Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jahreskonferenz 2008 von <strong>Netzwerk</strong> <strong>Recherche</strong> – READER für Samstag, 14. Juni 2008<br />
3) In einigen Medien wird immer noch in Zweifel gezogen, dass menschliche Aktivitäten die<br />
maßgebliche Ursache für die globale Erwärmung sind. Wird dabei der Stand der wissenschaftlichen<br />
Debatte korrekt wiedergegeben?<br />
Nein. In der seriösen Fachwelt gibt es eine solche Debatte schon lange nicht mehr, denn die<br />
anthropogene Ursache der globalen Erwärmung ist nach menschlichem Ermessen gesichert. Die<br />
Frage kann natürlich neu eröffnet werden, wenn neue Evidenz auftaucht – Sendungen wie der<br />
„Klimaschwindel“-Film oder die von mir seinerzeit kritisierten Zeitungsartikel diskutieren aber keine<br />
neue Evidenz, sondern sie „belegen“ ihre These einfach mit krassen Falschbehauptungen (hier<br />
könnte ich zahlreiche Beispiele geben - gefälschte Datenkurven, falsche Zahlen etc.), die keiner<br />
Überprüfung standhalten und die oft schon seit 15 Jahren alle paar Monate wieder durchs Dorf<br />
getrieben werden.<br />
4) Können solche „klimawandel-skeptischen“ Berichte die Legitimation für politische Maßnahmen zur<br />
Verringerung der Treibhausgasemissionen gefährden?<br />
Ja – es ist ja auch ihr Ziel, diese Legitimation zu untergraben. Die Autoren haben in der Regel nicht<br />
ein Problem mit der Klimawissenschaft an sich – sie haben etwas gegen die Klimaschutzmaßnahmen.<br />
Zur Wirkung solcher Artikel braucht man sich nur unter Laien umzuhören. Viele sind verwirrt und<br />
glauben, der anthropogene Klimawandel sei noch umstritten, es sei gar nicht sicher, dass der Mensch<br />
verantwortlich ist, und sie unterstützen deshalb bestenfalls „win-win“ Klimaschutzmaßnahmen, die sie<br />
nichts kosten. Die politische Unterstützung für den Klimaschutz wird natürlich erst dann auf die Probe<br />
gestellt, wenn es um unpopuläre Maßnahmen geht, die etwas kosten. Dann wird diese Legitimation<br />
sehr wichtig werden. Man sieht bereits jetzt, wie schwierig die Umsetzung des in Meseberg<br />
beschlossenen Klimaschutzprogramms der Bundesregierung wird.<br />
5) Könnten neue Forschungsergebnisse dazu führen, die These der menschlichen Verursachung des<br />
Klimawandels neu zu überdenken?<br />
Im Prinzip ja – Naturwissenschaft kann grundsätzlich nie etwas für alle Zeiten beweisen wie etwa die<br />
Mathematik. Alles Wissen ist in dem Sinne vorläufig. Wenn man genauer darüber nachdenkt, welche<br />
Art von Forschungsergebnissen das tun könnten, dann wird es allerdings schwer vorstellbar, ohne<br />
elementare Physik anzuzweifeln. In unserem Buch „Der Klimawandel“ haben wir dieses<br />
Gedankenexperiment gemacht.<br />
6) Was in den Zusammenfassungen der Berichte des „Weltklimarats“ IPCC steht, wird vorher von<br />
Regierungsvertretern aller Nationen abgenickt. Leidet darunter nicht die Glaubwürdigkeit der IPCC-<br />
Berichte?<br />
Nein. Der volle Bericht ist ja für jedermann im Netz verfügbar, und der ist unbeeinflusst von der Politik.<br />
Wer etwas genauer wissen will, sollte sich ohnehin nicht auf die kurze Zusammenfassung verlassen,<br />
die in der Tat in den Plenarsitzungen mit den Regierungsvertretern in den Formulierungen oft noch<br />
abgeschwächt wird. Falsches steht trotzdem nicht drin, denn die Regierungsexperten können da<br />
natürlich nichts hineinschreiben, was nicht durch den Haupttext gedeckt ist – sie können nur<br />
Formulierungen etwas schwächer oder klarer fassen.<br />
7) Wenn Sie als leitender Redakteur oder Journalist einen Experten oder Interviewpartner zum Thema<br />
Klimawandel befragen: Wie prüfen Sie seine Glaubwürdigkeit und die Glaubwürdigkeit seiner<br />
Argumente?<br />
Erstens würde ich einen Experten danach auswählen, dass er tatsächlich zum Thema arbeitet und da<br />
etwas vorzuweisen hat. Wenn ich etwa wissen will, wie der Klimawandel sich auf Eisbären auswirkt,<br />
würde ich die Leute fragen, die über Eisbären forschen und das durch entsprechende<br />
Fachpublikationen belegen können. Das kann man ja sehr leicht im Web of Science herausfinden. Zu<br />
Herzfehlern etwa würde ich zum Beispiel einen Herzchirurgen fragen – und nicht einen Zahnarzt, nur<br />
weil der behauptet, was alle Herzchirurgen sagen, sei Unsinn.<br />
24