28.02.2024 Aufrufe

reisen EXCLUSIV Frühjahr 2024

“Das Weite suchen" Mittelmeer Hotels Asien Kreuzfahrt Skandinavien Istanbul und vieles mehr

“Das Weite suchen"

Mittelmeer
Hotels
Asien
Kreuzfahrt
Skandinavien
Istanbul
und vieles mehr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ASIEN | Okinawa<br />

Geballt: Die Wiege des<br />

Kampfsports Karate<br />

liegt in Okinawa. Beim<br />

Besuch im Dojo der<br />

Kobayashi-ryu-Kensei-<br />

Vereinigung in Naha<br />

lernt man vom Sensei<br />

die Basics.<br />

Der amerikanische Einfluss in Okinawa ist keinesfalls Zufall.<br />

Tatsächlich war Okinawa Hont einer der schaurigsten<br />

Kriegsplätze gegen Ende des Zweiten Weltkriegs.<br />

Hier versuchten die Amerikaner, Japan in einer Offensive<br />

im Pazifik einzunehmen und so zur Kapitulation zu<br />

bewegen. In der Schlacht um Okinawa in den rund 90<br />

Tagen vom 1. April bis 30. Juni 1945 kamen mehrere<br />

Hunderttausende Soldaten und Zivilisten um, vor allem<br />

aus Okinawa und Japan – etwa ein Drittel der gesamten<br />

Bewohner der Insel starb bei den erbitterten Kämpfen.<br />

Ein Ort, der besonders eindrucksvoll zeigt, wie grausam<br />

und kompromisslos diese monatelange Schlacht geführt<br />

wurde, ist das ehemalige japanische Navy Underground<br />

Headquarter im Kaigungo Park nahe der Hauptstadt Naha.<br />

In dieser Bunkeranlage verschanzten sich 4.000 Menschen,<br />

als die größten Teile Okinawas bereits eingenommen<br />

waren. Umringt von den amerikanischen Soldaten<br />

verharrten die Menschen stehend in den engen Gängen,<br />

kaum Luft, zwischen Leichen und Kot. Die meisten verhungerten<br />

oder erkrankten bitterlich. Kurz vor der Kapitulation<br />

erschossen sich im Befehlsraum der leitende<br />

Ozier Minora ta mit seinen Kommandanten. Ergeben<br />

war keine Option. Kurz darauf fiel Okinawa an die Amerikaner,<br />

die Kommandanten beider Seiten bereits tot, doch<br />

erst der Abwurf der Atombomben in Nagasaki und Hiroshima<br />

über einen Monat später sollte Japan dann wirklich<br />

zur Kapitulation zwingen.<br />

Die Folge: Die Amerikaner besetzten das gesamte<br />

Land. 1952 gaben sie gemäß dem Friedensvertrag von<br />

San Francisco große Teile der Inseln wieder als unabhängiges<br />

Japan frei. Nur Okinawa nicht. Artikel 3 des Vertrags<br />

sah eine Treuhandverwaltung in Form der »United<br />

States Civil Administration of the Ryukyu Islands« vor.<br />

Erst 1972 wurde Okinawa demnach wieder unter japanische<br />

Souveränität gestellt – und man behält sich laut den<br />

Verträgen eben die heutigen Militärgebiete vor.<br />

Kaum vorzustellen, welche Tragik sich hier abgespielt<br />

hat, wenn man heute im warmen Sonnenschein vor dem<br />

Eingang zur Bunkeranlage steht und auf die moderne<br />

Stadt und das tieftürkisfarbene Chinesische Meer blickt.<br />

Doch das Museum und die kleinen Teile der unterirdischen<br />

Anlage, die restauriert und für Besucher geöffnet<br />

sind, geben einen Eindruck, wie furchtbar die Zeit hier<br />

gewesen sein muss. Nachdem die Anlage lange verlassen<br />

war, wird heute in den Tunneln gegraben und gesucht,<br />

was man noch finden kann. Just als wir mit unserer Führung<br />

an einer Ausgrabung vorbeilaufen, ruft einer der<br />

Arbeiter uns aufgeregt her. Er hat gerade etwas gefunden.<br />

Wir umk<strong>reisen</strong> ihn. Yoko, die diese Reise vor allem<br />

aus dem Hintergrund liebevoll und akribisch organisiert,<br />

übersetzt für uns. Sein Lichtkegel auf dem Arbeiterhelm<br />

fällt auf eine verrostete Munitionshülse und eine alte<br />

Zahnbürste. Ich bekomme Gänsehaut.<br />

Ich bin zurück in Naha, meine eindrucksvolle Reise<br />

neigt sich dem Ende zu. Morgen möchte ich noch einen<br />

Karatemeister im Dj besuchen – schließlich kommt der<br />

Kampfsport hier aus Okinawa. Vermutlich verschmolzen<br />

im 19. Jahrhundert okinawanische und chinesische Traditionen<br />

– ein neuer Sport war geboren, gelangte aufs Festland<br />

und von dort hinaus in die Welt. Zum letzten Dinner<br />

für heute habe ich mich in ein zartrosafarbenes Blumenhemd,<br />

die an der Rezeption zur Ausleihe stehen,<br />

geschmissen. Schließlich hat so alles begonnen. Wir<br />

besuchen zum Abschluss ein traditionelles Restaurant,<br />

in dem wir typisch tief auf dem Boden sitzend kulinarische<br />

Highlights Okinawas aufgetischt bekommen – von<br />

dem mir bereits vertrauten Champur mit Bittermelone<br />

über das weich geschmorte Schweinegericht Rafte hin zu<br />

frisch gegrilltem Fisch. Natürlich Okinawa-typisch mit<br />

einem Orion-Bier. Dazu bekommen wir auf einer Bühne<br />

okinawanische Tänze präsentiert. Ich treffe Ai, Yoko und<br />

Nobuo in der Hotellobby, alle ebenso im Blumenhemd.<br />

Wie dankbar ich ihnen für diesen berührenden Einblick<br />

in ihre Welt bin. So nah habe ich mich Japan noch nie<br />

gefühlt. Okinawa ist berührend anders.<br />

INFO Mehr Informationen zur Präfektur Okinawa gibt es<br />

beim Fremdenverkehrsamt von Okinawa unter:<br />

https://visitokinawajapan.com<br />

Mehr Informationen zu Japan im Allgemeinen liefert<br />

die Japan National Tourism Organization unter:<br />

www.japan.travel/de<br />

Guide Ai Munakata und ihr Reisebüro Tour Designers<br />

mit Sitz in Okinawa bietet maßgeschneiderte Rundtouren<br />

durch Okinawa an – und die Möglichkeit, mit<br />

den Menschen in der Blue Zone gemeinsam im Dorf<br />

zu nächtigen. https://tourdesigners.co.jp/en/<br />

94

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!