2012-04
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Heute<br />
treffen sich<br />
viele Siegener<br />
im Café<br />
Fünf10, in<br />
der 9-bar, im<br />
Naschwerk,<br />
um nur einige<br />
zu nennen oder im Café-Bar-Celona (Bild S. 34 unten).<br />
Ein ausgetüfteltes Programm (Systemgastronomie) sorgt<br />
hier im Innen-, im Sommer auch im Außenbereich nicht<br />
nur für das leibliche Wohl. Die jungen Leute „chillen“ gern<br />
zum Brunch in bequemen Sofas, für die Kleinen gibt es<br />
einen Spielbereich und vor Ostern oder Weihnachten gibt<br />
es Kinderbacken oder Eierbemalen. Die älteren Jahrgänge<br />
können stundenlang bei einem Café Americano in allen<br />
möglichen Zeitungen schmökern und abends gibt es gelegentlich<br />
live Musik. Zum Valentinstag etwa kann man seine<br />
Liebe bei einem romatischen Abend mit Kerzenlicht feiern.<br />
Der helle, große, offene Raum um die Bar bezieht alle Gäste<br />
mit ein. Die freundlichen, hübschen Servicekräfte mit ihren<br />
langen weißen Schürzen sind äußerst aufmerksam. Wenn<br />
sie weiße Hemden tragen, gehören die Bedienungen zur<br />
Tagesschicht, die im schwarzen Hemd sind bis spät in die<br />
Nacht für die Gäste im Einsatz. Man fühlt sich einfach wohl<br />
und für manch einen Gast ist das Café das zweite zu Hause.<br />
Der Kaffee wurde, so sagt die Legende, während der Türkenbelagerungen<br />
Ende des 17. Jahrhunderts nach Wien gebracht<br />
und bald wurden die ersten Mokkastuben und Cafés<br />
eröffnet. Rasch verbreitete sich die neue Kaffeehauskultur<br />
in ganz Europa. Die Arbeit der Kaffeesieder wurde wie vieles<br />
im 20. Jahrhundert nach und nach von Maschinen übernommen.<br />
Und heute sind dampfende, laute, zischende Messingmaschinen<br />
mit Namen wie „La Marzocco“ am Werk,<br />
wie in der Kaffeerösterei in der Hamburger Speicherstadt.<br />
Ein bisschen Show muss sein. Hinter der Glastheke warten<br />
außerdem Hamburger Leckereinen wie Bananenbrot oder<br />
Franzbrötchen auf hungrige Kunden. Die Barista (früher<br />
Kaffeesieder) tragen lange weinrote Schürzen, sind äußerst<br />
gut aussehend und sehr freundlich. Lange Menschenschlangen<br />
warten geduldig. Ein Mitarbeiter ist für die geschäumte<br />
Milch zuständig, der nächste für den Espresso und ein<br />
weiterer zaubert dann den Cappuccino mit wunderschönen<br />
Schaumschlieren oder einen Milchkaffe. Die Sorten hier<br />
sind fast unüberschaubar: Es gibt Kaffee aus den verschiedensten<br />
Anbaugebieten der Welt, normal oder bio- angebaut.<br />
Aber: Selfservice ist auch hier angekommen. Weiter<br />
hinten im riesigen Raum stehen Kaffeesäcke verschiedener<br />
Provenienz und wenn man Glück hat, kann man miterleben,<br />
wie junge Männer den Kaffee frisch rösten. Köstlich duftende<br />
Aromen durchwehen den ehemaligen Speicherraum.<br />
Fotos: Archiv Christiane Luke<br />
Auch in Siegen gab<br />
es in den 50-iger und<br />
60-iger Jahren einen<br />
beliebten Treffpunkt:<br />
Das Café Ehlen<br />
am Bahnhof<br />
Sonst haben Kaffeeketten<br />
aus Amerika<br />
wie Starbucks<br />
die Großstädte erobert.<br />
Das Angebot<br />
in den Coffeeshops ist<br />
enorm, erst wird der<br />
Kunde nach der Größe<br />
gefragt: Tall, Grande<br />
oder Venti? To go,<br />
also zum Mitnehmen,<br />
oder im Porzellanbecher<br />
zum hier trinken?<br />
Soll es Mager-, normale-<br />
oder Sojamilch<br />
sein? Mit oder ohne<br />
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Coffein? Mit Haselnuss-,<br />
Zimt- oder<br />
Karamellgeschmack?<br />
Vom normalen Kaffee<br />
= CaffèAmericano bis<br />
zum Frappuccino (ein<br />
Kaffee mit gecrunchten<br />
Eiswürfeln) reicht<br />
das Angebot. Vorm<br />
Bezahlen:“ bar oder<br />
Karte?“, wird man<br />
nach dem Vornamen<br />
gefragt, um später an<br />
der Ausgabe sein persönliches<br />
Getränk in<br />
Empfang zu nehmen.<br />
Geduld muss man<br />
mitbringen, denn diese<br />
Kaffeebars sind angesagt.<br />
Die meist jungen<br />
Gäste sitzen dann<br />
mit Notebook und<br />
I-Phone an den unbequemen<br />
Tischchen<br />
und twittern, chatten<br />
und posten, um ja<br />
nichts zu verpassen.<br />
Oder der Becher „to<br />
go“ wird gleich mitgenommen.<br />
Gepflegtes Großstadtflair<br />
gibt es noch<br />
heute im Café Heinemann<br />
in Düsseldorf,<br />
wo der Chef ein Tortenkünstler<br />
ist und adrette<br />
Bedienungen in schwarz-weißer Uniform mit gestärkter<br />
Schürze mit riesigen Schleifen die Gäste verwöhnen. Hier wird<br />
auch noch die berühmte Königinpastete oder Ochsenschwanzsuppe<br />
angeboten, die langsam auch von den Speisekarten verschwunden<br />
sind. Aber man geht ja nicht zum Essen ins Café,<br />
sondern um zu sehen und gesehen zu werden. Tessie Reeh<br />
durchblick 4/<strong>2012</strong> 35