2012-04
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Aus dem Siegerland<br />
KLASSENZIMMER UND GOTTESHAUS<br />
Siegerländer Kapellenschulen haben Geschichte<br />
Wenn man unsere Siegerländer Dörfer durchwandert,<br />
so fallen einem alte Gebäude, oft in Fachwerkbau<br />
und mit Turm, auf. Es handelt sich dabei<br />
um Kapellenschulen, deren erste Errichtung bis ins 16.<br />
Jahrhundert zurück geht. Johann VI. „der Ältere“, Graf zu<br />
Nassau, Katzenelnbogen,<br />
Vianden und Diez<br />
(1536 – 1606), sorgte im<br />
Siegerland dafür, dass<br />
die Leitung damals existierender<br />
schulischer<br />
Einrichtungen von November<br />
bis Ostern den<br />
jeweiligen Kirchspielpfarrern<br />
übertragen<br />
wurde. Weite Anfahrtswege,<br />
schlechtes Winterwetter<br />
und häusliche<br />
Pflichten hielten die<br />
Kinder jedoch oft vom<br />
Schulbesuch ab. Deshalb<br />
baten viele Dörfer<br />
den Landesherrn um<br />
Einrichtung eigener Schulen.<br />
So markiert das Jahr 1567 den Beginn der Siegerländer<br />
Kapellenschulen, weil Graf Johann VI. die Öffnung<br />
bereits vorhandener Dorfkapellen für den Schulunterricht<br />
genehmigte. Dadurch konnte der Nachwuchs im eigenen<br />
Dorf unterrichtet werden, was besonders für die entlegenen<br />
Ortschaften eine große Erleichterung war. So bekamen<br />
die Dörfer einen eigenen Schulmeister, der von außerhalb<br />
kam oder im Dorf bei einer Familie wohnte und beköstigt<br />
wurde. Die Entlohnung war schlecht; ihre Bezahlung war<br />
vergleichbar mit einem Viehhirten.<br />
1775 wurde dann die Schulpflicht auf das Alter vom<br />
6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr erweitert. Bei ganzjährigem<br />
Betrieb der Schule bedeutete das nicht selten<br />
Schichtbetrieb von 8 – 20 Uhr, denn die Kapellenschulen<br />
waren klein.<br />
Die Kapellenschulen weisen einen typischen Baustil<br />
auf: ein Fachwerkbau, manche eingeschossig, die meisten<br />
aber mit zwei Stockwerken, mit Turm und Glocke über<br />
dem Giebeleingang oder auf dem First. Im Erdgeschoss<br />
befanden sich die Räume für den Gottesdienst, darüber war<br />
der Schulraum.<br />
Die alten Kapellen werden bis heute genutzt, so etwa die<br />
Kapellenschule Rinsdorf vom dortigen Heimatverein. Das<br />
1740 erbaute Gebäude in Volnsberg wird von der evangelischen<br />
Kirchengemeinde für Gottesdienste und Bibelstunden<br />
gebraucht. In der Kapellenschule Breitenbach finden<br />
Kappellenschule Volnsberg<br />
ebenfalls Gottesdienste und kirchliche Veranstaltungen<br />
statt. Beide Kapellen sind im Besitz der Kirchengemeinde<br />
Kaan-Marienborn.<br />
Für die jungen Leute heute kaum zu glauben sind die<br />
Strapazen des Schulwegs, die Schüler in den 40er und 50er<br />
Jahren auf sich nehmen<br />
mussten. So haben mir<br />
I. Andrick und G. Daub<br />
aus Volnsberg berichtet,<br />
dass sie Sommer wie<br />
Winter bei jedem Wind<br />
und Wetter zu Fuß zur<br />
Schule gehen mussten<br />
– und zwar die Volnsberger<br />
Schüler an drei<br />
Tagen nach Breitenbach<br />
und an den restlichen<br />
drei Schultagen die<br />
Breitenbacher Schüler<br />
nach Volnsberg. Da war<br />
es dann so, dass die Väter<br />
bei tiefstem Schnee<br />
versuchten den Kindern<br />
einen Pfad zum Gehen frei zu räumen. Heute nicht mehr<br />
vorstellbar! Unterricht fand in beiden Schulen bis 1957 statt.<br />
Neben manchen anderen alten Gebäuden sind die Kapellenschulen<br />
ein Stück Heimatgeschichte in unseren Siegerländer<br />
Dörfern. Sie stehen unter Denkmalsschutz und<br />
sollten erhalten werden.<br />
Horst Mahle<br />
VdK Soziale Sicherheit in einer<br />
großen Gemeinscha"<br />
Kreisverband<br />
Siegen-Olpe-Wi!genstein<br />
57072 Siegen Morleystr.15-17<br />
Tel.: 02 71 / 30 38 29-0<br />
Fax: 02 71 / 30 38 29-18<br />
e-mail: kv-siegen@vdk.de<br />
www.vdk.de/kv-siegen-olpe-wi!genstein<br />
Falls Sie mehr über den VdK wissen möchten,<br />
wenden Sie sich an den Kreisverband oder direkt<br />
an den für Sie zuständigen Ortsverband<br />
Foto: Tessie Reeh<br />
durchblick 4/<strong>2012</strong> 21