Wer nicht spurt, kriegt kein Geld - HARTZ IV Betroffene eV
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te, die richtige Auskunft 73 zu erhalten, weder<br />
vom JobCenter noch von der Anwältin, gab er<br />
auf und fügte sich in das Vermittlungsschema<br />
des JobCenters: In seinem Fall nach Geschmack<br />
seines pAp: Zeitarbeit. Besonders gern schickt<br />
Herr Bauer ihm Elektro-Jobs, die er <strong>nicht</strong> kann<br />
und für die man bekanntlich eine Ausbildung<br />
braucht.<br />
In Zusammenhang mit diesen Zeitarbeitsvorschlägen<br />
erwischt es Sadi Bozkurt hier: Die klassische<br />
Sanktionsmaschinerie nach § 31 SGB II<br />
läuft an. Anlaß ist das Arbeitsangebot vom 3.12.,<br />
das er per Post erhält.<br />
Bozkurt verfährt mit diesem Vermittlungsvorschlag<br />
wie immer: sorgfältig und gewissenhaft.<br />
Er ruft die Zeitarbeitsfirma sofort an. Die Omega<br />
GmbH teilt mit, man habe <strong>kein</strong>en Bedarf mehr,<br />
und dies trägt er auf dem Vordruck ein, der jedem<br />
Vermittlungsvorschlag anhängt. Er schickt<br />
den ausgefüllten Vordruck per Post zurück ans<br />
73 Zum einen hätte das JobCenter die Hartz-<strong>IV</strong>-Leistung<br />
<strong>nicht</strong> einen Monat nach BAföG-Antragstellung einstellen<br />
dürfen, wie den beiden jungen Leuten das in Aussicht<br />
gestellt wurde: Das JobCenter hätte bis zur Entscheidung<br />
des BAföG-Amtes in Vorleistung gehen und<br />
die Leistung auf Darlehensbasis gewähren müssen, gem.<br />
§ 43 SGB I.<br />
Zum anderen konnte Herr Bozkurt <strong>nicht</strong> selbst einschätzen,<br />
ob er BAföG in existenzsichernder Höhe bekommen<br />
würde und ob er ergänzende Hartz-<strong>IV</strong>-Leistungen bekommen<br />
könnte.<br />
Bei unserer Recherche haben wir festgestellt, daß es<br />
komplizierte und umfangreiche Regelungen dazu gibt, in<br />
welchen Fällen und in welcher Höhe es zusätzlich zum<br />
BAföG ergänzende Hartz-<strong>IV</strong>-Leistungen gibt, wie hoch<br />
diese Leistungen sind und welcher Hartz-<strong>IV</strong>-Anspruch<br />
besteht, wenn bei einer Ausbildung <strong>kein</strong> BAföG gezahlt<br />
wird.<br />
Im Falle von Sadi Bozkurt verhält es sich so, daß ihm für<br />
den Hauptschulkurs vermutlich der maximal mögliche<br />
BAföG-Satz bewilligt worden wäre, denn das Einkommen<br />
seiner Eltern und seiner Ehefrau ist sehr niedrig und<br />
die Art der Ausbildung ist förderungsfähig – so unsere<br />
Information durch das BAföG-Amt. Weil das BAföG für<br />
Bozkurt aber <strong>nicht</strong> existenzsichernd gewesen wäre –<br />
denn für den Besuch des Hauptschulkurses wären maximal<br />
348 € für den Lebensunterhalt und 64 € Mietzuschuß<br />
gezahlt worden – hätte Bozkurt Anspruch auf ergänzende<br />
Hartz-<strong>IV</strong>-Leistungen gehabt, und zwar in<br />
Form eines Zuschusses zu seinen Wohnkosten.<br />
JobCenter, und damit sollte es eigentlich erledigt<br />
sein. 74<br />
Am 7. Januar, als Bozkurts Antwort Herrn<br />
Bauer längst erreicht haben müßte, schickt dieser<br />
ein Anhörungsschreiben los. Darin wird Herrn<br />
Bozkurt vorgeworfen, daß er seine Pflicht verletzt<br />
habe, eine Sanktion wird angekündigt, und<br />
er bekommt die Gelegenheit, sich zu dem Vorwurf<br />
zu äußern. Herr Bozkurt füllt das Formular<br />
aus, das am Anhörungsschreiben hängt, schreibt<br />
also im Grunde dasselbe noch mal wie im Vordruck<br />
des Vermittlungsvorschlags, und gibt<br />
diesmal persönlich ab.<br />
Herr Bauer akzeptiert, die Sanktion ist abgewendet.<br />
Drei Monate lang 30 % von 311 € Abzug<br />
abgewendet. Ein kurzes Aufatmen im Hartz-<br />
<strong>IV</strong>-Alltag. Wenigstens die im Bescheid gewährte<br />
Leistung ist für dieses Mal gesichert, mal sehen,<br />
was als nächstes kommt, denn, so Linda Bozkurt,<br />
„irgendwas ist immer.“<br />
Nachsatz: Es hat sich herausgestellt, daß der<br />
junge Mann <strong>nicht</strong> einfach Pech hatte mit seinem<br />
Arbeitsvermittler. Der nette Herr Zart, der dem<br />
gemeinen Herrn Bauer auf Sadi Bozkurts Bemühungen<br />
hin als sein pAp folgte, verhielt sich korrekt,<br />
<strong>kein</strong>e Boshaftigkeiten, <strong>kein</strong>e versteckten<br />
Beleidigungen, wie er es von Herrn Bauer kannte.<br />
Aber Herrn Zarts Politik war die gleiche,<br />
Zeitarbeitseinsätze abfordern statt die „Kunden“<br />
bei ihren Weiterbildungsbestrebungen zu fördern.<br />
Online-Version 2 www.hartzkampagne.de<br />
* * *<br />
74 Der Postweg ist aber unsicher, es ist ja <strong>kein</strong> Einschreiben<br />
mit Rückschein. Viele Hartz-<strong>IV</strong>-Empfänger können ein<br />
Lied davon singen, daß ihre Zusendungen ihr Ziel <strong>nicht</strong><br />
erreichen und angeblich verloren gehen. Hier hilft nur<br />
persönliches Abgeben am Empfang des JobCenters, wobei<br />
man sich auch auf die Kopie für die eigenen Unterlagen<br />
einen Eingangsstempel geben lassen muß.