2012-04
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die Situation hat sich in den letzten Jahren noch verschärft.<br />
War es früher die Position des Atheismus die Nichtexistenz<br />
von Gott nur vom Verstand her logisch zu beweisen, so ist<br />
es heute so, dass der moderne Atheismus keinen Gott mehr<br />
braucht, um zum einen, die Welt zu erklären, und zum anderen,<br />
ethisch und moralisch gut zu handeln. Nicht der Beweis<br />
seiner Nichtexistenz, sondern die Überflüssigkeit von Gott<br />
ist heute die Position des modernen Atheismus. Was also ist<br />
zu tun und wo liegt der Fehler?<br />
Was ist falsch amTheodizeeproblem?<br />
Der französische Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal<br />
(*1623 - + 1662) stellt fest, wenn eine an sich richtige Überlegung<br />
zu unsinnigen Folgerungen führe, so zeige sich daran<br />
nur, dass die Voraussetzungen des ganzen Gedankenganges<br />
selbst offenbar unsinnig seien. 2) Daher die Frage: Was also<br />
ist falsch in der Theodizee-Problematik? Ein Fehler liegt für<br />
mich darin, dass vor allem die Theologen glauben, in der berufenen<br />
Lage zu sein,<br />
„... die Welt (Natur und<br />
der Nichtexistenz,<br />
flüssigkeit von Gott<br />
on und der Fels<br />
Atheismus,<br />
Welt zu erklären und<br />
lisch gut zu handeln.<br />
Mensch) von Gott her<br />
denken und erklären zu<br />
können. Eine unglaubliche<br />
und unglaubwürdige<br />
Anmaßung Gott<br />
gegenüber, wie ich finde.<br />
„... Von Gott her als<br />
Schöpfer lässt sich die<br />
Welt niemals verstehen<br />
... die Theologen<br />
tun aber so, als stünden<br />
sie außerhalb von Welt<br />
und Gott und könnten beide zueinander in Beziehung setzen;<br />
den Begriff des Göttlichen, also Gott, mit der Wirklichkeit der<br />
Schöpfung, nur dass – leider – beide unverträglich zueinander<br />
stehen.“ 2) Der Mensch kann auf seinem Lebensweg immer nur<br />
bemüht sein, sich auf Gott hin zu bestimmen und zu entfalten,<br />
niemals von Gott her. Um es noch einmal zu verdeutlichen:<br />
Der Konflikt liegt in der Unvereinbarkeit zwischen dem „guten<br />
Vater“, den Jesus, der Mann aus Nazareth, uns brachte und<br />
dem so ganz anderen „Demiurgen“ (= Schöpfer / Baumeister)<br />
der die Welt in all ihrer unmenschlichen Wirklichkeit so<br />
erschaffen hat wie sie ist. Dieser unlösbare Konflikt ist bei<br />
genauer Betrachtung identisch mit dem Konflikt zwischen<br />
den Erwartungen, die wir Menschen „moralisch“ an die Natur<br />
richten und den Erfahrungen, die wir mit der Weltwirklichkeit<br />
machen. „Könnte es folglich nicht sein, dass wir in der Frage<br />
nach der Rechtfertigung Gottes (der Theodizee), angesichts<br />
der Übel der Welt lediglich den Kontrast von Mensch und<br />
Welt, von Kultur und Natur ins Göttliche projizieren und dort,<br />
im Himmel, nach einer Lösung suchen, die wir nur auf Erden<br />
zu finden vermögen? Machen wir unsere Existenz fest an einem<br />
Gegenüber jenseits der Welt, um unsere Menschlichkeit<br />
in dieser Welt, ja in gewissem Sinne sogar gegen diese Welt<br />
durchhalten zu können?“ 2) Sollte daher die wahre Heimat und<br />
die Bestimmung des Menschen, als ein personales Wesen,<br />
wie bereits schon erwähnt, in einer ganz anderen Weltwirklichkeit<br />
begründet sein? Einer Wirklichkeit, die dem Verstand<br />
des Menschen, sei er Naturwissenschaftler oder Theologe bis<br />
heute (noch?) verschlossen bleibt? Eben weil sie sozusagen<br />
„überirdisch“ ist? Eine Wirklichkeit, die wir nur in Glücksmomenten<br />
eines Augenblicks erfahren, die wir aber nie denken<br />
können, da sie keine Kategorie des Verstandes ist.<br />
Damit sind wir bei einem weiteren Fehler der Theodizeefrage,<br />
der darin liegt, dass die Theologen versuchen,<br />
den unlösbaren Widerspruch zwischen der Menschlichkeit<br />
eines christlichen Gottesbildes und der Unmenschlichkeit<br />
der Schöpfung mit dem Verstand zu lösen. Der Verstand, allem<br />
voran die modernen Naturwissenschaften, zeichnet ein<br />
Bild der Weltwirklichkeit, das sich aber mit den religiösen<br />
Erwartungen von einem mitfühlenden, gütigen Gott durchaus<br />
nicht vereinbaren lässt. Kein Wunder, denn die Wurzeln<br />
der Religion sind auch bei der Frage nach der Herkunft des<br />
Menschen, nicht in der Logik des Verstands zu suchen, sondern<br />
was Immanuel Kant als Vernunft bezeichnet. „Hört der<br />
Mensch auf die Stimme seiner Vernunft, so Kant, offenbart<br />
sich die Gottheit (als Ideal der Vernunft) dem Menschen<br />
unmittelbar und sagt ihm alles, was er zu wissen nötig hat,<br />
um sich auf Erden zurechtzufinden. Für Kant ist die einzige<br />
Sphäre, die des Göttlichen würdig ist: die Sphäre von Geist,<br />
Vernunft und Freiheit, die ausschließlich dem Menschen zugesprochen<br />
werden kann. Die Gesetze der Naturkausalität<br />
haben nichts zu tun mit der der Ordnung, die sich der Mensch<br />
selbst in seiner Freiheit gibt. Die menschliche Moral (und<br />
die Religion d.V.) gehört einzig dem Menschen, nicht !<br />
durchblick 4/<strong>2012</strong> 59