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Kunstbulletin Dezember 2023

Unsere Dezember Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Chiara Bersani, Delphine Reist, Anita Muçolli, Reto Boller, uvm.

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Wang Shui<br />

München — Die KI will doch nur spielen: Im<br />

Münchner Haus der Kunst kann man den<br />

Androiden bei einer Kissenschlacht zuschauen.<br />

Ihre schwebenden Körper sind irritierend glatt<br />

und technoid – wie schwerelos bewegen sie<br />

sich durch den virtuellen Raum. Für die Video-<br />

Simulation ‹Certainty of the Flesh›, <strong>2023</strong>, schuf<br />

Wang Shui (*1986, USA) golden schimmernde<br />

Avatare, die von programmierten neuronalen<br />

Netzen in Echtzeit gesteuert werden. Das allansichtige<br />

Triptychon, das auf einem grossen und<br />

vielen kleinen LED-Screens zu sehen ist, ist Teil<br />

von Wangs erster institutioneller Einzelausstellung<br />

in Europa, Titel: ‹Toleranzfenster›.<br />

Wang studierte Kunst und Sozialanthropologie<br />

in Berkeley und setzt sich künstlerisch mit<br />

der Verknüpfung von Mensch und Maschine,<br />

Körper und Technologie auseinander. Darüber<br />

hinaus werden, weniger offensichtlich, Aspekte<br />

von Race und Gender verhandelt. In München<br />

präsentiert Wang einerseits eine Serie von Bildern<br />

auf Aluminium, die in einem Prozess der<br />

«sensorischen Integration», wie Wang es nennt,<br />

entstanden sind. Dafür fütterte Wang die KI mit<br />

ihren eigenen Malereien, die so entstehenden<br />

Bilder übertrug wiederum Wang auf die Platte.<br />

Mit Sandpapier und Ölfarben bearbeitete Wang<br />

die glatten Oberflächen, sodass sie eine in<br />

die Tiefe führende Struktur wie Hologramme<br />

bekommen. Einige dieser Malereien in Metall<br />

werden durch plastische Objekte in der Form<br />

von stilisierten Zungen ergänzt.<br />

‹Certainty of the Flesh› wiederum bezieht sich<br />

auf eine dystopische Trilogie der feministischen<br />

US-amerikanischen Schriftstellerin Octavia E.<br />

Butler, eine der wenigen Schwarzen Science-<br />

Fiction-Autorinnen. In einer komplexen Mischung<br />

aus Reality-TV und Mythos schuf Wang<br />

für die digitale Show archetypische Charaktere,<br />

die zugleich Wasser, Feuer, Erde, Holz und<br />

Metall der chinesischen Fünf-Elemente-Lehre<br />

versinnbildlichen sollen.<br />

Ob die Interaktion der Figuren darüber hinaus<br />

Streit oder Liebesspiel bedeutet, ist kaum<br />

einzuordnen. Ohne Hintergrundinformation<br />

würde sich der Inhalt bei der Betrachtung auch<br />

nicht erschliessen. Wang Shuis Installationen<br />

fordern die Sehgewohnheiten ebenso heraus<br />

wie die Möglichkeiten der KI generell unseren<br />

Geist. Fragezeichen sind programmiert. Dabei<br />

fasziniert das Werk durch seine surreale Ästhetik<br />

und technische Perfektion. RDR<br />

Wang Shui · Certainty of the Flesh, <strong>2023</strong>,<br />

Live-Simulation, Ausstellungsansicht Haus<br />

der Kunst, München. Foto: Milena Wojhan<br />

Wang Shui · Pillow IV (amazing taste) //<br />

(great taste), <strong>2023</strong>, Ausstellungsansicht Haus<br />

der Kunst, München. Foto: Milena Wojhan<br />

→ Haus der Kunst, bis 3.3.<br />

↗ hausderkunst.de<br />

HINWEISE // FRIBOURG / MÜNCHEN<br />

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