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St. Georg_12_2021

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Ist Weben ein<br />

Mangel?<br />

Pferd<br />

eindecken?<br />

ANONYM FRAGT: Ich habe im März eine<br />

<strong>St</strong>ute gekauft, bei der mir verschwiegen<br />

wurde, dass sie webt. Welche Möglichkeiten<br />

habe ich, den Kaufpreis zu mindern<br />

oder das Pferd zurückzugeben?<br />

Wenn Pferde weben, gilt das juristisch<br />

nicht zwingend als Mangel.<br />

CHRISTIAN WEISS ANTWORTET: Es<br />

ist nicht eindeutig geklärt, ob Weben<br />

rechtlich als Mangel einzustufen ist, der<br />

Sie zur Minderung des Kaufpreises oder<br />

zur Rückgabe des Pferdes berechtigt.<br />

Das Amtsgericht Schleswig wies 2010<br />

eine Klage ab, mit der der Kläger die<br />

Rückzahlung des Kaufpreises für ein<br />

webendes Pferd verlangte. Das Gericht<br />

führte aus, es handle sich beim „Weben“<br />

nicht um einen Sachmangel: Es habe<br />

keine Auswirkung auf Gesundheit oder<br />

Leistung. Im Übrigen ließ das Gericht<br />

erkennen, dass die Annahme eines Mangels<br />

bei Turnierpferden naheliegender<br />

wäre als bei reinen Freizeitpferden. Das<br />

Landgericht Münster wiederum sieht<br />

das Weben ohne nähere Begründung als<br />

Mangel an.<br />

Sollten Sie mit dem Verkäufer des<br />

Pferdes einen bestimmten Zweck<br />

zur Nutzung des Pferdes vertraglich<br />

vereinbart haben und ist Ihnen dies<br />

dementsprechend nicht möglich, dürfte<br />

hier eher ein Mangel anzunehmen sein.<br />

Gleichwohl müssen Sie sich jedoch im<br />

Klaren darüber sein, dass Sie für das<br />

Vorliegen dieses Mangels grundsätzlich<br />

beweispflichtig sind. Sie müssen<br />

im Falle eines Rechtsstreits beweisen,<br />

dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt<br />

der Übergabe diese Verhaltensstörung<br />

aufwies. Sollten Sie jedoch das Pferd<br />

von einem Händler erworben haben<br />

(Verbrauchsgüterkauf), hat in der Regel<br />

der Verkäufer die Pflicht zu beweisen,<br />

dass der Mangel erstmalig beim Käufer<br />

entstanden ist. Diese Umkehr der<br />

Beweislast zu Ihren Gunsten ist jedoch<br />

aufgrund der Art des Mangels in der<br />

Praxis eher schwer anwendbar, da diese<br />

Verhaltensstörung erheblich von der<br />

Haltung, Pflege und der Belastung des<br />

Pferdes abhängt.<br />

Es ist nicht ausgeschlossen, dass nicht<br />

mehr aufklärbar ist, zu welchem Zeitpunkt<br />

die Verhaltensstörung erstmalig<br />

aufgetreten ist.<br />

Foto: www.slawik.com<br />

KLARA BECK FRAGT: Unseren<br />

14-jährigen Wallach (Dressur bis<br />

Kl. L) haben wir im Sommer von der<br />

Box in einen Offenstall umgestellt.<br />

Es gibt einen Unterstand, aber an<br />

der Heuraufe stehen die Pferde ungeschützt.<br />

Bisher hatten wir unseren<br />

Wallach im Winter geschoren. Darauf<br />

wollen wir nun verzichten und ihn<br />

ohne Decke lassen. Meinen Sie, er<br />

kann sich noch umstellen?<br />

CHRISTINE MEYER ZU HARTUM<br />

ANTWORTET: Ja, das kann er, vorausgesetzt<br />

Sie haben ihn bisher in<br />

diesem Herbst noch nicht eingedeckt.<br />

Sollte das der Fall sein, sollten Sie<br />

weiterhin eine Decke auflegen. Falls<br />

nicht, wird er sich bei sinkenden<br />

Temperaturen einen dicken Winterpelz<br />

zulegen. Die Natur richtet sich<br />

nicht danach, wie es im letzten Winter<br />

war, sondern was aktuell nötig ist.<br />

Falls Sie Ihr Pferd weiterhin reiten<br />

wollen, kann ein dickes Winterfell<br />

zum Problem werden. Wenn Pferde<br />

stark schwitzen, werden sie eher<br />

kalt als trocken. Sie müssten also<br />

gegebenenfalls lange Schrittpausen<br />

einlegen, damit der Wallach nicht so<br />

nass wird. Oder ihn eben doch gut<br />

eindecken, um ein extrem dickes Fell<br />

zu verhindern.<br />

Rechts-Urteil<br />

Eine Ponybesitzerin fuhr schwere Geschütze auf, um ihren Tieren den<br />

zugesagten Weidegang zu ermöglichen. Ihre beiden Ponys standen in<br />

einer Pferdepension, in der u. a. Weidegang vertraglich gesichert war.<br />

Da die Ponys aber nach einer Miterhöhung, die die Ponybesitzerin abgelehnt<br />

hatte, nicht mehr auf die Weide durften, wollte die Besitzerin<br />

dies mit einer einstweiligen Verfügung durchsetzen. Was abgelehnt<br />

wurde. Das Amtsgericht München (241 C 9143/21) begründete dies<br />

damit, dass in diesem Fall keine drohende Gewalt verhindert werden<br />

müsse oder unmittelbar wesentliche Nachteile für die Antragstellerin<br />

drohten – die Ponybesitzerin könne ihre Pferde woanders unterbringen,<br />

solange ein normales Gerichtsverfahren dauere. Dagegen legte<br />

die Ponybesitzerin Beschwerde beim Landgericht München I ein, ebenfalls<br />

erfolglos. Unter anderem deshalb, weil die Weide nun wieder offen<br />

war. Die Ponybesitzerin hatte auch das Veterinäramt eingeschaltet, das<br />

erfolgreich interveniert hat.<br />

Quelle: OnlineUrteile.de – Wir machen Urteile verständlich!<br />

Im Offenstall ist das Eindecken<br />

nicht zwingend nötig.<br />

Foto: slawik.com<br />

<strong>12</strong>/<strong>2021</strong><br />

<strong>St</strong>.GEORG<br />

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