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Mein/4 Stadtmagazin Berlin 3/2021

Mein/4 Stadtmagazin Berlin, Ausgabe Dezember 2020

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mein/4

Buchtipps

Diesmal aus der Buchhandlung ocelot

Die Unvorstellbarkeit kolonialistischer Gewalt

In einem abgeschiedenen Dorf im präkolonialen Kamerun

bricht eines Nachts ein verheerendes Feuer aus. Als sich

die in den Wald geflüchtete Dorfgemeinschaft

am nächsten Morgen

in der beinahe komplett zerstörten

Siedlung versammelt, muss sie bestürzt

feststellen, dass zwölf Männer

der Gemeinschaft, darunter deren

religiöser Führer, spurlos verschwunden

sind … Léonora Miano schildert

in ihrem mitreißenden Roman, wie

über eine Gesellschaft, die bisher in

glücklicher Isolation gelebt hat, von einem Tag auf den

anderen das absolut Unvorstellbare hereinbricht. Wenige

Romane haben für mich die grausamen Dimensionen kolonialistischer

Gewalt so unmittelbar erfahrbar gemacht

wie Zeit des Schattens. (Magda Birkmann)

Léonora Miano: Zeit des Schattens. Roman (aus dem

Französischen von Ina Pfitzner). w_orten & meer 2020,

256 Seiten, 14,– €

Deutschland ist nicht schwarz-weiß

Woher kommst du? Nein, ich meine: Woher kommst

du wirklich? Diese Frage kann als offenes Interesse an

der Herkunft einer anderen Person

gemeint sein. Und sie ist rassistisch.

Denn sie verweist darauf, dass Menschen

mit einer bestimmten äußerlichen

Erscheinung eben nicht wirklich

von hier kommen. Tun sie aber sehr

oft. Deutsche gibt es in allen Farben.

Diese im Grunde recht simple Logik

erklärt das Buch Dear Discrimination

des Netzkollektivs @wirmüsstenmalreden. Mit klaren

und einfachen Worten zeigt es verschiedene Formen von

Alltagsrassismus, erklärt Wörter wie „White Gaze“ oder

„Rosa Blase“ und wie wir diesem Blick und dieser Blase

entkommen können. Ein wichtiges Buch zur richtigen

Zeit. (Ludwig Lohmann)

Netzkollektiv @wirmüsstenmalreden: Dear Discrimination.

Ein Mitmachbuch zur antirassistischen Weiterbildung.

Mikrotext 2020, 190 Seiten, 14,99 €

Schauerliche Geschichten mit

feministischem Furor

Die Erzählungen der kanadischen Autorin wirken wundersam

rätselhaft und verführerisch doppelbödig. Und

sie werden von herrlich skurrilem Personal

bevölkert, das noch lange im

Gedächtnis bleibt. In Grudovas Geschichten

können Körperhüllen durch

Reißverschlüsse verlassen werden,

Meerjungfrauen leben unerkannt

unter den Menschen, Männer haben

zur Hälfte einen Spinnenleib und alleinerziehende

Mütter verwandeln

sich des Nachts in Wölfinnen. Was

erstmal märchenhaft viktorianisch

und grotesk wirkt, entblättert seine gesellschaftskritische

Aktualität erst allmählich. Wenn beim Lesen dann nach

und nach die feinen feministischen Bezüge in diesem

magischen Realismus bewusst werden, will man sofort

nochmal zurückblättern und mit großem Genuss von

vorn beginnen. (Maria-Christina Piwowarski)

Camilla Grudova: Das Alphabet der Puppen,

Erzählungen (aus dem Englischen von Zoë Beck),

CulturBooks 2020, 195 Seiten, 20,– €

Die großzügige Buchhandlung in Berlin-Mitte, direkt gegenüber dem Weinbergspark,

präsentiert eine wohl überlegte Auswahl an Büchern, die das Lesen schöner

machen. Ihr Anspruch ist es, immer das richtige Buch an den Menschen zu bringen,

mit einem Schwerpunkt auf guter Belletristik und besonderen Kinderbüchern. Ob

als gebundenes Buch oder auf dem E-Reader, das Team von ocelot versteht sich als

Literaturvermittler. Selbst das Genre wird nebensächlich, wenn der Text den Geist

befeuert oder besonders schön gestaltete Editionen den Händen schmeicheln. Die

Buchhandlung ocelot gestaltet ihr Sortiment mit viel Begeisterung und schätzt vor

allem die weniger bekannten Perlen, oft auch aus unabhängigen Verlagen.

Buchhandlung

ocelot

© Maria-Christina Piwowarski

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