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reisen EXCLUSIV Frühjahr 2024

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ASIEN | Okinawa<br />

schlendern. Souvenirshops präsentieren ihre bunte wie<br />

kuriose Auslage. In den letzten Jahren sind die subtropischen<br />

Inseln mit ihren Traumstränden und Tauchspots<br />

ein Paradies für japanische und chinesische Urlauber geworden.<br />

In den vielen Bars ist schon am frühen Abend<br />

fast jeder Platz besetzt und Orion, das Premiumlagerbier<br />

Okinawas, geht mitsamt ein paar frischen Fischhappen<br />

im Akkord für wenige Hundert Yen über die Theke. Tropisches<br />

Inselfeeling kombiniert mit japanischer Excellence<br />

ist jetzt schon eine wahnsinnig gute Kombination.<br />

Ich schwitze und bin heilfroh um die Klimaanlage,<br />

die unseren Minibus auf ertragbare 20 Grad herunterkühlt.<br />

Ai, in der ich einen wahrlich geduldigen und wissenden<br />

Schatz gefunden habe, sitzt ganz vorne und erklärt<br />

uns mithilfe ihres Wunder-Ordners die Geschichte<br />

Okinawas. Dabei fährt ihr Finger über die feinsäuberlich<br />

ausgedruckten und in Klarsichtfolie verpackten Din-A4-<br />

Blätter und zeigt an, wo wir uns aktuell befinden. Sowohl<br />

geografisch auf der etwa 100 Kilometer langen und 2<br />

Kilometer schmalen Insel als auch geschichtlich.<br />

Denn gerade haben wir die Burgruinen Nakijin keine<br />

zwei Stunden nördlich von Naha etwa mittig der lang gezogenen<br />

Insel erklommen – bei 30 Grad Celsius zur Mittagszeit<br />

– und fahren nun weiter gen Norden. Die Ruinen<br />

gehören gemeinsam mit anderen Relikten des Königreichs<br />

Ryky auf Okinawa zum Unesco-Welterbe. Denn tatsächlich<br />

waren die Inseln Jahrhunderte ein unabhängiges<br />

Königreich mit Beziehungen zu China, das vor allem dank<br />

des regen Seehandels im Mittelalter zu Reichtum gelangte<br />

– Okinawa liegt strategisch sehr günstig im Pazifischen<br />

Ozean. Bis 19 Japan das Territorium einnahm, die Königsfamilie<br />

vertrieb oder umsiedelte und Okinawa eine der<br />

47 Präfekturen des Landes wurde. So weit weg von den<br />

anderen Inseln, dass üblicherweise in den Landkarten die<br />

Inselkette gesondert dargestellt wird. Heute sprechen fast<br />

nur noch die älteren Menschen die Ryky-Sprachen.<br />

Das traumhaft türkise Meer bleibt fast die ganze<br />

Zeit zu meiner Linken kleben. Mit einem E-Bike mache<br />

ich mich heute von der Honeymoon-Insel Kouri weiter<br />

nach Norden auf, um so der Natur und den Menschen<br />

von Okinawa Hont näher zu kommen. Schroff und dicht<br />

bewachsen erheben sich die Hügel im Inland; ich ganz<br />

links am Straßenrand, hinter der Balustrade klatschen<br />

die Wellen an die Felsen. In Japan herrscht Linksverkehr.<br />

Nur selten überholt ein eckiger Toyota unseren Trupp<br />

und wir haben meist die geschwungene Straße, die uns<br />

auf Brücken über Yagaji Island und Miyagi leitet, für uns.<br />

Von einer der Brücken erkenne ich im glasklaren Wasser<br />

unter mir eine Schildkröte<br />

»Hier biegen wir rechts in den Wald ab. Schaltet am<br />

besten in den Turbogang, es geht bergauf«, höre ich die<br />

90<br />

Stimme unseres Fahrradguides Moriken in brüchigem<br />

Englisch in meinem Helm. Topmodern sind wir alle per<br />

Mikrofon miteinander verbunden – was ich tatsächlich<br />

zwischendrin komplett vergessen hatte. Erst als ein anderes<br />

Gruppenmitglied außerhalb meiner Sichtweite demonstrativ<br />

in die Melodie einstieg, bemerkte ich, dass<br />

ich vor lauter Zufriedenheit angefangen hatte, vor mich<br />

hinzusummen. Der Weg nach gimi im bergigen Inland<br />

führt quer durch den Yanbaru Forest – ein subtropischer<br />

Regenwald, der bis ans Kap Hedo ganz im Norden der<br />

Insel reicht und vor Kurzem zum Weltnaturerbe erklärt<br />

wurde. Meterhohe Farne ragen zu beiden Seiten der menschenleeren<br />

Straße. Übrigens wird mehr als ein Drittel<br />

der Fläche Okinawas als Nationalpark geschützt.<br />

Ich richte meinen Blick also aufmerksam auf die Straße,<br />

um keine der bedrohten Tierarten, wie zum Beispiel<br />

den endemischen und flugunfähigen Vogel Okinawaralle,<br />

zu überfahren. Gar nicht so leicht bei der atemberaubenden<br />

Aussicht, die sich Hügel um Hügel vor mir ausbreitet.<br />

Zum Glück hat mein Bike den Turbo-Gang, der mich<br />

mühelos die Berge hinaufträgt. Ein schönes Holzschild<br />

kennzeichnet mein Pausenziel. »Cafe«, der Rest der japanischen<br />

Lettern verwehrt mir die Bedeutung. Ein Dalmatiner<br />

heißt mich schwanzwedelnd willkommen. Schuhe<br />

ganz nach japanischer Etikette am Eingang abgestreift<br />

tapse ich auf Socken über das hölzerne Patio und lasse<br />

mich in einen Schaukelstuhl fallen. Eine junge Frau<br />

reicht mir mit einem freundlichen Nicken eine frische<br />

Limonade vom Tablett. Da erst nehme ich meine Umgebung<br />

wahr. Was. Ein. Wundervoller. Ort. Vor mir breitet<br />

sich dichtes, tropisches Grün über die Berge aus. In dem<br />

kleinen Kräutergarten schwirren Libellen, ich höre das<br />

Zirpen unzähliger Grillen, das Klackern von Vögeln und<br />

eine Schaukel an einem knorrigen Baumriesen schwingt<br />

leicht im Wind. Bunte Blüten duften intensiv, aber nicht<br />

zu aufdringlich. Ich nehme einen tiefen Schluck der flüssigen<br />

Früchte in meinem Glas. Wenn es ein Paradies gibt,<br />

dann stelle ich es mir genauso vor.<br />

Die Besitzerin ist nicht weniger entzückend. Ich bin<br />

sehr froh um Ais Übersetzungskünste, denn ohne diese<br />

fällt es in Japan oft schwer, hinter die Kulisse zu blicken.<br />

Doch für manches braucht es keine Sprache: Emiko ist<br />

eine wahre Lady. Ihre innere Zufriedenheit strahlt Weisheit,<br />

vollkommene Schönheit und ewige Jugend aus. »Von<br />

ihrer Farm, etwas den Berg hinab im Dorf, konnte sie<br />

dieses Fleckchen Land sehen. Vor 18 Jahren verwirklichte<br />

sie dann ihr persönliches Abenteuer und baute dieses<br />

Haus, um ein Caf zu eröffnen«, erklärt Ai. »Sie möchte<br />

mit diesem Ort die Schönheit der hiesigen Natur mit<br />

Touristen teilen und einen perfekten Platz zum tanken<br />

Energie-<br />

schaffen.«<br />

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