Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
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Geschwindigkeit eines Feuerwerks. Dies entspricht<br />
auch der globalen Verwendung des Handys, die zu<br />
einer vielfältigen Polyphonie sui generis geführt hat.<br />
Eine schnelle Abfolge der Informationen, Telefonsignale<br />
und musikalischen Ereignisse sind darum Grundmaßstab<br />
der Montage: Durchsichtigkeit jedoch bleibt<br />
das wesentliche Ziel dieser Arbeit.“<br />
Transparent wird eine Fülle heutiger Wirklichkeit in<br />
kurzen Gesprächseinheiten. Komisch unterbrochene<br />
Anrufe von Fernreisenden und Sportfans vermitteln<br />
hektische Freizeitatmosphäre. Versprengte Stichworte<br />
zu Migration, Krieg, Wirtschaftsentwicklung, Meinungsforschung<br />
deuten auf den großen Problemrahmen,<br />
Dazwischen bieten verstreute Mitteilungenen<br />
den kleinen Alltag. Mehr und mehr suggerieren sie<br />
Beziehungen von drei Generationen eines Clans, die<br />
Anteilnahme wecken: Locker skizziert Kagel lauter<br />
Anfänge und lose Enden einer Familiengeschichte.<br />
Auf der Suche nach einem Kurzzeitjob klappert da<br />
beispielsweise Tina (Kirstin Petri) telefonisch eine<br />
� DOKUMENTATION<br />
„Zurück zum Journalismus“<br />
DOKUMENTATION<br />
21.5.2008 <strong>Nr</strong>. <strong>40</strong>/<strong>41</strong> � epd medien 25<br />
Reihe einschlägiger Annoncen ab, während sie ihrer<br />
neuen Liebe und Opas siebzigstem Geburtstag entgegensieht.<br />
Wenn der Großvater (Hans Peter Hallwachs)<br />
zum Fest in ein exotisches Restaurant einladen<br />
will und dabei „die ganze Landkarte“ der Angebote<br />
durchgeht, konkretisiert sich das Thema Migration<br />
anschaulich im verkleinerten Maßstab.<br />
“Stefan ist gestorben, wie konnte das passieren?“ -<br />
So beginnt in einer hellhörigen Sequenz gegen Ende<br />
des Reigens eine Auseinandersetzung mit dem Tod,<br />
die sich in Dutzenden von Handyanrufen im Bekanntenkreis<br />
ausweitet und hoffnungslos zersplittert. Der<br />
Komponist diagnostiziert die Lücke: so viel Gerede,<br />
aber kein verbindliches Wort. In wie zufällig aufgeschnappten<br />
Mitteilungsfetzen verbindet Kagels kluges<br />
Radiostück Alltag und Ausnahmesituationen,<br />
Banales und Weltbewegendes, Oberfläche und Tiefe:<br />
Kagel, ein Pionier der Text- und Klangmontage, besticht<br />
mit diesem wichtigen Hörspiel als großer Perfektionist.<br />
Eva-Maria Lenz<br />
Lutz Hachmeister über Reporter und Redakteure im 21. Jahrhundert<br />
epd Der Medienforscher und Dokumentarfilmer<br />
Lutz Hachmeister fordert die Medien auf, sich auf<br />
den Journalismus zurückzubesinnen. Die Medienhäuser<br />
bräuchten weniger sogenannte Content<br />
Manager als vielmehr leitendes Personal, für das<br />
„journalistische Arbeit nicht lästiger Kostenfaktor<br />
ist, sondern Garant einer publizistischen Haltung“,<br />
sagte Hachmeister am 7. Mai bei der Verleihung<br />
des Wächterpreises der Tagespresse in Frankfurt<br />
am Main. Die Rede, die wir im Folgenden dokumentieren,<br />
wurde epd medien vom Autor in einer<br />
überarbeiteten Fassung zur Verfügung gestellt.<br />
(Vgl. auch zum selben Themenfeld unsere Dokumentationen<br />
neuerer Reden von Bundesinnenminister<br />
Wolfgang Schäuble - epd 38-39/08 - und<br />
„Welt“-Chefredakteur Thomas Schmid - epd<br />
37/08.)<br />
Der Journalismus befindet sich seit einiger Zeit in einem<br />
Wirbelsturm der Untergangsrhetorik: „Newspaper Endgame“,<br />
„The End of Journalism“, „the Vanishing Newspaper“<br />
oder schlicht „Out of Print“ - das sind die gern aus<br />
den USA übernommenen Vokabeln. Auffällig ist dabei,<br />
dass das vermeintliche Ende des professionellen Journalismus<br />
mehr oder weniger mit dem irgendwann für 2030<br />
oder 20<strong>40</strong> prognostizierten Verschwinden der gedruckten<br />
Zeitung gleichgesetzt wird.<br />
Viele Journalisten beginnen, sich schon jetzt ein wenig<br />
wie die berühmten britischen Heizer auf der Elektrolok<br />
zu fühlen. Sie werden kleinlaut, ängstlich und<br />
missgestimmt. „Nur wenige Leute glauben“, so hat im<br />
März dieses Jahres der Journalistik-Professor und<br />
überzeugte liberale Kolumnist Eric Alterman im „New<br />
Yorker“ geschrieben, „dass Zeitungen in ihrer gegenwärtigen<br />
gedruckten Form überleben werden. Zeitungsverlage<br />
verlieren Werbekunden, Leser, Marktwert<br />
und in einigen Fällen den Sinn für ihre Mission<br />
in einer Geschwindigkeit, die noch vor vier Jahren<br />
kaum denkbar gewesen wäre.“<br />
Nachfrage nach Qualitätsjournalismus<br />
Am 17. April dieses Jahres meldete die New York<br />
Times Company für das erste Quartal 2008 im Vergleich<br />
zum Vorjahr einen Umsatzverlust von 5,7 Pro-