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Kunstbulletin Dezember 2023

Unsere Dezember Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Chiara Bersani, Delphine Reist, Anita Muçolli, Reto Boller, uvm.

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schimmernden Bilderstrom mit schwebenden<br />

Schattenwesen, eine Videoinstallation<br />

wie ein Traum. Physische Verwandlung steht<br />

hingegen im Fokus der Werke von Ulrike Mohr.<br />

Die Künstlerin, die eine öffentliche Köhlerei<br />

im Schwarzwald betreibt, lässt Astwerk zu<br />

unterschiedlichsten Formen verkohlen, um es<br />

als feingliedrige Zeichnung im Raum tanzen zu<br />

lassen. IK<br />

Andrea Wolfensberger · Growing Mycel, 2020,<br />

Teppich<br />

Christiane Fleissner · The Game, <strong>2023</strong>,<br />

Fotografie<br />

→ Villa Renata, bis 18.12.<br />

↗ villa-renata.ch<br />

The Great Repair<br />

Berlin — «Tools to the People!» Der Appell<br />

von Atelier Bow-Wow, die Reparatur unseres<br />

verwundeten Planeten selbst in die Hand zu<br />

nehmen, könnte das «Jeder Mensch ein Künstler»<br />

des 21. Jahrhunderts werden. Gefragt<br />

sind Hingabe, ein gewisses handwerkliches<br />

Geschick und ein gerüttelt Mass an Kreativität.<br />

Allerdings ohne das zerstörerische Potenzial,<br />

das den Innovationszyklus im 20. Jahrhundert<br />

angeheizt hat.<br />

So widmet sich die Ausstellung in der Akademie<br />

der Künste, deren Titel ‹The Great Repair›<br />

beim Wirtschaftssoziologen Karl Polanyi Anleihen<br />

macht, jenen Fehlentwicklungen, die aus<br />

der Kommodifizierung von Land, Kapital und<br />

Arbeit hervorgehen. Eigentum und daraus abgeleitete<br />

Verfügungsrechte zerstören Lebenszusammenhänge,<br />

wie Marjetica Potrč (*1953,<br />

Ljubljana) in zwei Wandarbeiten demonstriert.<br />

Sie tritt ein dafür, Flüssen Rechtspersönlichkeit<br />

zu verleihen, unter lokaler Verantwortung.<br />

«Danke, dass Sie New York am Leben halten»,<br />

sagt Mierle Laderman Ukeles (*1939, Detroit)<br />

und schüttelt sämtlichen 8500 New Yorker<br />

Müllmännern die Hand. Die Performance<br />

‹Touch Sanitation›, 1979/80, führt sie in den<br />

Unterleib der Stadt, zu Menschen, die für ihre<br />

Arbeit nicht angemessen entlohnt werden, ähnlich<br />

den Pflegekräften in der Corona-Pandemie.<br />

Ihr Manifest zur «Maintenance Art» von 1969<br />

schlägt sich auf die Seite von Alltagsverrichtungen<br />

wie Wäsche waschen oder Kinder<br />

wickeln, also jener notwendigen, scheinbar<br />

unproduktiven «Hausfrauentätigkeiten», die<br />

seit einiger Zeit als Care-Arbeit aufgewertet<br />

werden.<br />

Pflege, Wartung, Reparatur stehen in dieser<br />

Ausstellung, die vom Magazin Arch+ in Kooperation<br />

unter anderem mit der ETH Zürich entstanden<br />

ist, für einen neuen alten Umgang mit<br />

gebundenen Ressourcen in einer von Rohstoffknappheit<br />

und Klimakatastrophe bedrohten<br />

Welt. Aus der Architektur, die für die Hälfte aller<br />

verbauten Masse, Beton, und einen Grossteil<br />

des Mülls verantwortlich ist, kommt der Aufruf<br />

zur Umkehr: Abrissmoratorium. Beispiel Stadt-<br />

76 <strong>Kunstbulletin</strong> 12/<strong>2023</strong>

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