorgeben, die ihnen die Möglichkeit einräumen, die Einnahmen durch<br />
Weiterverkäufe für sich behalten zu können (Buy-Out-Verträge). Durch den Wegfall der klassischen<br />
Zweitverwertung ist für viele Freie ein Teil ihrer Einkünfte weg gebrochen.<br />
Es hängt auch sehr stark von der Art der Geschichten ab, die man macht: Je komplexer und<br />
rechercheintensiver das Thema, desto weniger lohnt es sich in der Regel. Hauptgrund dafür ist, dass<br />
Redaktionen sich beim Honorar eher am Textumfang orientieren als am Aufwand. Wenn ein<br />
festangestellter Redakteur für eine komplizierte Geschichte drei Wochen braucht, dann braucht er<br />
eben drei Wochen, und die Gehalts-Uhr läuft weiter. Der Freie schenkt der Redaktion den Teil der<br />
Arbeitszeit, der über das hinausgeht, was durch das Honorar gedeckt wird.<br />
Problematisch ist schließlich auch, dass die qualitativen Ansprüche vieler Verlage und die Honorare<br />
weit auseinander klaffen: Viele Publikationen erwarten exklusiv recherchierte Geschichten zu<br />
Regionalzeitungssätzen. Zudem wird auch bei den Spesen immer mehr gekürzt und verkompliziert.<br />
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