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Kunstbulletin Dezember 2023

Unsere Dezember Ausgabe für 2023 mit Beiträgen zu Chiara Bersani, Delphine Reist, Anita Muçolli, Reto Boller, uvm.

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Zürich Biennale<br />

Zürich — «Das hat uns gerade noch gefehlt»,<br />

raunzte ein Freund, als er hörte, die Kunsthalle<br />

Zürich veranstalte jetzt eine Zürich Biennale.<br />

Also nichts wie hin. So ein Riesending, wie es<br />

tönt, ist es nicht, und Beruhigung: Dass diese<br />

Veranstaltung ab <strong>2023</strong>, wie für Biennalen üblich,<br />

alle zwei Jahre stattfindet, wird vonseiten<br />

der Kunsthalle nicht bestätigt. Vor Ort haben<br />

wir eher den Eindruck, das gewählte Format<br />

könne vom Potenzial her jedes Jahr über die<br />

Bühne gehen, als Leistungsschau des hiesigen<br />

jungen Kunstschaffens im Spiegel internationaler<br />

Beteiligungen, kostensparend und ohne<br />

grossen Aufwand.<br />

Für den Etikettenschwindel bedarf es allerdings<br />

Chuzpe, die uns auch beim Line-up<br />

entgegenweht: 48 Künstler:innen werden<br />

mit 121 Arbeiten in einem Raum von 500 m 2<br />

präsentiert. Das bedeutet Dichtestress. Dem<br />

können sich auch die Besucherinnen und Besucher<br />

nicht entziehen und wir rezipieren die<br />

Ausstellung wie Tinder, TikTok oder Instagram,<br />

nach dem Motto, «swipe it!», wische es weg,<br />

«swipe the artwork», «see the next». Da wir<br />

uns über ein Thema, ein Anliegen der Ausstellung<br />

keine Gedanken machen müssen (sie hat<br />

keines), bleiben wir dann tatsächlich auch bei<br />

einigen Arbeiten stehen und freuen uns, dass<br />

wir da sind. Zum Beispiel gleich am Eingang, wo<br />

wir auf Miriam Laura Leonardis Backsteinmauer<br />

mit chromblitzender Tafel ‹Brandnew square<br />

(NHL)›, <strong>2023</strong>, stossen, die materiell dem monumentalen<br />

Comic-Hasen auf weissem Grund,<br />

‹I’m O.K. You’re O.K.›, 2020/<strong>2023</strong>, von Dena Yago,<br />

gleich gegenüber, entgegengesetzt ist. Doch in<br />

ihrer queeren künstlerischen Haltung treffen<br />

sich die beiden, «nice». Es scheint, dass keine:r<br />

der ausgewählten Künstler:innen sich zu ernst<br />

nimmt, und so bleibt Selbstironie und Camp,<br />

Kunstschaffen mit Hang zum augenzwinkernd<br />

Trivialen das Verbindende.<br />

Wie wäre es mit einer Batterie acht drolliger<br />

Keramik-Entchen aus der Hand von Ilaria Vinci,<br />

die uns von einer hohen Stellwand den Spruch<br />

im Schnabel entgegenrecken, ‹Are you thinking<br />

what I’m thinking›, <strong>2023</strong>? Wir nehmen es zur<br />

Kenntnis und «swipen» weiter, zum Beispiel<br />

gleich nebenan zur einzigen Videoarbeit der<br />

Ausstellung, ‹Moléculas›, 2018, von Juan<br />

Antonio Olivares. Wir sehen einen Teddybären<br />

in kalten Architekturen verirrt. Spätestens hier<br />

muss es jedem Besuchenden auffallen, wie angepasst<br />

im Grunde die ganze Ausstellungsveranstaltung<br />

daherkommt, medial und inhaltlich.<br />

Swipe! MG<br />

‹Zürich Biennale›, Ausstellungsansichten<br />

Kunsthalle Zürich. Fotos: Cedric Mussano<br />

→ Kunsthalle Zürich, bis 21.1.<br />

↗ kunsthallezurich.ch<br />

HINWEISE // VADUZ / WIL / ZÜRICH<br />

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