Nr. 40/41 - Netzwerk Recherche
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Jahreskonferenz 2008 von <strong>Netzwerk</strong> <strong>Recherche</strong> – READER für Samstag, 14. Juni 2008<br />
Die Glaubwürdigkeit der Argumente kann man natürlich am besten beurteilen, wenn man die<br />
Vorgeschichte des Diskurses kennt. Dazu braucht es Fachjournalisten, die kontinuierlich an einem<br />
Thema arbeiten.<br />
8) Sollten Qualitätsmedien ausgewogener über den Klimawandel berichten – oder dürfen auch Sie<br />
zuspitzen und vereinfachen, um eine höhere Auflage zu erreichen?<br />
Zuspitzen und Vereinfachen ist nicht das Gegenteil von ausgewogener Berichterstattung. Gute<br />
populärwissenschaftliche Autoren zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie Dinge so<br />
vereinfachen und zuspitzen können, dass sie trotzdem nicht falsch werden.<br />
9) Energieversorger und Automobilhersteller haben in der Vergangenheit starken Druck auf politische<br />
Akteure ausgeübt, um Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasen abzuschwächen. Glauben<br />
Sie, dass diese Unternehmen auch auf einige Medien Druck ausüben und dadurch versuchen, die<br />
Berichterstattung über den Klimawandel zu beeinflussen?<br />
Kann ich nicht beurteilen – dazu habe ich keine Informationen.<br />
10) Steht die politisch-ideologische Ausrichtung eines Mediums in Zusammenhang mit der Darstellung<br />
der wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Klimawandel?<br />
Nach meiner Meinung ja. Die Berichterstattung der Welt zu diesem Thema könnte man sich nicht in<br />
der taz vorstellen, und umgekehrt. Allerdings kann man das sicher nicht an einem einfachen Rechts-<br />
Links-Schema festmachen – wie zum Beispiel ein Vergleich der Berichterstattung von Spiegel und<br />
Focus zeigt.<br />
Antworten von Olaf Stampf, Ressortleiter Wissenschaft und Technik, Der SPIEGEL, Autor der<br />
Titelgeschichte zur „Klima-Hysterie“<br />
1) Wie groß ist der Einfluss der Medien auf die Beurteilung des Klimawandels in der Bevölkerung und<br />
in der Politik?<br />
Der eigene Einfluss ist naturgemäß schwer zu beurteilen. Fest steht hingegen, dass einzelne<br />
Klimaforscher heute einen beachtlichen Einfluss als Regierungsberater haben – so etwas ist<br />
Fachwissenschaftlern nie zuvor gelungen.<br />
2) Haben die deutschen Medien die Gefahren, die durch den Klimawandel drohen, in letzter Zeit eher<br />
dramatisiert oder eher verharmlost?<br />
In ihrer großen Mehrheit neigen die deutschen Medien eindeutig zur Dramatisierung. Der Klimawandel<br />
wird fast ausschließlich als Klimakatastrophe dargestellt. Dabei lässt sich seriös noch gar nicht im<br />
Detail vorhersagen, wie schlimm die Folgen der Erwärmung wirklich sein werden. Zu einer ehrlichen<br />
Bilanz gehört zudem dazu, dass es auch Gewinner des Klimawandels geben wird – doch das wird aus<br />
Gründen der politischen Korrektheit meist verschwiegen.<br />
3) In einigen Medien wird immer noch in Zweifel gezogen, dass menschliche Aktivitäten die<br />
maßgebliche Ursache für die globale Erwärmung sind. Wird dabei der Stand der wissenschaftlichen<br />
Debatte korrekt wiedergegeben?<br />
Nein, denn aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich inzwischen nicht mehr bestreiten, dass die<br />
Treibhausgasemissionen in den vergangenen 100 Jahren zu einer spürbaren Erwärmung geführt<br />
haben. Noch nicht restlos geklärt ist allerdings, welchen Anteil an der bisherigen Erwärmung<br />
natürliche Faktoren haben, etwa die zyklische Schwankung der Solaraktivität. Aber sofern die<br />
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