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MAGNIFICAT_2023_November

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Unter die Lupe genommen<br />

ischen Bibel, jüdisch-christlicher Brückenbauer, Franz Rosenzweig<br />

(1886–1929), hatte ein berühmtes Jerusalem-Gedicht Halevis neu<br />

übersetzt, das, wie Wohlmuth schreibt, „in Wirklichkeit ein Klagelied<br />

ist“. Es geht um Halevis schmerzliche Ode „An Zion“. Jahr für<br />

Jahr wird es am 9. Av, dem jüdischen Gedenktag des Brandes des<br />

ersten und zweiten Tempels, in den Synagogen vorgetragen.<br />

Pilgerschaft<br />

Josef Wohlmuth zufolge steigern sich in Jehuda Halevis Poem und<br />

dessen jüdischer Überlieferung und Rezeption „Schmerz und Sehnsucht<br />

zu einer Intensität, dass man ahnen kann, was der Blick auf<br />

das Verlorene an Kräften freisetzte, wenn auch zunächst nur zur<br />

Pilgerschaft“. Auch christliche Pilgerinnen und Pilger könnten, so<br />

der katholische Denker, in der Nähe der heiligen Stätten diesen<br />

Schmerz, diese Sehnsucht, in behutsamer und beschämter Solidarität,<br />

erahnen. Und er antwortet auf diese bleibende Herausforderung<br />

mit einem eigenen Gedicht, mit einem leisen, aber deutlichen,<br />

guten, geistlichen Wunsch:<br />

dass jerusalem sei<br />

turm am tore von jaffa<br />

helmturm im lichte der nacht<br />

heiliger dom auf dem felsen<br />

schweigende kuppel am grab<br />

stehet zusammen und leuchtet<br />

leuchtend verkündet<br />

bei nacht wie bei tag<br />

dass jerusalem sei.<br />

Josef Wohlmuth,<br />

aus: Ders. Gast sein im Heiligen Land. Ein narrativ-theologisches<br />

Reisebuch, S. 55, © 2008 Verlag Schöningh, Paderborn<br />

Susanne Sandherr

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