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Kunstbulletin Dezember 2023

Unsere Dezember Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Chiara Bersani, Delphine Reist, Anita Muçolli, Reto Boller, uvm.

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NOTIERT // KUNSTRÄUME<br />

see you next tuesday<br />

Basel — Fast zehn Jahre lang, bis Ende 2019,<br />

betrieb die Kuratorin, Galeristin und Kunsthistorikerin<br />

Isabel Balzer die Galerie Balzer<br />

Projects. Nun hat sie nahe der Galerie Nicolas<br />

Krupp einen neuen Raum für zeitgenössische<br />

Kunst eröffnet. See you next tuesday heisst die<br />

Galerie, die nicht etwa nur dienstags geöffnet<br />

ist oder nur dann Vernissagen feiern würde.<br />

Nein, hinter dem fröhlichen Namen steht ein<br />

durchaus ernstes Anliegen. Darin versteckt sich<br />

das Backronym «cunt»: Der vulgäre Begriff für<br />

die weiblichen Geschlechtsorgane ist Ausdruck<br />

für die Beleidigung, aber auch Tabuisierung von<br />

Frauen, doch erhält er hier einen humorvollen<br />

Twist. Für die Galerie ist dies Programm: Der<br />

Fokus liegt auf feministischen und intersektionalen<br />

Positionen wie zum Beispiel Frauen, die<br />

nicht nur durch ihr Geschlecht, sondern auch<br />

durch ihr Alter vom Kunstmarkt ausgeschlossen<br />

sind. Den Anfang macht denn auch eine<br />

Ausstellung von Moa Sjöstedt, die mit 36 Jahren<br />

– und damit spät für einen konventionellen<br />

Karriereverlauf – ihren Master in Fine Arts in<br />

Basel absolviert hat. Für solche Wege interessiert<br />

sich Balzer und mit ihr zunehmend auch<br />

Museen und der Kunstmarkt. Das Konzept ist<br />

Strategie, doch schlussendlich gehen Offenheit<br />

und Inklusion vor. In diesem Sinn: See you all!<br />

See you next tuesday, Basel, Aussenansicht.<br />

Foto: Lea Studinger<br />

→ ‹Moa Sjöstedt – Under the Skin of the World I<br />

found Fables›, bis 23.12.<br />

↗ seeyounexttuesday.ch<br />

GROSSANLÄSSE<br />

Kyiv-Biennale<br />

Wien — Die Kyiv-Biennale ist ein Ereignis<br />

ausserhalb des üblichen Kunstbiennale-Zirkels.<br />

Zwar geht es auch hier um Kunst, aber die mehr<br />

als herausfordernde Situation, eine Ausstellung<br />

vor dem realen Hintergrund eines Krieges zu<br />

organisieren, ist an jeder Ecke spürbar. Das aus<br />

Wien und Kiew agierende Organisationsteam<br />

möchte vor allem einen Raum der Solidarität für<br />

die inzwischen in ganz Europa verstreute ukrainische<br />

Künstler-Community bieten. Das Projekt<br />

wird über mehrere Monate an verschiedenen<br />

internationalen Standorten geführt, beteiligt<br />

sind über 120 Künstler:innen, darunter auch<br />

viele internationale Teilnehmer:innen, die sich<br />

mit Themen des Krieges, der Gewalt und der<br />

Konfliktbewältigung beschäftigen. Die gezeigten<br />

Werke weisen auf die Veränderungen, die<br />

der Krieg im Alltag der Ukraine und anderswo<br />

ausgelöst hat und die noch bis vor Kurzem undenkbar<br />

gewesen wären. In Wien werden neben<br />

einem leer stehenden Ateliergebäude auch viele<br />

Offspaces mit Werken bespielt, deren Dringlichkeit<br />

von unsagbaren Geschehnissen erzählt,<br />

gerade auch, indem manchmal der vormals<br />

banale Alltag in den Fokus gerückt wird. Nikolay<br />

Karabinovych zeigt im Augarten ein Video mit<br />

subkutaner Spannung über eine «Stadt, in der<br />

die zwei Farben Blau und Gelb» verschwunden<br />

sind, während eine VR-Installation von Clemens<br />

von Wedemeyer im Neuen Kunstverein Wien<br />

ein virtuelles Museum mit sowjetischen und<br />

belarussischen Statuen simuliert. Hier findet<br />

sich neben einer weiteren Videoarbeit von Hito<br />

Steyerl zum Thema Luxusimmobilien in Charkiw<br />

auch eine raumfüllende Installation von Yves<br />

Netzhammer. Diese Arbeit, bereits 2015 für die<br />

damalige Ausgabe der Kyiv-Biennale produziert,<br />

umfasst eine Video-Reihe mit modellartigen<br />

Figuren, die durch ein absurd-groteskes<br />

Spieleszenario führen, umgeben von einem<br />

Bühnensetting, das vom russischen Konstruktivismus<br />

inspiriert ist. Der Clash von diversen<br />

High-End-Technologien mit brutalisierter<br />

Gewalt ist ein durchgehender Unterton, nicht<br />

114 <strong>Kunstbulletin</strong> 12/<strong>2023</strong>

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