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Vater mochte Pferde, was macht man<br />
daraus? Bei den Müters wird daraus<br />
ein Familienprojekt. „Anfangs wollten<br />
wir zwei, drei Pferde und die dann am<br />
Haus halten. Wir dachten, das ist ein<br />
schönes Hobby, das wir alle drei gemeinsam<br />
machen können“, erzählt Gerhard<br />
Müter. Doch um diese Pferde muss sich<br />
ja jemand kümmern. Er und seine Frau<br />
sind beide voll berufstätig und haben<br />
dazu keine Zeit, die Tochter auch nicht.<br />
Aber jemanden anstellen für die paar<br />
Pferde? Das lohnt ja eigentlich nicht. „Da<br />
dachten wir uns, wenn wir es machen,<br />
dann richtig.“ Also wurden es mehr<br />
Pferde als die geplanten „zwei, drei“ und<br />
statt einem <strong>St</strong>all am Haus wurde es das<br />
Elmgestüt Drei Eichen. Die reiterliche<br />
Karriere der Familie Müter selbst war<br />
eine recht kurze. „Meine Frau und ich<br />
haben einfach nicht die Zeit gefunden,<br />
uns dem ausreichend zu widmen“, so<br />
Müter. Und ihre Tochter habe leider eine<br />
Pferdehaarallergie entwickelt, aufgrund<br />
derer sie das Reiten ganz aufgeben musste.<br />
Trotzdem, „wir sind heute sehr froh,<br />
dass wir das damals alles so gemacht<br />
haben“, sagt Gerhard Müter. „Wir gehen<br />
am Wochenende gerne aufs Turnier.<br />
Highlights wie Aachen machen wir alle<br />
zusammen. Außerdem haben wir über<br />
die Reiterei so viele tolle Menschen<br />
kennengelernt, die wir heute unsere<br />
Freunde nennen können.“<br />
Herzenspferd Lavino<br />
Dazu dürfte im weiteren Sinne auch<br />
Finja Bormann zählen. Mit ihr fängt die<br />
Erfolgsgeschichte des Elmgestüts Drei<br />
Eichen so richtig an. Vor vier Jahren<br />
verlassen die beiden damaligen Bereiter<br />
die Anlage. Finja Bormann kennt die Familie<br />
Müter über den U25-Springpokal.<br />
Ihr Vater hört von dem Personalwechsel<br />
und gibt seiner Tochter den Tipp, sich<br />
doch mal mit ihnen in Verbindung zu<br />
setzen. Finjas beruflicher Weg ist damals<br />
noch nicht klar vorgezeichnet. Wie auch<br />
ihr Bruder Friso reitet sie zwar hoch<br />
erfolgreich die Pferde der elterlichen<br />
Zucht, aber sie studiert nebenbei auch<br />
auf Lehramt (und tut es immer noch:<br />
„Es fehlt nur noch eine Haus- und meine<br />
Bachelorarbeit!“). Doch inzwischen ist<br />
klar, dass ihre berufliche Zukunft im<br />
Sattel liegen wird. Grundlage dieser<br />
Entscheidung ist ein Telefongespräch<br />
zwischen Finja und den Müters im<br />
November 2017. Man vereinbart einen<br />
Vorstellungstermin in Königslutter. Wenige<br />
Wochen später ist Finja Bereiterin<br />
des Elm gestüts Drei Eichen. „Wir haben<br />
gemerkt, das passt“, sagt Müter. „Und es<br />
hat sich gut entwickelt.“<br />
Das kann man wohl sagen! Die Müters<br />
investieren in Pferde für Finja. Vor allem<br />
sorgen sie dafür, dass sie ihr Herzenspferd<br />
behalten kann, den ZfdP-Wallach<br />
A crazy son of Lavina. Schon seine Mutter,<br />
die Lavall-Tochter Lavina Love, ritt<br />
Finja siegreich in S-Springen. A crazy<br />
son of Lavina, <strong>St</strong>allname Lavino oder<br />
auch „Löwe”, kennt Finja dementsprechend<br />
seitdem er auf der Welt ist. Von<br />
der Springpferdeprüfung Klasse A über<br />
Junge Reiter-Europameisterschaften<br />
bis hin zu den ersten Fünf-<strong>St</strong>erne-Turnieren<br />
und ihrem Nationenpreis-Debüt<br />
haben die beiden alles gemeinsam erlebt.<br />
Das schweißt zusammen, das merkt<br />
man. „Reit-Bilder mit Lavino? Lieber<br />
nicht! Beim Dressurreiten sieht er nie gut<br />
aus …“ Am Zügel gehen? Braucht er nicht.<br />
Da haben die beiden ein Gentlewoman-/<br />
Gentlehorse Agreement. Lavino ist in<br />
seinem Element, sobald man ihm Hindernisse<br />
in den Weg stellt. Und obwohl<br />
Finja grundsätzlich eine Verfechterin<br />
solider dressurmäßiger Ausbildung ist,<br />
hat sie in der nun 15-jährigen Partnerschaft<br />
mit ihrem <strong>St</strong>ar gelernt: Man kann<br />
nicht alles haben und schon gar nichts<br />
erzwingen. Vielleicht ist gerade das das<br />
Geheimnis ihres Erfolges. Man denke<br />
nur an Nörten-Hardenberg 2019, als die<br />
beiden die Goldene Peitsche gewinnen –<br />
ein Lebenstraum für die ganze Familie<br />
Bormann, die seit Generationen <strong>St</strong>ammgäste<br />
auf dem Hardenberger Turnier<br />
sind. Oder 2020, als Finja und Lavino<br />
bei den „Corona-Meisterschaften“ den<br />
Deutschen Meister-Titel der Damen<br />
holen und Finja zudem noch das Finale<br />
in Deutschlands U25-Springpokal mit<br />
Clippo gewinnt. Wenige Tage vor unserem<br />
Besuch waren die nun 25-jährige<br />
Finja und Lavino siegreich beim CSI3*<br />
in San Giovanni gewesen. Aber es gibt<br />
natürlich auch andere Tage. Solche, an<br />
denen es nicht so läuft. Wo andere Reiter<br />
dann fürchten müssen, dass die Besitzer<br />
ihre Pferde anderweitig unterbringen,<br />
können Finja und nun auch Harm sich<br />
darauf verlassen, dass die Familie Müter<br />
hinter ihnen steht. „Die Müters unterstützen<br />
mich unheimlich. Sie wissen,<br />
dass ich selber unglaublich ehrgeizig bin<br />
und mir selbst genug Druck mache, wenn<br />
es mal nicht so läuft.“ Mit anderen Worten:<br />
Von Seiten der Müters wird da nicht<br />
noch einer draufgesetzt. Eher im Gegenteil.<br />
Finja: „Einen Job wie wir ihn haben,<br />
gibt es in Deutschland nicht oft. Es zeigt<br />
auch, was für einen tollen Charakter<br />
Herr und Frau Müter haben.“<br />
<strong>12</strong>/<strong>2021</strong><br />
<strong>St</strong>.GEORG<br />
37<br />
AZ1658