Mein/4 Stadtmagazin Berlin 3/2021
Mein/4 Stadtmagazin Berlin, Ausgabe Dezember 2020
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Leserbriefe
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10437 Berlin
Wir lieben den Dialog mit euch! Schreibt uns Leserbriefe,
wenn ihr etwas zu einer Ausgabe auf dem Herzen habt.
Mode Berlin „Die Große Freiheit“
Werte Redakteure des Stadtmagazins,
in Ihrem Artikel über Mode aus und in Berlin „Die große
Freiheit“ unternehmen Sie einen Kurzausflug in die Geschichte,
und da man selbst einen kurzen Ausflug genießen
möchte, lässt man ihn sich ungern verderben. Dieser
mentale Ausflug beginnt mit der Bewunderung von Herrmann
Gerson, „der zum Hofschneider vieler Adeliger in
ganz Europa wurde.“ Mit und nach ihm entwickelte sich
der „Berliner Chic“, der „im ersten Kaufhaus Berlins Konfektionsware
anbot“ usw.
Doch dann: „Der Zweite Weltkrieg zerstörte den Aufschwung
der deutschen Textilwirtschaft jäh, auch und
besonders […] weil die Hälfte aller Betriebe jüdisch war.
Durch diese Zäsur wurde die Berliner Mode international
bedeutungslos …“ Soweit Auszüge aus dem Artikel. Eine
Zäsur! Besonders weil ...?
Dass Herrmann Gerson Jude war. Egal. Dass die großen
Kaufhäuser jüdische Gründungen waren. Was tut’s zur Sache?
Und was ist in dieser Zeit sonst noch so Schreckliches
passiert? Außer dieser „Zäsur“? Wieder zu Hause feiert man
seine Stadt, „in der es eine große Freiheitstradition gibt und
in der die Vielfalt die Norm ist“. Darauf einen Dujardin!
Ein klein wenig Recherche, das Internet täte es womöglich
schon, oder gar die Lektüre des Buches „Modemetropole
Berlin“ von Uwe Westphal hätte in diesem Artikel womöglich
zur Berücksichtigung dessen geführt, was der Untertitel
dieses Werkes feststellt: „1936–1939 Entstehung und Zerstörung
der jüdischen Konfektionshäuser“. Wie ist es nur
möglich, dass hier und heute solch geschichtsvergessene
Aussagen veröffentlicht werden können? …
Sehr geehrter Herr R.,
H. R.
vielen Dank für Ihre ausführliche und konstruktive Kritik.
Unsere Sonderseiten zum Thema Mode beginnen mit
einem ausführlichen Artikel zur Geschichte der Berliner
Modebranche, geschrieben von Marc Lippuner, in der die
Rolle der jüdischen Unternehmer für die Konfektionsindustrie
sowie die Zerstörung des Industriezweigs durch
die Nationalsozialisten ausführlich beschrieben wird. Hier
gibt es auch einen Literaturhinweis zu dem von Ihnen empfohlenen
Westphal-Buch. Ausgehend von diesem Artikel
waren wir der Ansicht, dass die Historie in weiter hinten
➥
platzierten Beiträgen bewusst kurzgehalten werden sollte.
Wir sind davon ausgegangen, dass der geneigte Leser
dies erkennt und im Kontext sieht. Es lag nicht in unserer
Absicht und sicher auch nicht in der von Alex Bohn, der
Autorin von „Die große Freiheit“, die schrecklichen Ereignisse
ab 1933 zu bagatellisieren.
Wir leiten Ihre Kritik an Frau Bohn weiter und werden
den Onlineartikel mit ihr an den entsprechenden Stellen
kritisch überprüfen und an dieser Stelle in jedem Fall einen
Querverweis zu Marc Lippuners Auftaktbeitrag „Kurze
Geschichte der Berliner Modebranche“ verlinken.
Vielen Dank noch einmal für Ihre Mühe.
Wir wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit.
Mit freundlichen Grüßen,
Sehr geehrter Herr Beeth,
Markus Beeth
ich gestehe, ich hatte zuerst nur in mein/4 herumgeblättert,
wie man es eben bei einem noch unbekannten Druckerzeugnis
tut und bin genau bei diesem Artikel und an
dieser Stelle hängen geblieben. Ein Querverweis an dieser
von mir als unausgegoren empfundenen Stelle wird wohl
nicht ausreichen, die Autorin sollte sie klarer formulieren,
Ungenauigkeiten führen notwendigerweise zu Missverständnissen.
Inzwischen habe ich mir die Zeit genommen, weiter in
mein/4 zu lesen und freue mich über diese neue Stimme
im unübersichtlichen Blätterwald. Die erste „Ehrenrettung“
war dann für mich (nicht alleine) das Gespräch mit Pierre
Sanoussi-Bliss. Wunderbar, wie dort ohne erhobenen Zeigefinger
und ohne zu moralisieren das Problem Rassismus
behandelt wird.
Zum Schluss möchte ich noch eine Anmerkung loswerden:
Die Gestaltung Ihres Magazins macht die Zeitung
an manchen Stellen etwas schwer lesbar, so auch die des
Artikels von Frau Bohn (was nicht ihr zuzurechnen ist). …
Ich bedanke mich für Ihre schnelle und freundliche Antwort
und hoffe, mein/4 wiederzufinden, ich weiß leider nicht
mehr, wo genau sie mir beim Einkauf ins Auge gefallen ist
und ich sie mitgenommen habe. Auf jeden Fall werde ich
sie mir online anschauen, obwohl sie mir gedruckt lieber ist.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie
und Ihre Redaktion gesund
➥
H. R.
mein/4
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