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4/2021
BERGSOMMER 15
knödel, bis hin zum „Gröstl“ oder Linsen
mit Speck, machen satt und schmecken
am Berg am besten. Über 1.000 Höhenmeter
schmeckt einfach alles, und wenn
es nur einfaches Brot ist, sowieso immer
besser, das scheint ein Naturgesetz zu
sein.
Hüttenromantik versus Komfort
Alm- und Berghütten haben mit herkömmlichen
Gastronomiebetrieben im
Tal wenig zu tun. Daher kann man die
Speisekarten auch nicht vergleichen.
Auf der Hütte sind die Preise für Speisen
und Getränke oft höher als im Tal und
die Auswahl geringer. Der Grund ist offensichtlich,
da die Versorgung mit Lebensmitteln
schwieriger und aufwändiger
ist. Nicht jede Hütte ist mit Auto oder
Seilbahn zu erreichen, sodass ein Teil der
Güter, vor allem Frischware, zu Fuß, mit
dem Unimog oder mit dem Pferd hinaufgebracht
werden muss. Die große Menge
an haltbaren Lebensmitteln wird meist
zu Saisonstart per Helikopter hinaufgeflogen.
Das verteuert natürlich den Einkauf
und relativiert den Preisunterschied.
Die Kritik einiger bergunerfahrener Gäste,
dass das Essen überteuert und die
Auswahl zu gering ist, kann man unter
diesen Gesichtspunkten nicht verstehen.
Zudem ist die Stromversorgung auf jeder
Hütte anders. Auch wenn seit Jahren viele
Hütten aufwändig und kostspielig saniert
und modernisiert werden, so sind
nicht alle Schutzhäuser auf demselben
Stand. Über 100 Hütten des Österreichischen
Alpenvereins wurden bereits mit
Photovoltaikanlagen ausgestattet, an die
25 verfügen über ein eigenes Kleinwasserkraftwerk
zur Stromversorgung. So
ist das Kochen mit Strom auf der Hütte
nicht selbstverständlich, Gas- oder Holzherde
sind immer noch weit verbreitet.
Auch die Kühlmöglichkeiten sind teilweise
begrenzt. Die Speisenauswahl ist
daher stark von den Kochmöglichkeiten
abhängig und es überrascht oft, mit
welch einfachen Mitteln die Hüttenwirtsleute
mit ihrem engagierten Team
dem Gast eine gute und ehrliche Küche
bieten können.
Das Alpenkulinarium
Die traditionelle Alpenküche kommt
mit einigen wenigen Zutaten aus, die
aber in Summe durch regionale Unterschiede
eine Fülle an Gerichten ergeben.
Auf den Hütten sieht es dagegen etwas
anders aus. Traditionelle alpine Gerichte
wie Riebel, Muas oder Sterz findet
man ganz selten, dagegen aber Eintöpfe,
Knödel, Suppen, Gerichte mit Würsteln
oder Käse. Je nach Lage wird verkocht,
was gerade vorhanden ist, denn
die Kochkunst in den Bergen versteht
sich seit Generationen auf das perfekte
Wirtschaften mit begrenzten Ressourcen.
Lebensmittel, die gut lagerbar
sind, machen da die Hauptzutaten
aus. Gröstl, Leberkäse mit Röstkartoffeln,
Knödeln mit Sauerkraut oder Gerichte
mit Geselchtem sind echte Hüttenklassiker.
Nostalgisches „Bergsteigeressen“
Vor Jahren war die erste Frage, wenn ein
müder, aber zufriedener Wanderer auf
die Hütte gekommen ist: „Was ist heute
das Bergsteigeressen?“ und „Ist noch
ein Bett im Lager frei?“ Doch seither
hat sich einiges geändert, die erste Frage
heute richtet sich nicht mehr nach
den Grundbedürfnissen, sondern, ob es
freies WLAN gibt. Das Bergsteigeressen,
ein preisgeregeltes Gericht auf Alpenvereinshütten,
auf das jedes Vereinsmitglied
einen Anspruch hat, war früher
eher ein einfaches Gericht und auf vielen
Hütten ähnlich, meist ein Gröstl. Auch
das hat sich in den letzten Jahren geändert,
denn das Klientel hat sich verändert.
Die Menschen haben mehr Geld
zur Verfügung und auch gestiegene Ansprüche.
Einige Hütten haben sich verschiedenen
Bewegungen angeschlossen,
wie slow food oder Bio. Unter dem Gütesiegel
„So schmecken die Berge“ haben
sich über 100 Alpenvereinshütten
zusammengeschlossen und kochen mit
Produkten, die überwiegend aus einem
Umkreis von maximal 50 km stammen
und möglichst ökologisch produziert
wurden, am besten von bergbäuerlichen
Betrieben. Dieses Konzept ist für gut erreichbare
Hütten, die auch regelmäßig
und leicht mit frischen Produkten versorgt
werden können, natürlich leichter
umzusetzen. Aber man darf sich auf
hochgelegenen Schutzhütten nicht zu
viel erwarten. Die Versorgung im hochalpinen
Bereich erfolgt zumeist durch
den Hubschrauber. Zu Saisonstart im
Frühsommer werden meist etliche Ton-
Herzhafte Hüttengerichte schmecken
am Berg eindeutig am besten.