Erzähl mal! Glut der Eifersucht - Literaturmachen
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36 <strong>Glut</strong> <strong>der</strong> <strong>Eifersucht</strong><br />
Sofia Büch<br />
Kapitel 10<br />
Heute wachte Pelin schon sehr früh auf. Weil sie aber weiter schlafen wollte<br />
und die Sonne sie dabei störte, stand sie auf, zog die Vorhänge zu und legte<br />
sich schnell wie<strong>der</strong> hin. Sie konnte aber nicht mehr einschlafen. Ihr gingen<br />
viele Dinge durch den Kopf: das Verschwinden von Chiara und die seltsamen<br />
Briefe. Nach guten zehn Minuten stand sie dann aber doch auf und<br />
zog wie immer als erstes ihre Vorhänge auf, ging auf die Toilette, duschte<br />
und zog sich an. Eigentlich hätte sie ja sehr glücklich sein müssen, wenn da<br />
nur nicht dieses merkwürdige Gefühl in ihrem Bauch gewesen wäre, das ihr<br />
sagte, dass mit Chiaras Verschwinden und diesen seltsamen Briefen etwas<br />
ganz und gar nicht stimmte. Eigentlich wollte Pelin was für ihr Studium tun,<br />
aber nach dem Frühstück wurde ihre Unruhe so groß, dass sie beschloss,<br />
noch ein<strong>mal</strong> zur Polizei zu gehen, um den Beamten doch noch zu über-<br />
reden, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Wenige Augenblicke später war sie<br />
schon unterwegs zur Bushaltestelle. Sie hatte aber, seit sie auf dem Weg zur<br />
Bushaltestelle war, so ein ungutes Gefühl im Bauch, dass sie irgend etwas<br />
vergessen hatte. Als <strong>der</strong> Bus dann herangefahren kam, wusste sie, was sie<br />
vergessen hatte – nämlich die Briefe. Schnell rannte sie noch ein<strong>mal</strong> zurück,<br />
um die Briefe zu holen.<br />
Nach zirka einer halben Stunde kam sie dann endlich an <strong>der</strong> Polizeiwache<br />
an. Sie sah den Polizisten Siegfried Lappen<strong>mal</strong>, mit dem sie schon das letzte<br />
Mal geredet hatte, und ging geradewegs auf ihn zu.<br />
„Hallo“, sagte Pelin, und <strong>der</strong> Beamte erwi<strong>der</strong>te: „Ach du schon wie<strong>der</strong>.“<br />
Der Beamte ließ sie mehr als deutlich spüren, dass er keine Notwendigkeit<br />
darin sah, eine Vermisstenanzeige zu Protokoll zu nehmen. Er wollte sie so<br />
schnell wie möglich wie<strong>der</strong> los werden.<br />
Er sagte: „Tut mir wirklich fürchterlich Leid, aber ich habe dir doch das<br />
letzte Mal schon gesagt, dass ich nichts für dich tun kann.“<br />
Doch dieses Mal blieb sie hart und wollte nicht so schnell aufgeben, sie<br />
wollte alles daran setzen, um sich durchzusetzen. Sie verlangte also darauf-<br />
Sofia Büch: Kapitel 10 37<br />
hin, mit einem an<strong>der</strong>en Beamten zu sprechen, weil sie hoffte, dass ein an<strong>der</strong>er<br />
Beamter sie verstehen und endlich ein Protokoll aufnehmen würde. Der<br />
Beamte war natürlich nicht so sehr begeistert davon und versuchte sie dazu<br />
zu bringen, erst ein<strong>mal</strong> ein paar Tage abzuwarten. Er meinte, dass sich die<br />
Angelegenheit von selber aufklären würde.<br />
Doch sie war an<strong>der</strong>er Meinung und sagte daraufhin schon fast schreiend:<br />
„Ich will jetzt nicht mehr mit einem an<strong>der</strong>en Beamten reden, son<strong>der</strong>n mit<br />
Ihrem Vorgesetzten, und ich werde mich dieses Mal nicht so einfach abwimmeln<br />
lassen!!!“<br />
Voller Zorn in sich riss sie ihre Tasche auf, nahm die Briefe und knallte sie<br />
dem Beamten auf den Tisch. Plötzlich ging die Türe auf und <strong>der</strong> Kommissar<br />
Ulf Giesenknecht kam herein.<br />
Er fragte: „Was ist hier los und warum ist es so laut…?“<br />
Und dann fing Pelin wie aus <strong>der</strong> Pistole geschossen an zu reden, vom<br />
Verschwinden von Chiara, von <strong>der</strong> Radtour und von dem heimlichen Verehrer,<br />
<strong>der</strong> die seltsamen Briefe schrieb. Sie erzählte, dass sie schon ein<strong>mal</strong> hier<br />
gewesen war, aber abgewimmelt wurde. Sie war schon ganz rot im Gesicht,<br />
weil sie zwischen den Wörtern kaum Luft holte, aber sie redete trotzdem<br />
weiter. Als <strong>der</strong> Beamte Siegfried Lappen<strong>mal</strong> sie dann beruhigt hatte und sie<br />
einen Schluck Wasser zu sich genommen hatte, war <strong>der</strong> Beamte endlich bereit,<br />
ein Vermisstenprotokoll aufzunehmen, aber er meinte das nicht wirklich<br />
ernst, er wollte bloß, dass Pelin endlich Ruhe gab.<br />
Sie schil<strong>der</strong>te genau ihre zuletzt mit Chiara verbrachten Stunden des Radausfluges,<br />
die eigenartigen Telefonanrufe mit diesen komischen Lauten,<br />
die nach Atmen klangen, und die sie alle in den letzten Tagen bekommen<br />
hatten. Sie erzählte alles, was ihr noch zu Chiaras Charakter einfiel, und<br />
dass es Chiara wegen ihrer Gewissenhaftigkeit nie<strong>mal</strong>s eingefallen wäre,<br />
einfach zu verschwinden, ohne vorher Bescheid zu geben.<br />
Die Briefe ließ sie, nachdem sie das Protokoll unterschrieben hatte, auf<br />
dem Polizeirevier. Der Beamte meinte, sie könnten noch wichtig für die Ermittlungen<br />
werden. Er versprach ihr, jetzt alles Notwendige zu veranlassen<br />
und verabschiedete sich nun sehr freundlich von Pelin. Pelin bedankte sich<br />
ebenfalls und entschuldigte sich dann noch für ihr Verhalten.<br />
Der Beamte sagte: „Ich verspreche dir außerdem, dich gleich zu informieren,<br />
wenn sich etwas Neues ergeben würde.“