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Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV

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16<br />

gewesen sein, daß bei dieser Pflichtverletzung<br />

die höhere Sanktionsstufe eintritt. 39<br />

Bei den Pflichtverletzungen eins bis sieben der<br />

obigen Übersicht liegt eine wiederholte Pflichtverletzung<br />

dann vor, wenn sowohl die aktuelle<br />

als auch die vorherige Pflichtverletzung innerhalb<br />

der gesamten Gruppe dieser Pflichtverletzungen<br />

liegen. 40<br />

Mehrere Sanktionen gleichzeitig sind möglich.<br />

Zum Beispiel kann eine 30%ige Kürzung<br />

des Regelsatzes wegen der Ablehnung einer Eingliederungsmaßnahme<br />

mit einer 20%igen Regelsatzkürzung<br />

wegen Meldepflichtversäumnissen<br />

zusammenkommen.<br />

Die Gerichte haben bislang unterschiedlich<br />

darüber entschieden, ob es zulässig ist, gleichzeitig<br />

mehrere Sanktionen derselben Stufe zu<br />

verhängen, wenn das JobCenter mehrere Arbeitsangebote<br />

oder Maßnahmeangebote gleichzeitig<br />

oder kurz hintereinander unterbreitet, und<br />

wenn der Alg-II-Beziehende davon mehr als ein<br />

Angebot ablehnt. Um es verständlicher zu machen:<br />

Dies betrifft z.B. Fälle, in denen das Job-<br />

Center drei Vorschläge für Ein-Euro-„Jobs“ auf<br />

einmal zuschickt. Klar ist, daß <strong>nicht</strong> all diese<br />

Ein-Euro-„Jobs“ zugleich angetreten werden<br />

können. Wenn aber alle drei Ein-Euro-„Jobs“<br />

abgelehnt werden, ist es denkbar, daß eine Sanktion<br />

von 3 mal 30 % des Regelsatzes, also insgesamt<br />

90 % des Regelsatzes verhängt wird.<br />

Widerspruch und Klage haben <strong>kein</strong>e aufschiebende<br />

Wirkung: Die Sanktion wird<br />

durchgesetzt<br />

Wenn Sanktionierte der Meinung sind, daß die<br />

Sanktion <strong>nicht</strong> rechtmäßig ist, und gegen den<br />

Bescheid Widerspruch und ggf. Klage einreichen,<br />

müssen sie bis zur endgültigen Entscheidung<br />

- die sehr lange dauern kann - mit den<br />

Kürzungen leben. Wenn sie Recht bekommen,<br />

muß das <strong>Geld</strong> zwar nachgezahlt werden, aber das<br />

macht <strong>nicht</strong> die Lebenseinschränkungen in der<br />

Sanktionszeit rückgängig.<br />

Zwar kann die aufschiebende Wirkung vom<br />

JobCenter oder vom Sozialgericht hergestellt<br />

werden. Dies setzt aber voraus, daß Sanktio-<br />

39 vgl. Udo Geiger (2008): Leitfaden zum Arbeitslosengeld<br />

II, Frankf./M., (5. überarb. Aufl.), S. 590<br />

40 dazu und zu einer Ausnahme: siehe DA zu § 31 Rz. 15<br />

nierte, die sich (aus Kostengründen) im Widerspruchs-<br />

und Klageverfahren selbst vertreten, die<br />

komplizierten Regelungen des Sozialgerichtsgesetzes<br />

kennen (§ 86a Abs. 3 Satz 1 und § 86b<br />

Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG) und entsprechende Anträge<br />

stellen.<br />

Selbst bei Einlenken dürfen Sanktionen nur in<br />

bestimmten Fällen gemildert werden<br />

Wenn Sanktionen tatsächlich der „Erziehung“<br />

dienen, wie vielfach behauptet wird, sollte man<br />

meinen, daß sie eingestellt oder zumindest gemildert<br />

werden können, wenn die Sanktionierten<br />

einlenken. Doch weit gefehlt!<br />

Selbst dann ist eine Milderung der Sanktion<br />

nur möglich für<br />

• unter 25jährige, denen wegen einer wiederholten<br />

Pflichtverletzung das gesamte Alg II<br />

gestrichen wurde, sowie<br />

• Sanktionierte ab dem 25. Lebensjahr, denen<br />

in der dritten Sanktionsstufe das Alg II komplett<br />

entzogen wurde.<br />

Die Sanktionsmilderung sieht wie folgt aus:<br />

Für die unter 25jährigen können dann die Wohnkosten<br />

gewährt werden, für die ab 25jährigen<br />

kann die Sanktion auf 60 % des Regelsatzes begrenzt<br />

werden.<br />

Diese Milderung kann das JobCenter „unter<br />

Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls“<br />

41 vornehmen, „wenn der erwerbsfähige<br />

Hilfebedürftige sich nachträglich bereit erklärt,<br />

seinen Pflichten nachzukommen“ 42 . Im „Leitfaden<br />

zum Arbeitslosengeld II“ wird dargelegt, wie<br />

das zu verstehen ist: 43 Diese Bereitschaftserklärung<br />

kann immer nur auf zukünftiges Tun gerichtet<br />

sein und sie muß ernst gemeint sein. Außerdem<br />

wird betont, daß die betreffende Dienstanweisung<br />

der BA dem Gesetzeswortlaut widerspricht.<br />

Laut Dienstanweisung soll über eine<br />

Sanktionsmilderung nur entschieden werden,<br />

wenn die Pflichtverletzung auch rückgängig gemacht<br />

werden kann, z.B. indem ein zuvor abgelehnter<br />

Maßnahmeantritt nachgeholt wird. 44<br />

41<br />

§ 31 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 5 Satz 5 SGB II<br />

42<br />

ebenda<br />

43<br />

Udo Geiger (2008): Leitfaden zum Arbeitslosengeld II,<br />

Frankf./M., (5. überarb. Aufl.), S. 591<br />

44<br />

DA zu § 31 Rz. 24<br />

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