Wenn es Gott gibt, woher kommt das Böse? Doch woher kommt das Gute, wenn es ihn nicht gibt? (Boethius) Foto: Hubertus Freundt Foto: wikipedia.de Foto: wikipedia.de Foto: fotolia.de Foto: wikipedia.de Hungersnöte / Dürren Flutkatastrophen / Stürme Der unbegreifliche Tod Völkermorde / Holocaust 54 durchblick 4/<strong>2012</strong>
Essay WIE KONNTE GOTT DAS ZULASSEN? Religionskritische Gedanken über die Speerspitze des Atheismus: Das Theodizee-Problem. Zur Einstimmung Glauben Sie an Gott? Wenn nein, ist dieser Beitrag vermutlich uninteressant für Sie. Wenn aber ja, wäre meine nächste Frage: Was für ein Bild haben Sie von Gott? Glauben Sie, dass Gott der Schöpfer dieser Welt ist? Glauben Sie auch an seine drei, ihm zugeschriebenen Attribute: allmächtig, allwissend und allgütig zu sein? Dann haben Sie sich, angesichts der Weltwirklichkeit die uns umgibt die Frage: „Wie konnte Gott das zulassen“ sicherlich auch schon einmal gestellt. Denn immer wieder, ob bei Naturkatastrophen, wie Erdbeben, Tsunamis, Epidemien, Seuchen, Dürren, Überschwemmungen, oder auch bei; durch uns Menschen selbst verschuldeten Katastrophen; wie Kriege, Terroranschläge, Massaker, Völkermorde, Attentate oder schwere Verbrechen, wird diese Frage neu gestellt. Historisch beispielhaft dafür sei nur an den Holocaust während der nationalsozialistischen Herrschaft erinnert und die systematische Ermordung von sechs Millionen Juden und ca. 500.000 Sinti und Roma. Unvorstellbare Gräueltaten, die die Frage: „Wie konnte Gott das zulassen?“ oder konkreter „Wo war Gott inAuschwitz“, geradezu provozieren. Ist für viele Menschen Gott bereits nach Auschwitz gestorben, so könnte man ihn nach der Tsunami Katastrophe am zweiten Weihnachtstag 20<strong>04</strong>, bei der etwa 280.000 Menschen, darunter viele Kinder, ihr Leben verloren haben, nun endgültig für mausetot erklären. Aber nicht nur solch große, verheerenden Geschehnisse geben Anlass, über das Wesen Gottes nachzudenken, nein, auch im Hier und Heute, um uns herum, erleben wir, und ereignen sich, Tag für Tag, leidvolle Schicksalsschläge, verursacht durch tragische Unglücksfälle, schwere Krankheiten, geistige und körperliche Gebrechen, jahrelanges Siechtum, oder der plötzliche, völlig sinnlos erscheinende Tod eines geliebten Menschen. Wie kann ein gütiger Gott das Sterben einer jungen, krebskranken Mutter zulassen, die ihre kleinen Kinder voll qualvoller Sorgen, Schmerz und tiefer Trauer allein zurücklassen muss und nie mehr zärtlich und tröstend wird Streicheln können. Jeder von uns kennt solche tragischen Fälle. Schicksalhafte Ereignisse, bei denen sich die Frage nach dem „warum?“ drängend und anklagend stellt. Wenn Gott doch allmächtig, allwissend und allgütig ist und der Schöpfer dieser Welt, warum um „Himmelswillen“ lässt er seine Geschöpfe (Mensch und Tier) dann so leiden? Diese anklagende Frage verstärkt sich noch in ihrer Schärfe, wenn es um das unerträgliche Leid und den sinnlosen Tod kleiner völlig unschuldiger Kinder geht. Wohl nicht ohne Grund buchstabiert der PhilosophArthur Schopenhauer (1788-1860) (die) „Welt“ so: Weh, Elend, Leid Tod und eine der tiefen Erkenntnisse im Buddhismus lautet: Alles Leben ist Leiden. Muss der Glaube an die Existenz eines, im christlichen Sinn, gütigen Schöpfergottes nicht am unermesslichen Leid und dem großen Meer aus Trauer, Schmerz und Tränen in dieser Welt scheitern? Erschüttert dieser Widerspruch nicht erdbebenartig die Fundamente des christlichen Glaubens an einen Gott der Liebe und bringt das komplexe Glaubensgebäude zum Einsturz? Sich mit diesem Widerspruch, sprich dem Theodizeeproblem, ernsthaft auseinanderzusetzen, bedeutet für einen Christenmenschen den Mut, tief in den unergründlichen Abgrund des Glaubens zu blicken und „Schwindel“gefühlen standzuhalten. Ist es da verwunderlich, dass viele (noch) gläubige Menschen, um ihren Glauben nicht zu verlieren, dieser Auseinandersetzung lieber ausweichen und die damit verbundene Problematik in ihrem Leben einfach ausblenden, statt sich ihr zu stellen? Kein Wunder, ist die Frage der Theodizee doch die Speerspitze oder auch der giftige Stachel des Atheismus. Zu Recht fragt der Theologe und Psychologe Eugen Drewermann: „Wer heilt den metaphysischen Schmerz, der den Menschen überkommt, sobald er, mit dem Gottesbild der Bibel im Herzen, der Wirklichkeit der Welt sehend gegenübertritt?“ 2 Bis heute und weit in die Vergangenheit der Menschheitsgeschichte hinein, sind viele große und berühmte Geister, Philosophen, Theologen und auch Dichter und Denker, dieser Frage, diesem Widerspruch nachgegangen und haben auf unterschiedlichen Wegen nach einer Antwort des Theodizeeproblems gesucht, aber sie alle haben letztlich keine, weder unserem Menschenverstand logisch zufriedenstellende Lösung, noch unserem Herzen ansprechende Antwort gefunden. So schreibt der bekannte katholische Theologe und Philosoph Hans Küng: „So ist es denn meine über die Jahrzehnte gewachsene Einsicht, zu der ich bisher keine überzeugende Alternative gefunden habe: Leid, übergroßes, unverschuldetes, sinnloses Leid – individuelles wie kollektives – lässt sich nicht theoretisch verstehen, sondern bestenfalls praktisch bestehen“. 1) Nichtsdestotrotz, oder vielleicht gerade deshalb, möchte ich in diesem Beitrag dieser Frage nach einer „Rechtfertigung Gottes“ für das Leid in dieser Welt (seiner Schöpfung?) einmal nachgehen, wohl wissend der Unvollständigkeit meiner Ausführungen und letztlich auch Unlösbarkeit des Problems. Oder sollte es doch eine Antwort geben? Wir werden sehen. Vielleicht haben Sie ja Lust, meinen nachstehenden Gedanken zu folgen und vielleicht sogar Ihre eigene Meinung uns, der Durchblick- Wer heilt den metaphysischen Schmerz, der den Menschen überkommt, sobald er, mit dem Gottesbild der Bibel im Herzen, der Wirklichkeit der Welt gegenübertritt? Redaktion, einmal mitzuteilen. Wir würden uns freuen. durchblick 4/<strong>2012</strong> 55 !